3. März 2011

Übers Verschenken

Dass die Usedomer Redaktion unfähig ist, wichtige Themen redaktionell zu verfolgen und journalistisch aufzuarbeiten, habe ich mehrfach erläutert. Z.Zt. unterhalten sich zwei Ortshistoriker und der Vorsitzende des Bauausschusses der Gemeinde Heringsdorf, Heilmann, per OZ - mit Leserbriefen. Von Journalismus ist da natürlich keine Spur zu finden.

Heilmann hatte kürzlich auf Vorwürfe reagiert, der Bauausschuss trage Verantwortung dafür, dass die Grundstücke an der Gorkistraße so zugebaut und verschandelt wurden, dass die Gemeinde zur Aufhebung von Denkmalbereichen aufgefordert wurde. Hintergrund gibt es auch hier und hier.
Heilmanns Reaktion bestand darin, sich zu verteidigen und mitzuteilen, da könne er nichts machen. Der Landkreis habe die Beschlüsse der Gemeindevertretung bildlich mit Füßen getreten und anders entschieden. Leider fragte niemand, warum der Bauausschuss das Getretenwerden nicht öffentlich machte, z.B. per OZ, sondern stumm litt, und wozu denn dann ein Bauausschuss nützlich ist.

Vor allem fragte niemand, die OZ sowieso nicht (ist ja mit dem Kopieren der Leserbriefe und Werbung für Veranstalter ausgelastet), wie denn die bauliche Entwicklung in der Gemeinde weitergehen soll, ob die Gemeindevertreter auf immer und ewig dem Treiben zusehen wollen. Genau an der Stelle hätte die journalistische Arbeit begonnen werden können.

Also wurden heute wieder zwei Leserbriefe der Ortschronisten veröffentlicht. Hier Auszüge aus einem der Briefe (die die OZ kostenlos erhielt), die zeigen, wie die OZ Themen verschenkt und dafür Geld verlangt:
Wie lange soll das Siechtum unserer Orte noch dauern?
... Wir pflegen in so ernster Angelegenheit, was die Baupolitik der Gemeinde Heringsdorf betrifft, wahrlich keine Witze zu machen. Das Thema ist zu wichtig, als dass es nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden darf. Wieso ist es eine „Frechheit“, die Arbeit eines öffentlichen Amtes zu kritisieren? Offensichtlich lebt Herr Heilmann noch im 18. Jahrhundert. Wie sehen denn die Früchte seines „mehrjährigen Mitmischens“ in der Kommunalpolitik aus? Wahrlich — keine Ruhmesblätter. Er verfügte fünf Jahre lang über „Herrschaftswissen“ und hat Niedergang und Ruinierung unseres schönen Ortes sehenden Auges zugelassen. Dafür gilt ihm und seinen Helfershelfern unser berechtigter Zorn. Zum fehlenden demokratischen Umgangsstil tritt bei Heilmann auch der fehlende Schneid hinzu. Heilmann räumt ein, dass in Heringsdorf Zerstörungen angerichtet worden sind — aber welche Konsequenz zieht er aus dieser späten Erkenntnis? (Er fragte, nicht die OZ) ...
Wir erwarten ferner, dass Sie (Heilmann) sich endlich mit den Leuten anlegen, die unsere drei Bäderorte als Goldgräberfeld behandeln. Wie lange noch soll das Siechtum unserer Orte dauern? Es ist höchste Zeit, dass nach guter pommerscher Art ausgemistet wird. Bei weiterem Zögern und neuen Peinlichkeiten könnte sich Heringsdorf in „Zorndorf“ wandeln, und das hat bekanntlich schon im 18. Jahrhundert historische Bedeutung erlangt. Hervorhebung von mir
Dr. Wilhelm Pantenius, Historische Gesellschaft zu Seebad Heringsdorf

Ich habe ein paar Tage gewartet, ob es eine Reaktion auf diesen Text vom 28. Febraur gibt. Es gab keinen:
Gorki-Straße: Ausschuss offensiv
Nachdem der Heringsdorfer Gemeinde kürzlich ein Schreiben des Landkreises ins Haus geflattert war, in dem von einer geplanten Teilaufhebung der Denkmalbereichsverordnung für den Bereich der Maxim-Gorki-Straße die Rede ist (die OZ berichtete), geht der Bauausschuss jetzt in die Offensive. In ihrer Sitzung am 24. März sollen sich die Gemeindevertreter mit einer Beschlussempfehlung auseinandersetzen, in der dieser Teilaufhebung nicht zugestimmt wird. ...
Was ist daran offensiv? Das ist eine Verdrehung der Tatsachen. Zwei Jahrzehnte lang hat der Bauausschuss zugesehen, wie die Gemeinde zugebaut wird und muss nun reagieren.
Der Hammer ist jedoch der Textschluss:
„Die kontroversen Diskussionen der vergangenen Monate haben gezeigt, dass den Bürgern vor allem die Gestaltung der Gorki-Straße, aber auch die geplante Bebauung im Heringsdorfer Ortszentrum schwer im Magen liegt“, so das Gemeindeoberhaupt. „Da können sich die Leute bei dieser Veranstaltung mal den Frust von der Seele reden.“
Ist niemandem aufgefallen, mit welcher Unverschämtheit der Bürgermeister antwortet? Dem Autoren ist es nicht aufgefallen, sonst hätte er nachfragen müssen oder einen Kommentar dazu schreiben. Den Frust von der Seele reden, als wenn es darauf ankäme. Wäre es nicht angebracht, endlich die Hinweise und den Rat der Bürger anzunehmen, die Veranstaltung genau dazu zu nutzen? Doch der Bürgermeister meinte indirekt: Lass sie sich abregen, dann machen wir weiter wie bisher. Die Bürger als lästige aber notwendige Steuerzahler, genau das lese ich aus der Bemerkung heraus. Wie viel Arroganz doch solch ein Kleinstbonze versammelt.

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