25. November 2008

Doppelt recherchiert - wenig Neues

Da hat die Greifswalder Zeitung aber aufgedreht und erläutern lassen warum die KWG AG nun doch keine Anteile an der kommunalen Wohnungsgesellschaft erwirbt:
Millionendeal ist geplatzt

Die KWG AG Bremerhaven ist gestern vom Anteils- verkauf an der WVG mbH zurückgetreten. Somit kommen die 60,1 Millionen Euro an die Stadt nicht.
Zu dem überflüssigen Anglizismus in der Schlagzeile schreibe ich nichts; es gibt Wichtigeres.

Lokalchef und Stellvertreterin recherchierten einmal nicht nach Art des Hauses und verfassten den Artikel. Doch einige Fragen bleiben offen:
Greifswald Oberbürgermeister Dr. Arthur König war gestern überrascht und enttäuscht zugleich, wie er sagte. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Kommunale Wohnen AG diesen Schritt macht", betonte er, "denn im Vorfeld hatte es keinerlei Signale dafür gegeben." Vielmehr hatte die KWG immer wieder gesagt, dass sie an der Partnerschaft mit Greifswald festhalten wolle und sogar ihren Firmensitz hierher verlegt. ...
Achja? Er hatte nicht mit dem Schritt gerechnet? Dann ist der OB vergesslich, die Redakteure auch, denn die KWG hatte schon früher mitgeteilt, dass sie den Bürgerschaftsbeschluss nicht als rechtskräftig ansieht.

Erinnern Sie sich noch?:

Fast tumultartige Szenen spielten sich ab, als es um die von der KWG bezweifelte Rechtswirksamkeit des Bürgerschaftsbeschlusses, welcher den Verkauf an die KWG AG beinhaltete, ging. Mit Rücksicht auf die Auseinandersetzung mit der Stadt, wollte Vorstand Efremidis keine näheren Aussagen geben.

Die OZ hatte auch von der Aktionärsversammlung berichtet und dies und eine Aussage zum Nicht-Sponsoring durch die KWG AG verschwiegen.
Dabei stand es sogar noch früher in der Greifswalder Zeitung. Dennoch keine Nachfrage an den Bürgermeister!

Auch die wiedergekäuten Gründe der KWG sind damit bekannt:
Das Bremerhavener Unternehmen sieht die Vertragsbedingungen nicht erfüllt. Es pocht nach wie vor auf einen wirksamen Zustimmungsbeschluss der Bürgerschaft, der nach KWG-Meinung nicht zustanden gekommen sei. Das Unternehmen beruft sich bei seiner Argumentation auf eine Verletzung des Öffentlichkeitsgebotes, wogegen bereits auch vier Greifswalder Bürgerschaftsmitglieder von SPD, Linke und Bündnis 90/Grüne im Sommer Klage erhoben hatten. Ihr Vorwurf: Erst auf Antrag sei die entscheidende Sitzung öffentlich gemacht worden.
Da haben wir sie wieder, diese Querulanten, diese Stadtschädiger!

Und dann:
Die Klagen sind inzwischen in zwei Instanzen abgewiesen worden. Die Stadtveraltung teilte gestern weiter mit, dass sie die neue Situation jetzt rechtlich bewerten lassen werde. Der OB machte noch einmal deutlich, dass die Stadt den von der KWG erklärten Rücktritt für unbegründet hält, da der Bürgerschaftsbeschluss entgegen der fehlerhaften Rechtsauffassung des Käufers wirksam sei. Dies hätten sowohl das Innenministerium wie ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten des Städte- und Gemeindetages bestätigt.
Hier hatte ich den Eindruck, die OZ ist die Pressestelle des OB. Bis heute hat kein Gericht bestätigt, dass der Anteilsverkauf rechtmäßig ist, doch die OZ lässt den OB bildlich auf Gutachten herumreiten und fragt nicht nach.
Dennoch sagte der OB laut OZ:
Bis zuletzt sei an einer Lösung gearbeitet worden, um die vermeintlichen rechtlichen Probleme zu beseitigen, sagte der OB weiter. ...
Richtig ist, dass das Gericht den Antrag der Bürgerschaftsmitglieder ablehnte. Warum es das tat, lesen Sie bitte hier nach. In den vergangenen Monaten hatte die OZ mehrfach die falsche Behauptung wiedergegeben, die Gerichte hätten den Verkauf bestätigt. Das unterließ sie hier.

