8. Februar 2010

Gelernt ist gelernt

Ich hatte nicht mitbekommen, dass ein Lars Petersen in der Usedom-Redaktion ein Praktikum absolvierte - bis heute, als er sich von den Lesern verabschiedete. Mich verblüffte diese Äußerung:
... Trotz der Wichtigkeit und der Seriösität gehört ein lockerer Spruch zum Tagesablauf. Er schafft eine gute Atmosphäre und sorgt für Entspannung beim Erfassen neuer Gedanken. Bei meinem Praktikum in der Lokalredaktion der Ostseezeitung waren beide Attribute gegeben. Die Zeit lief schneller als ich erwartet hatte und Atmosphäre war sehr locker und „befruchtend“. Die Anregungen und Tipps der Fachleute werde ich sicherlich im Berufsleben als Pressesprecher der Bundespolizeiinspektion Pasewalk nutzen können. ...
Einmal abgesehen von dem "bei" statt eines "während" des Praktikums (ganz entspannt angesteckt von der Bei-Seuche) und abgesehen davon, dass die Zeit in irdischen Verhältnissen weder schneller noch langsamer vergeht, auch nicht laufen, stehen, gehen oder kriechen kann, auch wenn sich die Usedomer OZ gerade zum Pseudo-Sportblättchen wandelt - also abgesehen von den Schnitzern wüsste ich gern, was genau den scheidenden Praktikanten anregte und welche Tipps er erhielt. Ich ahne Schlimmes für seine Tätigkeit in Pasewalk und empfinde das Anwenden-Wollen des Erlernten als Drohung, falls er nicht anderweitig journalistisches Handwerk gelernt hat. In Zinnowitz konnte er höchstens lernen, wie Seiten verfüllt werden.

Hier ein paar Beispiele von heute, die meine Befürchtungen stützen:
OZ sucht Sport-Propheten 2010
In Vancouver starten am Freitag die 21. Olympischen Winterspiele — eine große Zeit für Athleten, aber auch für Fans, von denen es in unserer sportlichen Region viele gibt.
Liegt Vancouver auf Usedom oder irgendwo in Ostvorpommern? Muss ich mal fragen, denn geographisch hatte die OZ schon mehrfach Besonderheiten zu bieten.
Die OZ startet deshalb passend zum Großereignis eine Aktion, die sich auf das gesamte (olympische) Sportjahr erstreckt. Fachkenntnis, Glück und vielleicht sogar wahrsagerische Qualitäten sind gefragt: Denn die Teilnehmer müssen früh im Jahr Ergebnisse von zwölf Großereignissen prophezeien. Monat für Monat wird sich dann erweisen, wie gut sie gelegen haben. ...
Wieder ein Zeugnis der Redaktion, das belegt, sie ist allein nicht mehr in der Lage, die Seiten zu füllen.

Sie ist ebenso wenig in der Lage, einen Ausweg zu finden, dessen Ergebnis etwas mit Lokaljournalismus zu tun hat.

Sie ist unfähig, Themen zu setzen und zu beherrschen, die für die Insel wichtig sind.

Wenn sich eine Lokalzeitung zum Pseudo-Sportblatt wandelt, die Sportarten heißen Propheterie und Unternehmen-in-angenehmes-Licht-Rücken (was laut Presserat noch lange keine Schleichwerbung ist, dies war für kaiderChef), kann die Redaktion journalistisch einpacken, denn sie verliert ihre Existenzberechtigung und kann dann aus finanziellen Gründen nicht einmal mit Anzeigenblättchen konkurrieren.

Das mit dem Themensetzen hatte ich mehrfach erläutert, heute noch einmal:
Dehoga-Chef gesteht ein: Lassaner Autofähre nicht sinnvoll
Am Textende findet sich dies:
Es dürfen nicht mehr Betten, als die genehmigten und kein Massentourismus entstehen. Denn die Leute kommen wegen unberührter Natur zu uns.
Dazu gäbe es allerlei zu schreiben und nachzufragen, denn jeder Satz bietet eine Fülle an Themen. Die Redaktion gibt sich einfach zufrieden mit dem, was gesagt wird. Das hat nichts mit Journalismus zu tun, geschweige denn mit dem vom Verlag beschworenen hochwertigen.

1. Die aufwendig ins Gespräch gebrachten Fähren sind gut für den, der sie an den Linienbetreiber verkaufen würde. Sie haben keinen Einfluss auf die alltäglichen Staus auf der Insel im Sommer und sind sowieso nur ein Saisongeschäft, wobei sehr fraglich ist, ob es nicht ein Minusgeschäft würde. Dazu gab es keine Nachfragen.

2. Nur wenn der Neubau und die Erweiterung von Übernachtungsmöglichkeiten unterbleibt, wird der Verkehr nicht weiter zunehmen. Von Abnehmen kann keine Schreibe sein. Kein Thema für die OZ, die bekanntlich in den verangenen Jahren jeden Hotelneubau im Blatt feierte.

3. Die Insel wird in der Sommersaison bereits seit Jahren vom Massentourismus beherrscht. Oder was ist Massentourismus?

4. Es gibt so gut wie keinen Fleck auf der Insel, der unberührt ist.

Das sind meine Anregungen für Lars Petersen. Ansonsten alles Gute auf dem weiteren Weg! Er kann es nach dem Praktikum gebrauchen.

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