Arge kürzt Alg II: Mann obdachlos
Greifswald (AP) Mit Geldkürzungen hat die Arbeitsverwaltung in Greifswald einen Arbeitslosen zum Obdachlosen gemacht. Dem 53-Jährigen wurde das Arbeitslosengeld II so lange gekürzt, bis wegen Mietschulden in Höhe von 1000 Euro am vergangenen Mittwoch seine Wohnung zwangsgeräumt wurde und er in das städtische Obdachlosenheim ziehen musste. ...Der Artikel ist eine sehr gekürzte Zusammenfassung der Sendung, die Sie sich hier anschauen können.
Das ist das Übelste:
Wolfgang Dinse, 53 Jahre alt, sollte Bewerbungen schreiben. Nur: Herr Dinse ist Analphabet. Das hat er immer gesagt. Doch das Arbeits- und Sozialamt, die ARGE, hat ihm nie einen Kurs in Lesen und Schreiben angeboten. Und die ARGE blieb hart: keine Bewerbungen, kein Arbeitslosengeld II. Zur Strafe hat ihm die ARGE nicht einmal mehr die Miete bezahlt.
Blogleser werden sich noch erinnern, was ich über den OZ-Bericht zur Auszeichnung der ARGE Greifswald durch die Evangelische Obdachlosenhilfe mit dem "Verbogenen Paragrafen" erwähnte:
Das ist an Harmlosigkeit und Ahnungslosigkeit kaum zu überbieten.
Ich kann mir vorstellen, dass das auch der Grund ist, dass die OZ in Greifswald und auch anderswo keine Ahnung hat, was tatsächlich mit Alg 2-Empfängern passiert. Ich schreibe seit vier Jahren darüber.
Schon einmal hat ein Fernsehmagazin ein Thema erkannt, das ein OZ-Redakteur hier, wo er zu Hause ist, hätte erkennen müssen.
Wie ahnungslos OZ-Redakteure sind, bewiesen sie erst am 14. Januar und tun es auch heute:
Anreize zum Sparen für Hartz IV-Empfänger
Statt die Heiz- von anderen Betriebskos- ten abzukoppeln schlägt ein Abgeord- neter die Einbezie- hung vor. Das würde Anreize schaffen. ...Die Schlagzeile ist Unsinn, wie sich im Text zeigt, steht aber trotzdem da. Alg 2-Bezieher sollen sich gefälligst ans Sparen gewöhnen? Was durch Initiativen und Anwälte erzwungen wurde, verkauft die OZ als Gnadenakt der Arge oder der Sozialagentur.
(Die Anwältin hat ihre Kanzlei in Greifswald keine fünf Minuten von der OZ entfernt. Warum sich wohl noch keiner der 60 von ihr Betroffenen oder sie sich selbst an die OZ wandte? Deshalb wusste auch dies niemand in der OZ:
Frage: Und: wie oft bekommen Sie da Recht gegen die ARGE, so erfahrungsgemäß?
O-Ton, Katharina Appelt, Rechtsanwältin von Wolfgang Dinse:
»Also zumindest teilweise Erfolge mindestens 60 Prozent, 70, kann man schon sagen.«)
Das ist es, was ich für die Scheinheiligkeit der OZ halte, die sich in der Weihnachtsaktion oder der Werbung für den Verkauf eines Trainingsanzuges zeigt, wenn andererseits die Armen in der OZ so oder gar nicht abgehandelt werden. Sicher ist kaum ein Alg 2-Empfänger OZ-Leser. Doch das ist kein Grund, das Thema soweit es nur geht zu verschweigen oder einseitig darüber zu berichten.
Ich habe heute keine Zeit mehr. Morgen trage ich dazu nach.
P.S.:
Wirbt die OZ immer noch mit dem Spruch "Weil wir hier zu Hause sind"?
Sehr interessanter und aufschlußreicher Beitrag. In dem Filmbeitrag wird sogar erwähnt, dass die ARGE-Greifswald einen Negativ-Preis für ihre Handlungsweise erhielt - kein Aushängeschild für eine Region, in der massiv Arbeitslosigkeit herrscht.
AntwortenLöschenBesten Gruß.
Erfahrungsgemäß sind derartige Berichte über die armen Betroffenen bestenfalls unvollständig, meist einfach nur einseitig und falsch. Herr Dinse bezeichnet sich als "Analphabet", ist er dies tatsächlich oder ist dies nur eine Drückebergerei vor schriftlichen Bewerbungen?? Übrigens kann/ muss man sich auch persönlich bewerben, indem man einfach selbst bei Firmen nach Arbeit nachfragt, wenn er dies wollte!
AntwortenLöschenNatürlich ist es nicht ok jemanden in die Obdachlosigkeit zu treiben, da diese Heimplätze auch aus Steuermitteln teuer bezahlt werden müssen. Im übrigen hätte man die Mietschulden ganz einfach verhindern können, indem das KdU Geld direkt an den Vermieter überwiesen wird; hier war die ARGE total unfähig. Ansonsten Lebensmittelgutscheine und Tafel. Weshalb er einfach den angebotenen Euro-Job ablehnte wäre vielleicht mal interessant zu erfahren gewesen. Andere müssen auch jeden Morgen ihren Arsch aus dem warmen Bett heben und ihre Arbeit machen!
Es scheint in diesem fall aber eine lange ziemlich heftige Vorgeschichte mit diversen Sanktionen zu geben, die hier nicht dargestellt wurde.
Immer beide Seiten betrachten, nur dann kommt man auch zu einer fairen Betrachtung!
Hier sieht man mal wieder, wie verdorben und krank unsere Gesellschaft geworden ist, wie kalt und herzlos die Mitarbeiter der Arge sein müssen, die dafür verantwortlich sind, dass es dazu kam. Anstatt einem Menschen, der eh´schon belastet ist, zu helfen, tritt die ARGE hier noch nach und sorgt dafür, dass der Mensch kein Dach mehr über dem Kopf hat. Kann sich denn keiner vorstellen, dass es auch höchst peinlich ist, sagen zu müssen, dass man nicht schreiben kann und wer stellt denn in der heutigen Zeit schon einen Analphabeten ein?
AntwortenLöschenKann der zuständige Mitarbeiter der Arge überhaupt noch ruhig schlafen? Hier nutzte er oder sie noch die Schwäche eines Menschen aus, um mal wieder Macht zu demonstrieren und um Geld zu sparen.
Der verbogene Paragraf wurde der ARGE in Greifswald nicht ohne Grund übergeben. Eine gruselige und gespensterhafte Institution.
"wie kalt und herzlos die Mitarbeiter der Arge sein müssen"
AntwortenLöschenIch würde nicht alle Mitarbeiter der Arge über einen Kamm scheren. Das kann nur, wer sie alle kennt und erkannte, dass die Kammschererei berechtigt ist.
Also Vorsicht bitte mit Verallgemeinerungen.
Hallo Lupe,
AntwortenLöschenbitte richtig und zu Ende lesen: Wie kalt und herzlos die Mitarbeiter der Arge sein müssen, die dafür verantwortlich sind, dass es dazu kam. ......
Stimmt!
AntwortenLöschenHabe mich verlesen!
Danke für den Hinweis!