7. Dezember 2010

Zweifel sind angebracht

Die Greifswalder Zeitung meldet:
Größter Atom-Protest in Vorpommern: 4000 Demonstranten erwartet
Die Modernisiererin versprach den Lesern:
Die OZ wird Sie über alle Sperrungen, Umleitungen und Busverlegungen rechtzeitig informieren.
Naja, immerhin. Aber selbst daran zweifle ich, denn die Modernisiererin und der Umstrukturierer hatten kürzlich einen Aufsatz Klasse acht über ihren Besuch des Atommüllzwischenlagers am Bodden gegen Geld veröffentlicht. Allerdings hatten die Autoren allerlei Informationen nicht zum Verkauf angeboten, wahrscheinlich alles viel zu langweilig für die Leser. Doch sie hatten sich zudem verrechnet, worauf eine Leserin aufmerksam machte.

Die Berichtigung übernahm indirekt die Mantelredaktion in Rostock. Das war zwar sehr nett, aber auch der Text hatte Klippen, auf die die Leserin nicht erneut hätte aufmerksam machen müssen, wenn die Mantelredaktion der Leserin einfach ein Mail geschickt oder angerufen hätte, mit der Frage, was die Leserin sonst noch alles weiß. Aber das wäre wohl das Letzte, was Redakteure der OZ täten. Das nicht von Schlauheit kündet, hatte ich versucht, hier zu erläutern. Lieber schreiben sie Halbgewalktes und fragen nicht nach, selbst wenn sie wollten, weil ihnen der Hintergrund fehlt, den manche Leser haben.

Der Modernisiererin war es allerdings die fällige Berichtigung, wie sie der Leserin mitteilte:
Ich möchte Sie auf die heutige OZ-Ausgabe hinweisen. Ihre Frage wird umfassend durch die Berichte auf Seite 1 und 9 im Mantelteil der OSTSEE-ZEITUNG beantwortet.
Dem Hinweis folgte die Leserin und stellte fest, dass zwar die Rechenaufgabe richtig gelöst war, doch einiges offen oder einseitig dargestellt blieb, also nicht umfassend, dass ahnungslose Leser falsche Schlüsse daraus gezogen haben könnten. Sie schrieb deshalb erneut an die Modernisiererin, um die OZ auf die unausgewogene Berichterstattung hinzuweisen und Material zu liefern, damit die OZ das rechte Verhältnis herzustellen in der Lage ist:

... der Text von Herrn Rittscher wirft ... neue Fragen auf. Wir sind uns nun einig, dass im Hochsicherheitstrakt 8 des ZLN 80 Castor-Stellplätze vorhanden sind, die nur mit 74 Plätzen ausgelastet werden sollen.
Und - Frau Philipp „widersprach Ängsten, wonach weitere Hallen als Lager für Castor-Behälter genutzt werden sollen. Technisch sei das nicht möglich, zudem fehle die atomrechtliche Genehmigung.“
Frau Philipp hat Recht!  Ängste für die Hallen 1-7 braucht es nicht zu geben. Es ist der Hochsicherheitstrakt 8, der für Ängste in der Bevölkerung sorgt. Denn insgesamt sind in dieser Halle 120 Stellplätze vorhanden, davon aber 40 ohne einen Anschluss an ein Überwachungssystem. 
Wie schnell ist ein Überwachungssystem genehmigt und eingebaut? 
Wie schnell wird eine atomrechtliche Genehmigung beantragt und genehmigt? 
Warum wurde das ZLN so überdimensioniert gebaut?
(Vergleich: Das Lager Gorleben ist 180 m lang und 38 m breit – das Zwischenlager Lubmin ist 180 m lang und 120 m breit)
Es gibt noch einen Widerspruch. Im RREP (Regionales Raumentwicklungsprogramm Vorpommern) ist die Nutzung des atomaren Zwischenlagers „ausschließlich“ für die Lagerung von Atommüll aus Lubmin und Rheinsberg festgeschrieben.
Kennen Sie die Vorgeschichte?
Im Raumordnungsprogramm 1998 stand „ausschließlich“, im Entwurf des RREP 2009 wurde dagegen der Begriff „überwiegend“ festgelegt. Die Landesregierung änderte von sich aus wieder in „ausschließlich“ (veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 17.09.2010) ohne Rücksprache mit dem Planungsverband. Zu dieser Änderung im Programmsatz 6.5 Abs. 2 das ZLN betreffend gibt es ein Schreiben der Geschäftsführung der EWN an den Vorsitzenden des Planungsverbandes OB König mit dem Vorschlag, gegen diese Änderung rechtlich vorzugehen. 
Warum die Landesregierung verklagen, wenn nach 74 Castoren Schluss mit der Einlagerung sein soll?
Herr Rittscher sagt auch „Dass der Kernbrennstoff jetzt aus Frankreich zurückgeholt wird, sei in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung festgelegt worden…“ War es nicht so, dass der GRÜNE Umweltminister einen entsprechenden Antrag ablehnte, die EWN gegen die Nichtgenehmigung klagte und am Ende Recht bekommen hat? Leser der OZ wissen das, warum hinterfragt die OZ nicht Rittschers Darstellung?
Darf ich mich kurz einmischen?: Dazu müssten es auch Redakteure wissen oder die Leser fragen.
Das sind alles die Dinge, die mir nach dem Lesen der drei Beiträge durch den Kopf gegangen sind. Herr Rittscher will vor den Castor-Transporten beruhigen, doch bei mir, und wie ich weiß auch bei vielen Lesern der OZ hat dieser Bericht nicht zur Beruhigung beigetragen, ganz im Gegenteil.
Gegen das Wissen der Leserin kann die aufsatzelnde Modernisiererin einpacken.

