28. November 2011

Hinter die grüne Maske geschaut

So kurz wie möglich berichtete die OZ:
Volksentscheid Stuttgart 21: Bahnhofsgegner scheitern
Ministerpräsident besteht auf Kostengrenze. ...
Dieses Bestehen ist so lächerlich und zugleich wählerverblödend wie die große Klappe vor den Wahlen, den unterirdischen Bahnhof verhindern zu wollen. Es erinnert zudem an die peinliche Großmäuliglkeit der Hamburger Grünen, die vor den Wahlen versprochen hatten, mit ihnen gäbe es kein Kohlekraftwerk Moorburg.

Ansonsten dies, da es um mehr ging als um einen Bahnhof:
S21-Volksabstimmung
Der Filz siegt

Bei der Volksabstimmung über Stuttgart 21 haben die Gegner des Projekts eine herbe Niederlage eingesteckt. Das war die Rache der CDU, sie mobilisierte alle Seilschaften.
Kurz vor der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 war ich in Königsbronn, meinem Heimatdorf, auf der Schwäbischen Alb. In einer großen Anzeige des "Käsbläddles", also des örtlichen Gemeindeblattes, hatten viele Gewerbetreibende einen Aufruf für S21 unterzeichnet, der Gemeinderat hatte eine Resolution für S21 verabschiedet, und mein Metzger sagte zu mir: "Was soll ich machen, wenn der Bürgermeister des will? Ich hab des auch unterschrieben. Vielleicht war's ein Fehler."

Die CDU war im März in Baden-Württemberg abgewählt worden – nach 58 Jahren eine historische Wahlschlappe. Jetzt, mit der Abstimmung zu Stuttgart 21, war für sie die Stunde der Rache gekommen. Und die CDU hat sie genutzt. ...

die S21-Gegner ... sind nun frustriert. Sie fühlen sich durch die Volksabstimmung gedemütigt – wie in der gesamten Geschichte von Stuttgart 21. Am Anfang hat die Politik ihren Protest erst ignoriert, dann belächelt und verhöhnt, schließlich diffamiert, als Nörgler, Blockierer, Freizeitanarchisten, Altersegoisten, Wohlstandsverwahrloste wurden die Bürger am Ende entwürdigt. Und in der von den meisten Medien bejubelten Geißlerschen Schlichtungsrunde wurden sie nochmals vorgeführt. Dieser runde Tisch im Scheinwerferlicht der TV-Kameras war eine Seifenoper, die Mitbestimmung simulierte und die Bürger einseifte. Heiner Geißler verdrehte im November 2010 charmant-lächelnd im Sinne von Bahn und Politik die Befunde der Anhörung, befand: "Ich halte die Entscheidung, S21 fortzuführen, für richtig". ...

Die engagierten Bürger haben eben bitter gelernt, dass ihr Engagement nichts bringt, weil sie mit allen Mitteln der politischen Kunst vorgeführt wurden. ...
Kretschmann ist ... ein Verlierer. Innerhalb von nur wenigen Monaten hat er sich vom strahlenden Wahlhelden zum Maulhelden entzaubert. Das ist keine Polemik. Sein wichtiges Wahlversprechen, die Zahlungen des Landes an die Bahn einzustellen, weil sie "verfassungswidrig" seien, hat er kurz nach Amtsantritt gebrochen mit den Worten: "Da habe ich den Mund zu voll genommen". Politisch und moralisch entzaubert steht er jetzt da. ...

Verkehrsminister Herrmann ... Versprechen, einen Stresstest für den alten Kopfbahnhof zu machen – und das wäre der essenzielle, objektive Vergleich zum geplanten Tiefbahnof gewesen – hielt er nicht ein.

Diesen Stresstest veranlassten dann engagierte Stuttgarter Bürger. Sie zahlten ihn aus eigener Tasche. Er zeigte, was man seit der Schlichtungsrunde wusste: Der alte Bahnhof ist zukunftsfähiger als der Tiefbahnhof. Er leistet mühelos mehr als der Tiefbahnhof nach der Investition von vielen Milliarden Euros jemals schaffen kann.

Falls S21 kommt, hatte Hermann versprochen, trete er als Verkehrsminister zurück. Ob er sich an dieses Versprechen halten wird? Er ist eine tragische Figur. ...
Dieser 27. November 2011 ist für niemanden ein Tag der Freude. Er bringt der Stadt keinen Frieden. Die S21-Gegner fühlen sich betrogen, vorgeführt, entmündigt, ausgetrickst, sie fühlen sich weiterhin im Recht. Für sie bleibt der geplante Kellerbahnhof der größtmögliche Unfug.

Die S21-Befürworter können auch nicht wirklich triumphieren – zwar werden sie in den kommenden Tagen und Wochen mit Häme über die Grünen und die S21-Gegner herziehen. Aber auch ihnen ist bewusst, dass die Kosten des Bahnhofs explodieren werden, dass Betrugsvorwürfe in Sachen Stresstest für den Bahnhof da sind, dass es für den für S21 notwendigen Bahnhof unter der Messe noch keine Planfeststellung gibt, dass vieles ungeklärt ist – und dass da weiterhin die Bürger sind, die vor dem Bahnhof stehen. Keine schöne Perspektive, einen Bahnhof abzureißen und in der Tiefe neu zu bauen unter massivem Polizeischutz mitten in einer Großstadt.
Die geplante Privatisierung der Bahn scheiterte 2008 an der Finanzkrise. Wahrscheinlich scheitert der wahrhaft babylonische S21-Bau an der aktuellen Euro-Krise. Man sieht ja an Griechenland, Italien und Spanien, und vielleicht müssen das die Schwaben noch lernen: Es ist nicht wirklich gut, über seine Verhältnisse zu leben.

1 Kommentar:

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Google