16. September 2011

OZ-Werbekampagne an Gymnasium

Ich wollte nichts mehr zu der OZ-Werbekampagne im Greifswalder Humboldt-Gymnasium schreiben. Als ich jedoch die lokale Titelseite erhielt und sah, dass das auch noch zur Titelgeschichte aufgeblasen worden war, nachdem die Leser bereits am 13. September mit dem Thema gelangweilt worden waren, blieb mir nichts übrig, als tätig zu werden:
Mehr Spannung im Schulalltag: OZ eröffnet Lese-Lounge
Am Humboldtgymnasium gibt es seit gestern eine gemütliche Sitzecke für die tägliche Zeitungslektüre. Mit Unterstützung von Greifswalder Firmen wurde das Projekt realisiert.
... und das, obwohl der Realisator schon lange nichts mehr realisiert.
Der erste Satz:
Brandaktuelle Nachrichten jeden Tag in der Schule — die OSTSEE-ZEITUNG macht‘s möglich ...
Brandaktuell? Wie oft musste die Redaktion schon nachziehen, weil im Internet Geschichten standen, die die Redaktion dann erst übernahm? Und sind die Texte (nicht Nachrichten) z.B. aus der Hanseyachts AG Greifswald, nichts anderes als PR-Dienerei?
„Zuhause in Loitz haben wir nur den Nordkurier, jetzt kann ich auch die OZ lesen und mich informieren. Die Lounge ist deshalb eine tolle Sache“, freut sich der 13-Jährige. ...
Er sagt es nicht, sondern freut sich. Er wird bald merken, dass er im Wesentlichen nichts anderes erfährt als aus dem Nordkurier. Ob er es dann immer noch kaum erwarten kann, einen Blick in die aktuelle Ausgabe werfen zu können?

Der Direktor:
Schulleiter Ulf Burmeister hört solche Worte gern. Denn Aufgabe der Schule sei es nicht nur, im Unterricht Fachwissen zu vermitteln. „Vielmehr geht es auch darum, dass unsere Schüler ihren Platz in der Gesellschaft finden, lernen Verantwortung zu tragen“, sagt der Pädagoge und fügt hinzu: „Die Zeitung hilft dabei.“
Haben Sie das verstanden? Ich nicht, gebe ich zu. Die Zeitung hilft, Verantwortung tragen zu lernen?
Zwar befänden sich die modernen Medien im Aufwind. Doch deren ungefilterte, unsortierte Informationen erschwerten speziell jungen Menschen die Meinungsbildung. ...
Ich wundere mich, dass es dem Direktor bisher nicht gelungen ist, im Internet gefilterte, sortierte Informationen zu finden und diese Erkenntnisse an die Schüler weiterzugeben. So fände er in meinem Blog ausschließlich gefilterte und sortierte Informationen, in den Blogs in meiner Leseliste ebenfalls. Ganz abgesehen davon kennt der Direktor nicht einmal die Internetauftritte der Tageszeitungen, Zeitschriften oder der öffentlich-rechlichen Sender voller gefilterter und sortierter Informationen, die zumeist kostenlos und oft am Tag vor dem Erscheinen der gedruckten OZ-Ausgabe zu lesen sind.
Im Übrigen bedeutet sortieren und filtern noch lange nicht, dass stimmt, was dabei herauskommt, wie mein Blog seit Jahren belegt. Nicht zu vergessen, was so alles herausgefiltert wird, was OZ-Leser nichts anzugehen hat.
Benjamin Fischer, Leiter der OZ-Lokalredaktion Greifswald: „Als Zeitung verarbeiten wir nicht nur tagesaktuell lokale Nachrichten,
Das mag vorkommen; doch die Schüler erfahren erst am nächsten Tag in der Leseecke, was am Vortag aktuell war, wenn es nicht schon vorher bildlicher Schnee von irgendwann war.
sondern bieten dem Leser auch Orientierung. Wir wollen erreichen, dass sich Menschen zu den Themen eine klare Meinung bilden können.“ ...
Das stimmt, die Zeitung bietet Orientierung, speziell SPD-orientierte Orientierung, was zu einer klaren Meinung führen kann, jedoch grundfalsch sein kann, wie mancher Unsinn, der im Blatt steht.
„Wir werden uns von hier aus aktiv in geeignete Schulprojekte einbringen und planen zum Beispiel öffentliche Redaktionskonferenzen“, kündigt Fischer an. ...
Ich habe dem Direktor angeboten, an diesen Sitzungen teilzunehmen, um die einseitige Werbung fürs Blatt zu dämpfen.
Die Schüler sind aufgeschlossen. ...
Genau das ist das Problem. Die jungen Leute haben kaum eine Ahnung, wie das Zeitungsgeschäft läuft, erfahren im Unterricht nichts darüber, haben keinen Hintergrund, sind noch recht einfach zu beeinflussen (deshalb das Projekt). Hier einige Ausrisse, die zeigen, was ich meine:








 Unergründlich fand ich diese Aussage einer Drogeriemarkt-Leiterin:










Die Schulelternratsvorsitzende hat auch einen triftigen Grund für die OZ-Reklame-Ecke gefunden:
Was für eine Entwicklung mag das werden?







Und dann lesen Sie sich mal das gemeinsame Einladungsschreiben durch, das nicht in der OZ stand:

Allgemeinbildung verbessern? Na, wenn das mal nicht schief geht. Rechenkünste aller Unart, Island in der Ostsee, naturwissenschaftlicher Unsinn ...
In dem Artikel scheint jeder jeden zu bewerben. Doch das reichte nicht, denn auch dies musste noch auf die Titelseite:
Zu schlechter Letzt noch die Sache mit der gemütlichen Sitzecke. Schauen Sie sich bitte an, wohin der Pfeil weist. Sieht das nicht eher aus wie ein klappriger Stuhl?

10 Kommentare:

  1. Anonym16.9.11

    das sieht nicht nur so aus, das ist ein klappriger stuhl.
    widerlich, wie diese firmen kinder mißbrauchen, um für sich zu werben.
    -zeitung ist mir lieber, als das internet, denn da weiß man nie, ob alles stimmt.-
    aha, heißt also, das immer alles stimmt, was in der oz steht.
    die jugend ist bewußt ausgewählt worden, weil leichter zu manipulieren und um vom internet fernzuhalten.
    das internet ist zu einer bedrohung für den mainstream geworden, es muß vorgebeugt, es muß was getan werden.
    von metz und burmeister bin ich schwer enttäuscht.
    das ist die strategie, die masche, sich viele bedeutenden leute mit ins boot zu holen.

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  2. Anonym16.9.11

    Fish and chips könnte man in der Lounge verkaufen, und zwar in den gefalteten Tüten aus der hochwertigen "Ostsee-Zeitung".

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  3. Manfred Peters17.9.11

    Zu Ulf Burmeister und der Bürgerliste Greifswald, einer 5. Kolonne der CDU in Greifswald:
    „... Politische Machtspiele dürfen nicht die inhaltliche Arbeit im Kreistag dominieren und richtige Entscheidungen im Sinne der Bewohner Vorpommern-Greifswalds verhindern. ...“
    http://www.buergerliste-greifswald.de/

    Was immer der weise Schulleiter damit den anderen Parteien und Abgeordneten unterstellt?

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  4. Anonym17.9.11

    5. Kolonne der CDU in Greifswald?
    Wer ist das alles, wieviele gibt es denn noch?
    -Kompetenz für Vorpommern? Bürgerliste? wer sind die anderen?

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  5. Manfred Peters17.9.11

    @ Anonym 08:47

    20 Jahre faktischer Alleinherrschaft in Bürgerschaft und Verwaltung Greifswalds haben natürlich dazu geführt, dass mehr oder weniger subtil alle politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsstellen durch politisch genehme Personen besetzt wurden. Deren Auflistung würde den Blog wohl sprengen.
    Offensichtlich soll das System „Greifswald-Connection" jetzt auch in den neuen Großkreis eingeführt werden. Der Wahlaufruf der SPD (6. Kolonne?) für eine CDU-Kandidatin ist doch ein deutlicher Beweis dafür.
    Der Frontmann der Connection, Liskow, hat dazu im AK gesagt:
    „... Im Gegenzug für die Empfehlung für Uta-Maria Kuder erhalten die Sozialdemokraten christdemokratische Schützenhilfe bei der Wahl ihres Kandidaten für einen Beigeordneten der Landrätin. Dies bestätigte der Greifswalder CDU-Kreistagsabgeordnete Egbert Liskow, der die Vorgespräche mit den Sozialdemokraten führte. Von einem "Deal" wollte er nicht sprechen. "Das ist alles ganz legitim", meinte er...“
    Wir kommen hier aber vom Inhalt des Beitrags ab. Andere Beiträge bieten hier mehr Anlass über das Thema zu diskutieren.