Seitdem herrscht Stille zu dem Thema. Jedenfalls kann sich die Redaktion nicht mehr herausreden, von allem nichts gewusst zu haben, was natürlich auch sonst eine für Möchtegern-Journalisten unbrauchbare Ausrede wäre.

Wichtiger war der Rechenkünstlerin und Aufsatzschreiberin vorauszusagen, wie viele Demonstranten in Greifswald erwartet werden, dass reichlich Büttel angefordert wurden und:
Es scheint die größte Anti-Atom-Demonstration im Nordosten zu werden, die es je gegeben hat.
Statt einfach abzuwarten, wird im Kaffeesatz gelesen, wozu allerdings niemand rechnen können muss.

9 Kommentare:

  1. Edward7.12.10

    Interessant. Langsam möchte ich wissen, wer diese Frau ist. Woher weiß sie von 120 Stellplätzen? Die atomrechtliche Aufbewahrungsgenehmigung des BfS vom 5.11.1999 besagt jedenfalls 80. Wenn 120 Plätze gebaut worden sein sollen, von denen (bis jetzt) nur 80 genehmigt wurden, müsste das ja im Bauantrag von 1992 oder der Baugenehmigung vom 1994 stehen. Woher hat sie Kenntnis davon? Woher hat sie Kenntnis vom Schreiben Rittschers an OB König betreffs des ROP? Und das alles sollen auch Journalisten wissen?
    Aber auch diese so informierte Frau schmeißt einiges durcheinander (aber das macht gelegentlich sogar Greenpeace): "War es nicht so, dass der GRÜNE Umweltminister einen entsprechenden Antrag ablehnte, die EWN gegen die Nichtgenehmigung klagte und am Ende Recht bekommen hat? Leser der OZ wissen das."
    Der Antrag, gegen dessen Nichtgenehmigung durch das Land!!!! die EWN klagte, betraf nämlich
    mittelradioaktiven Abfall aus dem AKW Stade, das im ZLN konditioniert (also zur Endlagerung vorbereitet) werden sollte. Und der "Grüne" Umweltminister war rot: Wolfgang Methling (LINKE). Das wissen tatsächlich OZ-Leser. Ich selber habe darüber 2006 berichtet.
    Worauf sich aber Rittscher bezieht, sind die 2004 erfolgten Absprachen auf Bundesebene über die jetzige Einlagerung hochradioaktiven Mülls. Und da war der damalige grüne Bundesumweltminister Trittin tatsächlich aktiv beteiligt. Dokumentiert hier. Zwar von der EWN, aber sehr glaubhaft.
    Tja Ulli, auch bei deiner anonymen Kronzeugin sind Zweifel angebracht.

    AntwortenLöschen
  2. Anonym7.12.10

    Die Informationen sind nicht richtig. Richtig ist das beide, Trittin und Methling von der EWN wegen der Versagung der Genehmigung der Einlagerung von fremden Atommüll von Rittscher sprich EWN verklagt worden sind und verloren haben.
    Seit dem Bauantrag und der Genehmigung dazu, war das ZLN zu groß gebaut worden.
    Von Anfang an, hat Herr Rittscher aus wirtschaftlichen Interessen heraus, die Bevölkerung dieser Region im unklaren darüber gehalten, wass er wirklich vorhat. Wenn sie den Bauantrag kennen "Edward" wissen sie das 120 Stellplätze vorhanden sind. Davon sind 80 an die permanente Überwachung angeschlossen( was auch immer das heißen mag).
    Die anderen sind in Reserve.
    Und über eins sollte man sich auch im klaren sein, Atomrechtliche Genehmigungen und Änderungsanträge dazu können immer geändert oder ergänzt werden, Besonders im ZLN mit dem ATOMGURU Rittscher an der Spitze.
    Denn genau das versucht er gerade mit dem Schreiben an Herrn König.

    AntwortenLöschen
  3. Edward7.12.10

    nanu, mein Kommentar gestrichen? Zensur bei Blogern?

    AntwortenLöschen
  4. Er ist wieder da. Der automatische Spamfilter hatte ihn ausgesondert.
    Nix mit Zensur.