Die KWG AG darf dies behaupten:
Sy Schlüter, Vorstand der Kommunale Wohnen AG ... : "Der Vertrag ist fast ein halbes Jahr alt. Die Finanzierung stand und steht. Am Geld hat es nicht gelegen. ...
Tatsächlich? Sollte nicht ein Teil des Kaufpreises durch die Ausgabe neuer Aktien im Wert von 6,50 Euro pro Aktie erzielt werden, als der Kurs der vorhandenen Aktien schon einen Euro darunter lag? Schauen Sie sich an, was Lokalchef und Stellvertreterin wohl für uninteressant hielten, den Niedergang des Aktienkurses (10.09. bis 25.11.) und fragen Sie sich, wer wohl Aktien zum Kurs von 6,50 Euro kaufen soll, wenn sie für unter 2,50 Euro zu haben sind.


Da stimmt doch etwas nicht, ist aber keine Nachfrage wert. Was, wenn die Rechtsunsicherheit nur als Ausrede für Geldmangel vorgeschoben wurde?

Ich wies bereits im Oktober auf den verdächtigen Kurssturz der KWG-Aktie hin.

Ganz nebenbei: Die OZ hat mit keinem Wort erwähnt, dass der missglückte Verkauf natürlich seine guten Seiten hat, auf die verschiedene Seiten hingewiesen hatten. Vor allem müssen die Mieter der WVG nicht die Millionen zahlen, die Stadt eingenommen hätte.

Inzwischen hat sich der Mieterverein Vorpommern-Greifswald e.V. zu dem missglückten Verkauf geäußert:

Den Verkaufsbefürwortern unter dem Oberbürgermeister Dr. König konnte es Anfang Juli 2008 mit dem Verkauf nicht schnell genug gehen. Mit einer juristisch zweifelhaften Beschlussfassung setzte man sich über alle Bedenken der Verkaufsgegner leichtfertig hinweg. Die entscheidende Sitzung sollte ursprünglich sogar geheim sein. Die Frage, wer steht eigentlich hinter dem Käufer, wurde ignoriert – trotz Warnungen von Seiten der Verkaufsgegner.

Man wusste irgendwann nur, dass die Zahlung des Kaufpreises von 60 Millionen Euro ausblieb. Der WVG-Verkauf verkam zur Provinzposse. Der Privatinvestor machte nicht einmal Anstalten, in irgendeiner Form den Kaufvertrag zu erfüllen, und sei es nur, durch eine zügige Verlegung des Verwaltungssitzes nach Greifswald vollendete Tatsachen zu schaffen. Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Kaufes drängten sich auf, aber auch hier hielten die Verkaufsbefürworter an dem Kaufvertrag blindlings fest. Bei solch einem Geschäftsgebaren hätte jeder Kaufmann, selbst einer ohne große Fortüne, von sich aus den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Nicht so die Universität- und Hansestadt: sie diskutiert, ob gegen die KWG AG geklagt werden solle, wie immer eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Investor in der WVG danach noch hätte aussehen sollen.

Man muss der KWG Kommunale Wohnen AG fast schon dankbar sein, dass sie dem Spuk durch den erklärten Rücktritt vom Vertrag ein Ende machte. Ein Treppenwitz: die KWG Kommunales Wohnen AG beruft sich dabei auf die demokratisch bedenkliche Bürgerschaftssitzung!

Insgesamt betrachtet, war der Teilverkauf wohl für den Oberbürgermeister und die Verkaufsbefürworter in der Bürgerschaft einige Nummern zu groß. Ein Beweis für Wirtschaftskompetenz gegenüber Privatinvestoren war es jedenfalls nicht. Für die Mieter konnte und kann auch deshalb ein WVG-Anteilsverkauf nicht gutes bedeuten. Aber der Verkaufsrücktritt bietet gerade hier Chancen: Die Stadt kann weiterhin ihren Aufgaben der Daseinsvorsorge nachkommen und z.B. ein (neues) Wohnungsentwicklungskonzept in Angriff nehmen. Bei dem geringen Leerstand ist dies auch dringend erforderlich.

Nachtrag, 17.17 Uhr:

In einer Pressemitteilung der KWG zum Rücktritt vom Kauf ist zu lesen, was weder der OB sagte, noch was die OZ schrieb (Danke an den Tippgeber!):

Die KWG hat gleichzeitig ihre Bereitschaft zu konstruktiven Gesprächen erklärt, um kurzfristig Einvernehmen mit der Stadt Greifswald über das weitere Vorgehen zu erzielen.

Dazu der Hinweisgeber:

Wird hier eine Hintertür geöffnet? Hr. Prof. Hardtke hat der Bürgerschaft ja erklärt, dass der OB alleine einen Vertrag mit der KWG AG abschließen könnte.

1 Kommentar:

  1. Anonym25.11.08

    ich bin unendlich froh, das der deal mit der kwg geplatzt ist!!!!!!!

    viele mieter bekamen im november mieterhöhungen von der wvg zugesandt und viel zu viele können es bald nicht mehr bezahlen!!!!!

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