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  6. Anonym17.9.11

    Für SPD-Wähler ein Schlag ins Gesicht, nehme ich an.

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  7. Marco Wagner17.9.11

    Ich nehme mal hier nur einige Zitate heraus:

    1.)Zur Aussage des Schuldirektors: Das hört sich für mich nach falschem Demokratieverständnis an. Gerade durch das Heranziehen verschiedener Medien, verschiedener Meinungen zu einem Thema entsteht doch erst richtige (und vor allem feste)Meinungsbildung und ermöglicht einen gewissen Objektivitätsgrad bei der Einordnung der Geschehnisse.

    2.) Die Schülerin Laura-Spohie Witt hat sich offensichtlich noch niemals zuvor mit Medien befasst (was ihr aber nicht vorgeworfen werden kann, sondern eher der Schule, die dies mit der "OZ-Lounge" sehr einseitig macht):"Zeitung ist mir lieber als das Internet, denn da weiß man nie, ob alles stimmt." - Das klingt weniger nach ihrer eigenen Meinung, als viel mehr nach eben dem selben Satz, den ich jahrelang als Schüler von sich vehement gegen das Internet als Medium stemmende Lehrer hören musste. Tatsächlich kommt man mittlerweile kostenlos deutlich besser an deutlich seriösere Informationen im Internet ran, als über die OZ (nämlich NZZ-Online, FR-Online, SZ-Online, Spiegel-Online... ich höre mal auf). Und ganz ehrlich, gerade bei der OZ frage ich mich angesichts von Überschriften, bei denen Orakelt wird, "Satanisten" seien beim Brand in der Alten Chemie im Spiel gewesen, auch oft genug, ob alles stimmt...

    3.)Aaron Gebler interessiert sich primär für internationale Politik, sekundär Lokalpolitik. Nun dann ist er bei der OZ an der falschen Adresse. Befasst die OZ sich doch primär mit Lokalpolitik, sekundär mit internationaler Politik...

    Warum eine "OZ-Lounge"? Wäre nicht da eine "Medien-Lounge" nicht viel produktiver, bei denen man zwischen Nordkurier, OZ, Süddeutscher, Frankfurter Allgemeinen,taz und auch BILD (...die gehört nun mal dazu und kann nicht einfach übergangen werden, nur weil das Lehrerkollegium jene Zeitung zurecht als ziemlich flach ansieht..)oder die intellektuelle LeMonde-Diplomatique auswählen kann? Dazu werden noch Computer in die "Medien-Lounge" gestellt, die ausschließlich Online-Zeitungen sowie die lokalen Nachrichtenblogs anzeigen können. So funktioniert die Aneignung von Medienkompetenz, nicht nur, indem ein Medium und davon auch nur ein Teil, heran gezogen wird!

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  8. Anonym17.9.11

    Lupe, Sie haben dem Schuldirektor angeboten, an den Sitzungen teilzunehmen. Wie steht er dazu? Erhielten Sie schon eine Antwort?
    Wenn Sie an den Sitzungen teilnehmen dürfen, macht sich die OZ aus dem Staub.

    @M.Wagner. Richtig, die Schüler müssen Gelegenheit haben, in anderen Zeitschriften und auch im Internet lesen zu können.
    Nur so können sie sich ihr eigenes Bild von Politik, ob Lokal -oder Weltpolitik und anderen Themen machen.

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  9. @ M. Peters:
    "Der Wahlaufruf der SPD (6. Kolonne?) für eine CDU-Kandidatin ist doch ein deutlicher Beweis dafür."

    Hat aber nichts genützt; nichts mit Posten und Pöstchen.

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  10. "Sie haben dem Schuldirektor angeboten, an den Sitzungen teilzunehmen. Wie steht er dazu? Erhielten Sie schon eine Antwort?"

    Nein

    "Wenn Sie an den Sitzungen teilnehmen dürfen, macht sich die OZ aus dem Staub"

    Ich werde nicht eingeladen. Und wenn doch, würde ich nicht unbedingt etwas äußern, sondern die Schüler einladen, nach der Sitzung mit mir darüber zu diskutieren.

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