28. September 2010

OZ als PR-Diener

Sie wissen nicht so recht, was PR, Öffentlichkeitsarbeit, ist und Sie suchen ein Beispiel, das Ihnen zeigt, wie ein Unternehmen ins rechte Licht gerückt wird? Dann lesen Sie diesen redaktionellen Beitrag in der Greifswalder Zeitung, den Sie gestern als kritische Hochwertleistung mitkaufen mussten und der so ähnlich in einem Firmenprospekt stehen könnte.
Yacht wird auf Wunsch auch rosa lackiert
Sie sind schnittig, elegant und geben stets eine perfekte Figur auf dem Wasser ab: die Yachten der Hanse Group. Doch bis in See gestochen werden kann, sind viele kluge Köpfe und fleißige Hände von Nöten. Die Arbeit der Schiffsbauer ist mit der eines Komponisten vergleichbar: Vom ersten Takt bis zum Schlussakkord wird nichts in fremde Hände gegeben. Von der Arbeit am Rumpf bis zum Segel setzen, durchläuft das Boot auf dem Werftgelände der HanseYachts AG in Greifswald 18 verschiedene Takte. Produziert wird wie in der Automobilindustrie mittels moderner Band-Fertigung.

„Alle fünf bis sieben Stunden ziehen wir das Boot einen Takt weiter“, erklärt Brandmanager Maxim Neumann. Nach etwa 18 Tagen ist eine Standardyacht fertig. „Der Vorgang kann aber auch beliebig beschleunigt werden.“ Wer es größer mag, muss schon etwa drei bis vier Monate warten. Wie bei der Hanse 630, dem Flaggschiff des Unternehmens. Das 20 Meter lange Boot kostet den Endkunden rund 850000 bis 900 000 Euro. Dafür lässt die Firma auch keine Wünsche offen. „Wir haben sogar schon mal eine Yacht rosa lackiert“, erzählt Neumann. Denn der Trend gehe zur Individualisierung, weiß auch Christian Gerstenberger, verantwortlich für Rechnungswesen und Controlling. „Keine unserer Yachten gleicht der anderen.“ Im Geschäftsjahr 2007/2008 wurden rund 950 Schiffe verkauft. Das macht vier bis fünf Schiffe pro Tag. „Wir können alle zweieinhalb Stunden ein Schiff fertigstellen“, bringt es Neumann auf den Punkt.

Doch auf Lager wird nicht produziert. „Alle unsere Boote sind verkauft“, betont der Brandmanager. „Aber nur an Händler, nicht an Privatpersonen.“ Etwa vier bis sechs Mitarbeiter sind pro Tag beim Decksbau mit dem Einbau von Fenstern und dem Verkleben von Teak-Flächen beschäftigt. „Je größer das Boot, desto mehr Handschläge sind nötig“, verdeutlicht Neumann. „Rund 550 Mitarbeiter sind momentan in der Fertigung beschäftigt.“ Zeitgleich wird bereits in der benachbarten Werfthalle am Rumpf gewerkelt. Schritt für Schritt werden unter anderem Toilette und Wassersysteme eingebaut, bevor die in der eigenen Tischlerei gefertigten Module wie Küche und Salon eingesetzt werden.

„Viel Stehhöhe, viel Platz und Komfort unter Deck zeichnet das Modell Hanse aus“, schwärmt Neumann und fügt hinzu: „Markenzeichen ist das klare Design und die frische Art Boote zu bauen.“ Mit Hilfe eines Krans werden Deck und Rumpf abschließend zusammengefügt. Danach muss das Boot noch etliche Tests über sich ergehen lassen, bevor es beispielsweise nach Norwegen, in die USA, Spanien, Frankreich oder Italien geht. Das nagelneue Schiff kann dann entweder per Lastkraftwagen oder auf dem Wasser abgeholt werden.

INFO
HanseYachts
HanseYachts ist einer der größten Arbeitgeber Greifswalds. Unter den Marken Hanse, Moody, Dehler und Fjord werden Segel- und Motoryachten gebaut. Die Umsatzerlöse des HanseYachts- Konzerns beliefen sich für die ersten 9 Monate des Geschäftsjahres 2009/10 auf 42,2 Mio. Euro und liegen damit um 8,4 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Ist das nicht wunderbar? Nein, gar nicht, denn:

Im ... Geschäftsjahr 2008/09 dagegen hatten die Greifswalder keinen Wind in den Segeln. Infolge der Wirtschaftskrise fiel der ­Umsatz mit den Segeljachten nämlich schnell und heftig um 55 Prozent auf 58,2 Millionen Euro. ...

Wie viele Jahre müsste noch mit dem jetzigen Bootsausstoß produziert werden, bis der Umsatzeinbruch auch nur aufgeholt wäre? Fragen Sie die Autorin, die ja sonst so gut Bescheid weiß.

Übrigens hat der Umsatz des Unternehmens die Anleger kalt gelassen; die Aktie dümpelt bildlich unter sechs Euro. Das ist natürlich etwa doppelt so viel wie am 16.12.08, als der Kurs 2,90 Euro betrug. Wer zu dem Zeitpunkt kaufte, konnte ganz schnell 100 Prozent Gewinn machen. Jene, die, angestachelt durch Propaganda, die Aktie zu Beginn ihrer Börsenlaufbahn kauften, büßten allerdings etwa 80 Prozent ein - nicht einmal das ist in der OZ des Schreibens wert. 

Bis zur letzten Zeile lieferte das Blättchen nichts als die unverhohlene Propaganda, die Greifswalder Zeitung als PR-Büro des Unternehmens, das auf diese Weise redaktionell getarnte, umfassende Werbung erhält und dafür keinen Cent ausgeben muss.
Warum geben Sie für so etwas Geld aus?

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