26. November 2007

Wenige Anmerkungen zum OZ-Interview mit Ringstorff

Wieder einmal durfte Ministerpräsident Ringstorff der OZ erzählen, was er wollte, ohne dass seine Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft wurden, sonst hätte er z.B. nicht ohne Nachfrage sagen dürfen:
Ringstorff: Das Steinkohlekraftwerk Lubmin ist wie ein Urknall
Wahrscheinlich meint er solch einen Urknall, wie es ihn gegeben haben müsste, nachdem die A 20 fertig war. Damals schwafelten auch Regierungsmitglieder vom Aufschwung an der Autobahn. Der OZ-Redakteur wusste von dem Märchen anscheinend nichts mehr, denn bisher wehte dort gerade einmal ein leiser Hosenwind. Er hätte also nachfragen müssen.

Aber Ringstorff ist in dem Interview noch mehrfach wahrsagerisch, ohne Einspruch des OZ-Redakteurs:
Steinkohle hat im Gegensatz zu Erdöl und Erdgas den Vorteil, mindestens noch 400 bis 500 Jahre verfügbar zu sein.
Diesem Quatsch widerspricht Jens Burmeister in seinem Beitrag auf der selben Seite:
Das Comeback der Kohle
... Doch während die Kohlevorkommen noch über 170 Jahre reichen, sind die Ölvorräte in vermutlich 45 Jahren aufgebraucht. ...
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe meint dagegen:

Am weltweiten Kohleverbrauch im Jahr 2005 gemessen, reichen die Reserven an Steinkohle ab Anfang 2006 noch 153 Jahre, die an Braunkohle noch 212 Jahre. Die tatsächlichen Reichweiten werden allerdings von diesen statisch ermittelten Zahlen abweichen, denn die globale Wirtschaft entwickelt sich sehr dynamisch.

Hier steht:

Die nachgewiesenen Welterdgasreserven beliefen sich 2004 auf 170.942 Milliarden m³ bzw. 185 Milliarden Tonnen SKE . Diese Erdgasreserven sollten nach Hochrechnungen aus dem Jahr 2004 noch knapp 67 Jahre reichen.

Und hier ist nachzulesen:

Die Tatsache, dass ähnliche, nicht eingetretene Vorhersagen bereits in der Vergangenheit getroffen wurden, hat den Begriff Erdölkonstante hervorgebracht.

Es ist ganz einfach: In die Hochrechnungen können nur die erkundeten Vorräte einbezogen werden, die tatsächlichen Vorräte kennt niemand, auch nicht die OZ oder Herr Ringstorff.

Das bedeutet, dass Prognosen über mehrere Jahrzehnte oder gar Ringstorffsche Weissagungen Kafeesatzleserei sind, mit der OZ-Leser für dumm verkauft werden und dafür auch noch die Zeitung bezahlen. Sie sollen glauben, dass das Steinkohlekraftwerk unabwendbar ist, weil sonst M-V zugrunde gehen muss. Und die OZ wirkt auf diese Weise als Sprachrohr der Landesregierung, statt als deren kritischer Begleiter.

Ganz schlimm wurde es hier:
Man muss die Diskussion versachlichen. Es werden keine Schadstoffe in den Bodden gelangen.
Ausgerechnet Ringstorff meint, die Diskussion müsse versachlicht werden. Dann dürfte er jedoch nicht auch noch die Merkelsche Lüge verbreiten, es gelangten keine Schadstoffe in den Bodden.

Noch einmal: Nur weil Umweltvorschriften einzuhalten sind, soll der Bodden nicht dreckiger werden? Wenn das so stimmte, brauchte Dong Energy keine Vorschriften zu erfüllen, denn es gelangten ja kein Quecksilber, kein Kadmium u.s.w ins Wasser (und natürlich auch nicht in den Boden).

Auch dies darf Schein-Bescheidwisser Ringstorff ohne Nachfrage absondern:
Die Technik (Die Verpressung von Kohlendioxid in den Untergrund) soll spätestens 2020 zur Verfügung stehen. Und dann rüstet Dong Energy nach. MV bietet bei ehemaligen Erdöl/Gaslagerstätten geologische Voraussetzungen zum unterirdischen Einlagern von CO2, beispielsweise rund um Grimmen.
Ich bitte, z.B. hier nachzulesen, um zu erkennen, was der Unterschied zwischen Journalismus und Aufschreiberei ist und wie weit Ringstorff von der Wirklichkeit entfernt ist, abgesehen davon, dass der sonst so emsige weissagerische Ministerpräsident nicht voraussagte, wie teuer eine Leitung von Lubmin in den Grimmener Raum wäre und natürlich auch nicht danach gefragt wurde.

Ich frage mich, mit welchem Hintergrundwissen der OZ-Redakteur in das Interview gegangen ist. Diese Abbildung kann der Mann nicht gekannt haben:


2 Kommentare:

  1. Anonym27.11.07

    Guten Tag Herr Meyke,

    meinerseits wenige Anmerkungen zu Ihrem Blog-Eintrag:

    Sie schreiben "Diesem Quatsch widerspricht Jens Burmeister in seinem Beitrag auf der selben Seite", wobei mit "diesem Quatsch" die Aussage Ringstorffs gemeint ist, die Kohlevorkommen reichten noch mindestens 400 Jahre.
    Jens Burmeister schreibt: "... Doch während die Kohlevorkommen noch über 170 Jahre reichen, ..."

