13. März 2010

Tendenziöse Selbstverobstung

Geradezu verbissen versucht der Greifswalder Strukturbenjamin, Skandalönchen zu entdecken. Dort wo er eines vermutet, schreibt er es herbei, schwadroniert über einen goldenen Handschlag.
Heute nun dies:
Beschädigter Vize-Häuptling
Das sieht der Strukturbenjamin so, ist reiner Kommentar, hat in der Schlagzeile nichts zu suchen.
Richtig ist:
Das Scheitern ist ihm nicht unbekannt: Schon im Oktober 1998 unterliegt Reinhard Arenskrieger (CDU) seiner Konkurrentin Gabriele Dönig-Popensieker (SPD). Beide wollen auf den gleichen Greifswalder Dezernentenstuhl. ...
Doch seitdem ist er nicht mehr gescheitert, sondern seine CDU-Freunde haben ihn mit Ach und Krach auf weitere Posten befördert. Deshalb ist dieser Satz hinterhältig:
Das nächste Beinahe-Debakel erlebt er neun Jahre später.
Mit knapper Mehrheit wurde der Mann im zweiten Wahlgang Bausenator und Vizebürgermeister. Von scheitern keine Spur, denn er blieb auf seinem Posten, bis er gestern im zweiten Wahlgang zum Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes gewählt wurde. Und das macht der Strukturbenjamin daraus:
Insofern zeigt sich im erneuten Scheitern gestern während des ersten Wahlganges im Landtag nicht mehr als eine typische Konstante in Arenskriegers politischer Biografie. ...
Jaund? Wer, inklusive Strukturbejamin, kräht in zwei Wochen noch darüber, ob Arenskrieger oder Berenskrieger (nur als Beispiel erfunden) Vizepräsident ist und wie oft abgestimmt werden musste?

Es ist einfach lächerlich, die Leser mit solch einem Quark zu behelligen. Einmal abgesehen davon, dass das Postengeschachere widerlich ist - und um nichts anderes geht es hier, und ist doch das Herzstück der Politik; auch deshalb finde ich Politik widerlich - , wen interessiert die Wahl Arenskriegers? Sie interessiert noch ein paar Tage lang seine Freunde und Feinde.

Wenn der 53-Jährige sich in den kommenden zwölf Jahren an seinem Landes-Schreibtisch ruhig verhält und keinen schweren Fehler macht, wird er dann noch einmal kurz in den Medien des Landes auftauchen, weil dann er per Postengeschacher durch einen Berenskrieger oder wen auch immer ersetzt wird und Pensionär wird. Was ist daran so aufregend?

Vor allem, wo ist da das Scheitern? Der Mann, den ich übrigens nicht leiden konnte und der mir seit zehn Jahren vollkommen am Arm vorbei geht wie den meisten OZ-Lesern, hat Karriere gemacht. Das ist das Fazit. Das mit der Scheiterei ist Geschwätz. Er ist einfach durch Parteifreunde begünstigt worden, ebenso der jetzt zum CDU-Bundesstimmvieh gehörige Lietz, der mir als Nichtskönner in Erinnerung ist (aber Menschen können sich ändern). Über die Personalie wurde nicht hergefallen und doch gäbe es einiges zu berichten.

Zuletzt musste noch dies in den tendenziösen Text:
Oberbürgermeister Arthur König (CDU) gratulierte seinem Vize, ohne mit einem Wort auf den Fehlstart einzugehen.
Fehlstart? Abgesehen davon, dass der OB vielleicht froh ist, den Mann los zu sein: Hallo, er wurde gewählt und hat seinen Posten bis zur Rente. Was will er noch mehr?

Was die Leser mehr wollten, wäre z.B. dies aufzuklären. Gestern hatte der Strukturbenjamin im Kaffeesatz Gelesenes verbreiten lassen:
Wer die Personalpolitik im Rathaus verfolgt, weiß, wohin die Reise geht: Sollte Reinhard Arenskrieger heute zum neuen Vize am Rechnungshof gewählt werden, dürfte sein alter Posten gestrichen werden. 
... und machte sich damit zum Obst.
Hätte der Kaffeesatzleser doch wenigstens ahnt statt weiß geschrieben! Denn so tarnt der Selbstverobster Strukturbenjamin heute die Berichtigung seiner als Wissen ausgegebenen Kaffeesatzleserei:
Man (Wer ist man?) mag von dieser Caffierschen Sturköpfigkeit halten, was man mag (Häh?), sie sorgt aber dafür, dass der Greifswalder Haushalt jährlich mit Personal- und weiteren Unkosten im mittleren sechsstelligen Bereich zusätzlich belastet wird — weil es ohne den zweiten Mann am Dezernenten-Ruder nicht geht.
Alles klar? Richtig! Die Stelle wird wieder besetzt werden.
(Ab sofort kann der Lokalchef im Kaffeesatz nachlesen, welches Parteibuch der Nachfolger wohl haben muss. Und wieder wird er langweilen, wenn er das Ergebnis seiner Kaffeesatzleserei vervielfachen lässt.)

Statt also die Leser mit Unmengen von Quark zu langweilen, hätte die OZ dieses Thema ins Blatt heben können:
Da gibt die Stadt Geld dafür aus, planen zu lassen, wie das Stadtarchiv untergebracht werden könnte. Was dabei herauskommt, ist Käse, weil niemand im Stadtarchiv nachfragte, welche Ansprüche an ein Archivgebäude zu stellen sind. Es muss neu geplant werden.

Auch hierüber stand nichts in der Greifswalder Ausgabe, die allerdings kürzlich Halbgewalktes zum Thema beigetragen hatte:

Der städtebauliche Entwurf zum B-Plan-Gebiet 55 (Hafenstraße), der jüngst den Ausschüssen der Bürgerschaft vorgelegt wurde, erfüllt in einem entscheidenden Punkt die Anforderungen nicht. ...
Neben den Problemen, die durch den Verkauf städtischer Grundstücke weit unter Wert entstehen, und städtebaulichen Aspekten, die dringend noch diskutiert werden müssen, ist das Fehlen jedweder energetischer Aussage in der Planung völlig ausreichend, um sie an das Büro zur Überarbeitung und Erweiterung zurückzugeben. Bevor diese Anforderung nicht erfüllt ist, kann keine Entscheidung über das Projekt gefällt werden.  ... Hervorhebung von mir

1 Kommentar:

  1. Anonym13.3.10

    und dieser Posten wird mit 7.200 €
    Brutto monatlich vergoldet! Das macht in 12 Jahren bei ruhigem Verhalten 1.036.800€ Bruttoverdinst und nur darum geht es und sonst um nichts! Da kann er auch den zweiten Wahlgang abwarten, soviel Zeit muss sein.

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