19. Oktober 2011

"Was man einst als “Leitmedienjournalismus” bezeichnete, ist passé"

Für Medieninteressierte dürfte der gesamte Text interessant sein, übrigens auch für die OZ lesenden Schüler des Humboldt-Gymnasiums:
Vom Gefühl, plötzlich konservativ zu sein

Die Medien als Bastion linker Politik? Schwachsinn. Politik passiert aktuell woanders – und wir hinken der Debatte drei Schritte hinterher. ...
Die wichtigen, richtungsweisenden Debatten werden allesamt außerhalb der Medien geführt. Der Umgang mit der europäischen Schuldenkrise und die Zukunft der EU? Die Diskussion dazu gab es im Netz und als ritualisierten Showdown im Bundestag. Systemkritik findet auf den Plätzen dieser Welt statt, wenn Zehntausende unter dem Banner der Occupy-Bewegung gegen wachsende Ungerechtigkeiten und für die Demokratie auf die Straße gehen. Und die letzten Weckrufe für die deutsche Parteipolitik kamen nicht von Seiten des „Spiegel“ oder der „Zeit“, sondern von einer Handvoll Berliner Piraten und den Aktivisten des Chaos Computer Clubs. ...
Das, was man einmal als “Leitmedienjournalismus” bezeichnet hat, ist passé. Wir setzen keine Agenda mehr – auch keine Agenda links der Mitte -, sondern schreiben höchstens noch ab von den Sitzungsprotokollen der anderen. ...
Deshalb komme ich wieder auf die Spaltenfüllerei Schwadronage eines OZ-Kommentators über eine notwendige Debatte zurück, vor der sich die OZ drückt. (Wetten, dass morgen darüber etwas in der OZ steht? Dann kann ja auch aus Agenturmaterial kopiert werden, und/oder die Herrschaften im chicen Hauptstadtbüro verwursten Pressemitteilungen aus dem Bundestag.) Denn Debattierstoff findet sich haufensweise:
Nach Entschlüsselung des Staatstrojaners
Antivirusfirma entdeckt neue Version
Rund zehn Tage nachdem der Chaos Computer Club erstmals eine entschlüsselte Version des Staatstrojaners veröffentlichte hat eine Sicherheitsfirma eine weitere Variante der Überwachungssoftware analysiert. Wie ein Mitarbeiter von Kaspersky, Tillmann Werner, mitteilte, seien Analysten der Firma auf eine neue Version des Staatstrojaners gestoßen. ...
Und:
Staatstrojaner Hauptsache, wir können überwachen?

Hier gibt es keinen Interpretationsspielraum: Die Äußerungen des Bundesinnenministers in der Staatstrojaner-Affäre sind verheerend. Eine Replik.

Innenminister Hans-Peter Friedrich: Massenschicksale können nicht entschädigt werden

Die Innen- und Sicherheitspolitik in Deutschland ist in den vergangenen Jahren zu einem Feld verkommen, auf dem Politikerkarrieren eher abknicken oder enden als wachsen und gedeihen. Der Mangel an talentiertem, instinktsicherem Nachwuchs und fähigem politischem Personal bis hinein in die zweite und dritte Reihe ist hier, auf dem früheren Heimspielfeld der Konservativen, besonders evident. Und nun macht auch noch der Bundesinnenminister deutlich, warum er eher ein Verlegenheitskandidat seiner Partei als eine politische Traumbesetzung war.

Es war ein jämmerliches Schauspiel, das die Innenminister von Bund und Ländern in der vergangenen Woche boten, als sie versuchten herauszubekommen, was eigentlich in Sachen Staatstrojaner in ihrem eigenen Beritt passiert war. Konfusion und Ahnungslosigkeit der Amtsinhaber bescherten der staunenden Öffentlichkeit einen bunten Reigen von sich widersprechenden, inhaltlich fragwürdigen und korrekturbedürftigen Statements. Statt stringenter transparenter Aufklärung gab es Salamitaktik - nur schnitten die Minister nicht einmal von derselben Salami.
Der Bundesinnenminister wurde nun am Sonntag zumindest dem Führungsanspruch seines Hauses dadurch gerecht, dass er in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) ein maßstabsetzendes Lehrstück an Larmoyanz, gepaart mit Inkompetenz und einem mit Chuzpe vorgetragenem Bekenntnis zum Verfassungsbruch ablieferte. Allenfalls sein bayerischer Ministerkollege Herrmann konnte ihm hier,, in puncto Dreistigkeit und Tatsachenverdrehung, noch das Wasser reichen. ...
Der Autor ist Sprecher des Chaos Computer Clubs, der den Staatstrojaner enttarnt hat.

Noch dies:
Anti-Terror-Gesetz: Warnung vor neuer Geheimpolizei

Der Berliner Verfassungsrechtler Martin Kutscha hat große Zweifel daran, dass der Regierungsentwurf zur Verlängerung von Befugnissen aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Vor allem die geplante Auskunftspflicht, wonach privaten Stellen wie Banken, Telekommunikationsunternehmen, Anbieter von Telediensten oder Fluggesellschaften künftig Informationen über Verdächtige unverzüglich, vollständig, richtig und in geeignetem Datenformat an den Verfassungsschutz und andere Geheimdienste herausgeben müssten, kollidiere mit dem sogenannten Trennungsgebot, warnte der Jurist bei einer Anhörung (PDF-Datei) im Innenausschuss des Bundestags am Montag. Dieses besage, dass Nachrichtendienste keine polizeilichen Befugnisse haben dürften. ...

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