    Der eine sagt also "mindestens 400 Jahre", der andere "über 170 Jahre". Da kann ich keinen Widerspruch in den Aussagen entdecken.

    Des Weiteren urteilen Sie Prognosen über die tatsächliche Höhe der Kohle- oder Ölreserven als "Kafeesatzleserei"[sic] ab. Weil sie "niemand" genau kennen könne, "auch nicht die OZ oder Herr Ringstorff."

    Niemand bedeutet aber: Auch sonst keine Person, Institution etc.
    Trotzdem aber ziehen Sie Ihrerseits eine Aussage der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe heran sowie Wikipedia, um dann deren Prognosen zu verbreiten. Und unterschlagen dabei, dass wenigstens Wikipedia von einer "theoretischen Reichweite" der Kohlevorräte von über 900 Jahren ausgeht.

    Grüße

    Thomas Colshorn

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  2. Guten Tag, Herr Colshorn, da haben wir uns ja wieder.

    Schade, dass mein Eintrag nicht klar genug zum Ausdruck brachte, was ich mit ihm zeigen wollte. Ich wollte nicht erläutern, wann irgendwelche Rohstoffvorräte aufgebraucht sind, weil es während der Lebensdauer des Steinkohlekraftwerkes keine Rolle spielt. Ich wollte zeigen, dass der Interwiever eine schwache Leistung erbrachte, die die Leser mit dem Kauf der Zeitung mitbezahlten.

    1. Die Lüge Ringstorffs "Es werden keine Schadstoffe in den Bodden gelangen." blieb unwidersprochen. Für mich ist das unfassbar.

    2. Ich hatte geschrieben, dass zu unterscheiden ist zwischen den erkundeten Vorräten und den Gesamtvorräten. Vorräte, die nicht erkundet sind, können nicht verbraucht werden und also nicht in irgendwelche Hochrechnungen eingehen (so viel zum Widerspruch). Die Kohle, die in 200 oder gar 900 Jahren abgebaut werden könnte, wenn sie dann noch gebraucht würde, liegt in höffigen Gebieten, nicht in erkundeten. Niemand weiß jedoch, ob sie tatsächlich vorhanden ist und wenn, ob in abbaubaren Mengen, in welcher Qualität und in welchen Mengen überhaupt. Das betrifft natürlich alle Rohstoffe. Davon wusste Herr Köpke nichts, sonst hätte er nachfragen müssen: "Welche Vorräte meinen Sie?"
    Selbstverständlich kann mit den erkundeten Vorräten gerechnet werden, fragt sich nur, wer den Verbrauch in 200 Jahren kennt. Eben deshalb wird von den Berechnern z.B. angegeben, "bei einem konstanten Verbrauch, bezogen auf das Jahr 2005". Damit ist doch klar, dass sog. Prognosen über hunderte Jahre Humbug sind, wie übrigens auch die Voraussagen, wann die Deutschen aussterben, die auch gern in Medien zitiert werden. Aufgabe der Medien wäre es herauszufinden, warum solch ein Quatsch verbreitet wird, statt ihn nachzuplappern. Ich hoffe, dass ich das nun deutlich genug geschrieben habe.

    3. Um die Begriffe "erkundete Vorräte" und "Gesamtvorräte" zu illustrieren, habe ich aus Wikipedia den Begriff "Erdölkonstante" zitiert und meinte, dass sei allgemeinverständlich.

    4. Ganz besonders schlimm ist die Unfähigkeit Ringstorffs zu erkennen, dass Rohstoffe in 200 oder 500 Jahren mit Methoden gewonnen und aufbereitet werden, an die heute noch niemand denkt. (Haben Sie schon vom mikrobiellen Lösen gehört? Ich schon - vor 35 Jahren.) Ebenso wird es wahrscheinlich Methoden der Energiegewinnung geben, durch die fossile Energieträger immer mehr ersetzt werden, nur nicht in M-V, ginge es dann auch noch nach Herrn Ringstorff.

    5. Ich bleibe dabei, dass Ringstorff gezielt Unsinn verbreitet, ihm also jedes Mittel recht ist, um das Kraftwerk zu rechtfertigen. Das hätte Köpke entlarven müssen, konnte oder wollte es jedoch nicht, zum Beispiel den Blödsinn vom Urknall. Er und der Interviewer sollten sich informieren, was der Begriff beinhaltet.
    Kleine Hilfestellung: Um den Punkt herum, in dem der Urknall geschah, war nichts. Peinlich, peinlich, so ist das mit dem Missbrauch von Bildern.
    Ich erinnere nochmals an das Pommerndreieck an der A 20 bei Grimmen. Dort hat trotz viel beschworener Initialzündung (auch gern zitiertes Politikergewäsch, damit war die Autobahn gemeint) bisher lediglich ein sog. Schnellrestaurant angesiedelt, trotz in Aussicht gestellter Förderung von bis zu 50 Prozent.

    6. Zu mehreren Antworten Ringstorffs habe ich nichts geschrieben. Der Eintrag wäre zu lang geworden.

    Kollegiale Grüße
    lupe

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