19. Januar 2012

Schwarzgeschaltete Kammschererei

Es ist immer wieder bedrückend, wie die OZ über das böseböse Internet berichtet herzieht, heute sicherheitshalber auf der Meinungsseite:
Streik im Internet: Wikipedia trägt Schwarz
Es trug und trägt nicht mehr.
Der Widerstand gegen geplante US-Gesetze zur Kontrolle des Internets hat gestern einen Höhepunkt erreicht: Die englischsprachige Version von Wikipedia protestiert mit einem 24-stündigen Blackout gegen Netzsperren.
In den gesamten USA ärgerten sich die Internetnutzer: Wer an diesem Tag das Nachschlagewerk anklickte, suchte vergeblich nach schnell verwendbaren Informationen. Stattdessen erschien eine grau-schwarze Seite, die düsteren Zukunftsvisionen gleicht. Buchstaben werfen lange, Böses ahnende Schatten. Die Dramatik ist gewollt: Die in Kalifornien beheimatete Stiftung, die das digitale und kostenfreie Lexikon betreibt, protestiert gegen zwei Gesetzesinitiativen.
...
Alle Nutzer ärgerten sich? Das taten wohl eher jene, die zu faul waren, auf düsteren Seiten nachzulesen, warum einige Unternehmen, Wikipedia und Zehntausende Webseitenbetreiber bildlich Zeichen setzten, Zeichen, die auch in D. eine Rolle spielen, z.B. die unseligen Websperren Leyens/Guttenbergs. Zu den Verärgerten könnten auch jene gehören, die sich auf Medien verlassen, wie es hierzulande die OZ ist.
Die OZ betreibt Aufschäumung mittels Kammschererei, wie gehabt. Selbst in einer Meinungsäußerung sollten Journalisten bei der Wahrheit bleiben.

Genau das ist die Unterlassung solcher Medien wie der OZ: Sie berichten oberoberflächlich, ohne Hintergrund und weil Verlage in D. und Teile der Regierung ähnliche Pläne durchsetzen wollen, wie jene in den USA.

Hntergrund finden Sie z.B. hier:
... wer glaubt, dass es sich dabei um eine inneramerikanische Angelegenheit handelt, irrt. Wenn es in den USA niest und das Web schwarz wird, hat das ganze Internet Schnupfen. Die beiden geplanten Gesetze haben einen internationalen Vorläufer namens ACTA, das „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“. Dieses wurde zunächst zwischen den USA und Japan ausgehandelt, doch mittlerweile ist die Europäische Union, vertreten durch die EU-Kommission, dabei, diesem „Schutzpaket zur Verwertung geistigen Eigentums“ beizutreten. Sollte ACTA wirksam werden, könnten auch europäische Internet-Provider im Rahmen der sogenannten „Störer-Mithaftung“ für Urheberrechtsverletzungen haftbar gemacht oder verpflichtet werden, den Verkehr der Datenpäckchen zu überwachen. ...
Wurde ACTA in Deutschland diskutiert? War Google geschwärzt und Wikipedia weg? Nichts dergleichen. Über ACTA hat der gemeine EU-Bürger nichts zu bestimmen, die neue Heimat des Geistes schon gar nicht. Dem Abkommen wurde in einer nichtöffenlichen Sitzung im Fischerei­ausschuss der Europäischen Union zu­gestimmt, wohl weil das Internet technisch zu den Schleppnetzen und Fangquoten gehört, mit denen man sich dort sonst befasst. ...
Geht es um die Verwertung geistigen Eigentums, handeln viele Verlage wie diese Organisation:
Die alten Giganten fanden die Web-Verdunkelung nicht witzig, die Millionen Amerikaner aufrütteln soll: Eine arrogante Aktion sei das und ein Missbrauch der Marktmacht sondergleichen, beschwerte sich die mächtige Motion Picture Association of America. Doch ihr Einfluss ist am Schwinden. Noch vor den Protest-Abschaltungen von Google und Wikipedia signalisierten einflussreiche US-Politiker, dass bei den beiden umstrittenen Gesetzentwürfen Abstriche möglich sind. Besonders die Iternetssperren müsse man überdenken.
Und noch etwas: Die Aktion hat bereits gewirkt:
8 Senatoren im US-Senat stellen sich gegen "Stop Online Piracy Act" (SOPA), und den "Protect IP Act" (PIPA). Damit zeigt der Protest von vielen großen und kleinen Seiten gegen diese Gesetzesvorhaben in den USA erste Erfolge. Sieben der Senatoren, die laut Ars Technica ihre Unterstützung zurückzogen, hatten das Gesetz mit eingebracht. Damit wackele das Gesetz nach Einschätzungen von Aktivisten, aber es falle noch nicht: Die republikanischen Abgeordneten, die ihre Unterstützung zurückzogen, wollten das Gesetz lediglich überarbeitet sehen. Die New York Times spricht von einem "Politischen Erwachsenwerden" der Internetindustrie. ...
Hier noch etwas über die angeblich Verärgerten:
... Laut Google haben 4,5 Millionen Menschen mit verschiedenen Mitteln gegen die Gesetzesvorhaben protestiert. So schwärzten laut einer Sprecherin der Blogplattform wordpress.com Zehntausende von Bloggern ihre Seiten. Tausende Betreiber eigener Wordpress-Installationen luden Protest-Plugins herunter. Auch andere Seiten mit großen Communities wie reddit machten ihrem Unmut Luft. Ebenso veränderten viele Nutzer auf Twitter, Facebook und Google+ laut BlackoutSopa ihr Profilbild.
Neben dem Verändern oder Unzugänglichmachen von Internetseiten oder Diensten sprossen auch andere Protestformen: So kann die Android App "Boycott SOPA" den Benutzer erkennen lassen, ob die Hersteller eines Produktes SOPA unterstützen.

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