    AntwortenLöschen
  5. Anonym8.12.10

    Endlager für alle ! Wer will noch eins, wer hat noch keins ? Heute im Angebot !
    Die Nikolausaktionswoche: Bauen Sie zwei Endlager für den Preis von einem. Nur solange der Vorrat reicht. Greifen sie zu solange die Castoren noch warm sind ! Und das ist noch nicht alles. Dazu gibt´s noch einen Kipplader, eine Wasserpumpe und 5 Mio. Euro Bestechungsgeld für den Standort ihrer Wahl, gratis ! Schlagen sie ein ! Die ersten 10 Standorte bekommen noch ein Gefälligkeitsgutachten oben drauf, für nix.
    http://www.youtube.com/watch?v=Uv0S2P9MeH4

    AntwortenLöschen
  6. Anonym8.12.10

    @Edward
    Langsam möchte ich wissen, weshalb Edward nicht unter seinem Klarnamen Edgar schreibt. Oder ist Edgar das Pseudonym?

    AntwortenLöschen
  7. Edward8.12.10

    @Anonym1
    meine Informationen sind richtig,
    eine Klage gegen das von Trittin geleitet Bundesumweltministerium? das wüsste ich. Hätte Schlagzeilen gemacht. Im Gegenteil: Trittin hat die jetzige Einlagerung gegen Methling verteidigt. siehe Dokumentation von dpa
    Natürlich ist mir klar, dass Genehmigungen geändert werden können. Die Aufbewahrungsgenehmigung von 1999 beschränkte nur auf Castoren, die für den Transport und Lagerung der Brennelemente russischer Bauart entwickelt wurde. Erst 2005 erfolgte die Änderung, um die jetzige Einlagerung zu ermöglichen. Wer war damals Minister? Andererseits hatte der Bund auch keine Wahl. Er hat drei zentrale Zwischenlager: Gorleben, Ahaus und Rubenow. Die ersten beiden werden privat von der Atomindustrie betrieben und haben die Einlagerung des Bundesmülls abgelehnt. Nur das ZLN Rubenow steht in Bundeseigentum. Wohin also mit dem Atommüll aus Bundesbesitz?

    @Anonym3
    Enttarnt. ;-) Aber Edward habe ich als Nicknamen gewählt, mit dem ich meinen ganzen Internet-Auftritt bestreite. Und wer versteckt sich hinter Anonym?

    AntwortenLöschen
  8. Anonym8.12.10

    @Edward
    Richtig müsste die Frage lauten: Wer waren die Ministerinnen?
    Verantwortlich für den bundeseigenen Atommüll war/ist das BMBF.

    Antwort vom Bundesminister Herrn Trittin (BMU) an Umweltminister Prof. Dr. Methling (UM M-V):

    Wahl der rechtlich zulässigen Mittel und Wege zur Zwischenlagerung der Kernbrennstoffe aus Forschungseinrichtungen des Bundes liegt in der Verantwortung des BMBF.

    Antwort vom Bundesminister Herrn Gabriel (BMU) an Umweltminister Prof. Dr. Methling (UM M-V):

    Wahl der rechtlich zulässigen Mittel und Wege liegt in der Verantwortung des BMBF.
    Quelle: http://www.ewn-gmbh.de/uploads/media/Projekt-Historie_CASTOR_KNK_01112010_02.pdf

    Trittin hat die Einlagerung auch nicht gegenüber Methling verteidigt. Er hat lediglich darauf verwiesen, dass sein Ministerium nicht zuständig ist. Siehe oben.

    Die EWN klagte nicht wegen einer Nichtgenehmigung gegen das Landesumweltministerium. Geklagt hatten die EWN, weil das Ministerium den Antrag auf Ausweitung der Pufferlagerung auf 5 Jahre nicht bearbeitete bzw. dessen Bearbeitung hinauszögerte.

    Anonym habe ich als Nicknamen gewählt, weil ich damit meine ganzen Internet-Auftritte bestreite.

    AntwortenLöschen
  9. Edward12.12.10

    @ anonym3
    Nicht ganz. Aus der von mir verlinkten Dokumentation:
    Januar 2004: Erste Gespräche zwischen zuständigen Bundesministerien, dem Forschungszentrum und den bundeseigenen Energiewerken Nord zur Einlagerung im EWN-Zwischenlager
    Das BMBF ist zwar zuständig für das Suchen von Wegen zur Entsorgung des Atommülls von Bundesforschungseinrichtungen, aber darüber ob dieser Weg gestattet wird, entscheidet das BfS, das dem BMU untersteht.
    Für mich stellt sich die Sache so das: Der Bund stand vor der Wahl: entweder ein Zwischenlager bei Karlsruhe neu bauen oder eine bestehende Bundeseinrichtung nutzen, wo das möglich ist. Das ist einzig und allein das ZLN. Die politische, sprich finanzielle Entscheidung hieß offnebar ZLN.
    Während sich Trittin per angeblicher Nichtzuständigkeit herausredete (wie jetzt auch Röttgen), verzögerte (dein Einwand ist richtig) Methling die Genehmigung einzig und allein aus politischen Gründen. Die Rechtsgrundlage besagte etwas anderes (übrigens von der CDU-Landesregierung in den 90-er Jahren geschaffen). Dem musste das Verwaltungsgericht folgen. Ich war bei der Anhörung und Urteilsverkündung anwesend.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Google