19. August 2011

Wenn der Cheffi kommentiert

Ich kann mich nicht mehr wundern über die Kommentare des Chefredakteurs, auch nicht über diesen:
„Wie können wir Ihnen helfen?“
Die Kreisgebietsreform in MV kommt — und das ist auch gut so.
Das muss sich erst zeigen, aber der Chefraedakteur erlaubt sich, in die Glaskugel zu schauen und die Zukunft weise vorherzusagen und lässt sich dafür bezahlen.
Der verwaltete Mensch in Mecklenburg-Vorpommern kann aufatmen, denn er wird künftig weniger verwaltet. Der Nordosten setzt 17 Jahre nach der letzten eine neue Kreisgebietsreform ins Werk und baut damit Zug um Zug auch Verwaltung ab.
Ach, und deshalb werden wir weniger verwaltet? Wer sich die Hose mit der Kneifzange anzieht, oder sich die Auffassung des Chefredakteurs zu eigen macht, wird sich wundern, dass es weder weniger Formulare noch sonstigen Verwaltungskram geben wird, dafür höhere Kosten für die Zusammenlegerei. Außer den Entfernungen für etliche wird sich nämlich kaum etwas ändern.
In einem großflächigen Bundesland, dessen Bevölkerung seit Jahren schrumpft (Warum?) und dessen öffentliche Haushalte mit immer weniger Geld aus Brüssel und Berlin kalkulieren müssen (Warum?), bleibt gar kein anderer Weg, als bestimmte Einheiten (Welche?) größer zu fassen und — perspektivisch (Wann ist das?)— auch mit weniger Verwaltungspersonal auszukommen.
Es ist also alternativlos. Ist das der Chefredakteur auch?
Mecklenburg-Vorpommern wird mit dieser Reform in Deutschland zum Vorreiter, denn mit der Landtagswahl am 4. September entstehen hier die sechs größten Kreise bundesweit. Das heißt, Strukturen werden größer und Landräte mächtiger — bald so wie Minister.
Das ist reiner Quatsch. Sie werden Landräte bleiben. Die Kreise werden zwar die größten sein, aber bevölkerungsarm. Ein Beispiel, da auch die OZ den blödsinnigen Vergleich mit dem Saarland heranzog:

Das Saarland hat rund eine Million, ganz M-V hat 1,6 Millionen Einwohner. Davon abzuziehen sind die Einwohner der weiterhin kreisfreien Städte Rostock und Schwerin, was die Einwohnerzahl in den Landkreisen M-Vs um 300000 Einwohner reduziert. Bleiben für alle sechs zukünftigen Landkreise rund 1,3 Millionen Einwohner. Der größte Landkreis in M-V wird gerade einmal 273000 Einwohner haben, der kleinste rund 160000 Einwohner, Tendenz fallend. Der Vergleich hinkt also bildlich und das bald so wie Minister ist Blödsinn.
Die Kritiker der Reform hatten unter anderem mit zu geringer Bürgernähe der Verwaltung argumentiert. Es stimmt, Entfernungen zu Ämtern werden größer, aber ist das im Zeitalter des Internets noch entscheidend?
Es bleibt sehr wichtig, außer für den Chefredakteur, dem Oma Pütt aus der Pommerschen Straße, die treueste Lesern, egal ist. (Das erinnert mich an diese Leserbeschimpfung.)
Er meint, überhaupt nirgends mehr hinzumüssen:
Wenn ich meinen „Antrag auf Erstellung eines Antragsformulars“ auch als PDF-Datei per E-Mail loswerden kann und dann die (positive) Antwort auf selbem Wege zurückerhalte, wo ist dann das Problem? Nicht die Entfernung des für mich zuständigen Sachbearbeiters ist entscheidend, sondern Servicedenken, Freundlichkeit und Schnelligkeit.
Zum Schluss gibt er den Verwaltern diesen Ratschlag, worüber die Angeschriebenen dem Chefredakteur sicher dankbar bis ins Grab sein werden:
Deshalb sollten die alten Kreisverwaltungen jetzt nach vorn schauen (Bonzendeutsch) und die Reform im Sinne ihrer Bürger aktiv mitgestalten! (Bonzendeutsch)...
Der Chefredakteur steht eindeutig auf der Regierungsseite, denn in den Lokalausgaben wurde die Kreisgebietsreform von den meisten Befragten mit mehr oder weniger bedeutenden Argumenten bildlich in Grund und Boden kritisiert.

Nur so nebenbei: Mir ist egal, wie viele Kreise es im Armenhaus D.s gibt. Es gibt so viel Wichtiges.

1 Kommentar:

  1. Anonym20.8.11

    Wenn er nicht so viel Mist schreiben würde, wäre er dann "Chef"-Redakteur?
    Durch Ehrlichkeit und Anstand steigt keiner auf, eher ab.

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