15. Juli 2010

Regierungshandlanger

Die CO2-Verpressung ist aus mehreren Gründen ein blödsiniger Irrweg, aber da die Bundesregierung Ihr Steuergeld ausgibt, damit Energieerzeuger auf Ihre Kosten diesen Irrweg erproben können, ist er ein Thema, auch in der OZ, die bisher sich in dieser Angelegenheit nicht scheute, recht einseitig fragwürdige Vorzüge der nicht einmal ausreichend erprobten Methode darzustellen - ein Stück kritischer Hochwertjournalismus der hauseigenen Art.

Heute nun aus dem neuen, chicen Hauptstadtbüro:
Umstrittene Tests: CO2 soll in den Untergrund
Also doch umstritten. Wer hätte das gedacht? Bunkerbewohner ganz bestimmt nicht. Sie werden heute überrascht sein.
Der Protest in Nordfriesland ist in Berlin gehört worden. Als dort im Frühjahr 2009 der Essener Energiekonzern RWE den Untergrund auf die Tauglichkeit als Gasspeicher untersuchen wollte, kam es zum Aufstand. Der Widerstand im nördlichen Schleswig-Holstein gegen das Verpressen von Kohlendioxid unter die Erde war so heftig, dass der Stromriese das geplante Milliarden-Projekt abblies. ...
Und dann wird beschwichtigt, verschwiegen, verharmlost - kritischer Hochwertjournalismus nach Art des Hauptstadtbüros:
Vorgesehen ist nun ein schrittweises Vorgehen. Zunächst soll nur probeweise das aus Kohlekraftwerken abgeschiedene Gas in Tiefen von mehr als 800 Metern gepumpt werden.
Wie bitte? Da es kein erprobtes Verfahren gibt, wäre es wohl ein Unding, gleich so richtig loszulegen. Dafür gäbe es außerdem auch kein Fördergeld, nicht einen Cent aus Ihrer Tasche.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Verpressung niemals wirtschaftlich betrieben werden kann. Davon weiß der Redakteur aus dem neuen, chicen Hauptstadtbüro entweder nichts oder will es nicht wissen, beides ungünstig für einen Journalisten; es sei denn, es ist ein kritischer Hochwertjournalist nach OZ-Definition.
Allein um den Ruf der Kohleverstromung nicht noch mehr zu ruinieren und um die Fördergelder einzuheimsen, wird erprobt. Steht aber nicht im Artikel.

Es wird weiter verharmlost:
Zwei, höchstens drei kleinere bis mittlere Anlagen sind für diese Testphase geplant.
... für die Sie, liebe Leser, zahlen werden; steht auch nicht im Artikel.

Jetzt wird verschwiegen:
Vor allem aber gilt jetzt das Prinzip der Freiwilligkeit. Nur in Ländern, die es ausdrücklich wollen, darf Gas gebunkert werden. Das trifft vor allem auf Brandenburg zu. ...
Das Land ist wer? Genau, es ist die Regierung, sind nicht die anderen Bewohner. Denn gegen die Speicherung gibt es in Brandenburg massiven Widerstand, erfahren die OZ-Leser aber nicht.
Die Stadt Beeskow ist dagegen, Ortwig auch, ebenfalls dieser Bundestagsabgeordnete, der Ortsbeirat Groß Neuendorf und andere Initiativen, die in Berlin protestiert hatten, der Klimaexperte Karsten Smid, weitere Bürgerinitiativen ...
All das verschweigt der Autor Verharmloser.

Auch der zurückgetretene NRW-Arbeiterführer ist gegen die Verpressung, jedenfalls in NRW.
In meinem Blog habe ich mehrfach auf den CCS-Blödsinn hingewiesen.
Pipeline-Projekte sind jetzt erst mal vom Tisch. Kraftwerk und Speicher sollen, so Röttgen, möglichst dicht beieinander liegen. Auch das spricht für Brandenburg. Geologisch kommt nahezu ganz Norddeutschland als Speicher infrage.
... schrieb der geologisch auskennerische Autor Schönschreiber.
Das gilt auch für weite Teile Mecklenburg-Vorpommerns. Röttgen und Brüderle bezeichneten die Erdbestattung von CO2 als neue Klimaschutztechnik mit guten Exportaussichten.
Was, wenn das Bestattete aufersteht? Vielleicht kennen Sie den Stoff, aus dem Gruselfilme gemacht werden. Die wären dagegen eine Lachnummer.

Jawoll, da muss indirekt wieder das Arbeitsplatz-Argument herhalten. Da fraglich ist, ob die Technik jemals wirtschaftlich angewendet wird, ist ebenso fraglich, dass die Exportaussichten gut sind. (Erinnert mich an den Schweinegrippe-Impfstoff, der auch exportiert, sogar verschenkt werden sollte, und keiner will ihn haben.) Es wird wahrscheinlich keine Aussichten geben. Das wird aber verschwiegen, da sonst der eine oder andere fragen könnte, warum für die Erprobung Steuergeld ausgegeben wird.

Nachtrag:

Auch hier steht Interessantes, von der OZ Verschwiegenes, z.B.:

Die Grünen bezeichnen das Gesetz als "Lex Brandenburg", weil Vattenfall in dem Bundesland bereits mit einem eigenen CCS-Vorhaben bereit steht, es soll mit 180 Mio. Euro EU-Fördergeldern honoriert werden. CCS wird also von Beginn an lukrativ sein. Zumal der IPCC CCS ein CO2-"Reduktions"-Potenzial von bis zu ~50% zuspricht und so Regierungen die Entscheidung für CCS als Ersatzmaßnahme leicht macht und damit auch die großzügige Ausschüttung von Fördergeldern.

Auch hier wird ganz ohne Regierungsergebenheit berichtet statt Propaganda verkauft.

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