19. Oktober 2010

Geschichten über den Rechtsstaat, die OZ-Leser nicht kennen

... weil Ruhe die erste Bürgerpflicht zu sein hat.

Wie unpopuläre Politik durchgesetzt wird
"Wir haben verdeckt agierende Beamte, die auf Befehl Steine in Richtung Polizei werfen"

... Der Mannheimer Beamte Thomas Mohr war nach Angabe des Blatts bei jenem brutalen Polizeieinsatz Ende September in Stuttgart dabei, bei dem unter anderem mehreren Demonstranten mit Wasserwerfern in die Augen geschossen wurde. Er berichtet in der Springer-Zeitung: "Wenn man scharfe Kampfhunde, ich meine die Polizei-Spezialeinheiten, mit zu einer Demonstration nimmt und sie dann auch noch ohne ersichtlichen Grund von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu. Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet. Das wussten die, die für den Einsatz verantwortlich waren, ganz genau. Sie mussten das Okay von oben haben. Von ganz oben. Mindestens vom Innenministerium." ...

Auch hier kommentiert:

Beamtete Steinewerfer?

“Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann.”

So zitiert das Hamburger Abendblatt einen Polizisten, der bei den Stuttgarter Auseinandersetzungen dabei war. Die Äußerung ist Teil einer Geschichte, in der mehrere Beamte, teiweise anonym, zu Wort kommen. Alle äußern sich kritisch über die Vorkommnisse in Stuttgart und die Situation bei der Polizei.

Bei Aussagen wie dieser bleibt nur die Hoffnung, der Polizist flunkert aus persönlicher Verärgerung. Oder die journalistische Sorgfalt trat hinter das Verlangen nach einer möglichst knackigen Formulierung zurück.

Stimmt es dagegen, stellt sich die Frage: Wer ordnet so was an und bis in welche Etage der Entscheidungshierarchie wird es gedeckt? Fast noch wichtiger wäre aber eine Antwort darauf, wieso nicht direkt beteiligte Polizeibeamte von solchen Praktiken wissen und trotzdem nicht dagegen aufstehen. Das sollte man von Staatsbürgern in Uniform durchaus verlangen dürfen. ...

Hier aus der Sicht eines Anwaltes.

Nur am Rande: Hier geht es um jene Polizisten, die unerkannt, weil vermummt, prügeln können, ohne zur Rechenschaft gezogen werden zu können, jene Polizisten, die zukünftig jeden, der sich ihrem Zugriff entwinden will, ins Gefängnis bringen können - kein Thema für die OZ, logisch.

Es sind jene Polizisten, hinter denen Bundeskriminalamt, Bundesstaatsanwaltschaft und Geheimdienst stehen. Darunter sind jene, die unbescholtene Bürger und deren Bekannte und Verwandte jahrelang überwachten, denen terroristische Absichten unterstellt wurden, deren Wohnungen kurz vor dem G 8-Gipfel in Heiligendamm durchsucht wurden, was die OZ groß und breit als Titelgeschichte brachte, denen nichts, rein gar nichts nachgewiesen werden konnte.

Wenn Sie einen echten Krimi hören wollen, dann hören Sie sich diesen an - ein Geschichte, die kaum zu glauben ist, wenn es nicht die Stasi gegeben hätte und ich nicht den "Prozess" von Kafka kennen würde, nur dass die Geschichte ab dem Jahr 2000 spielt, ganz ohne Stasi, aber mit Bundeskriminalamt, Bundesstaatsanwaltschaft und Geheimdienst, jahrelanger Überwachung - wegen nichts aber mit unserem Steuergeld. Ich war danach eine Weile sprachlos, so spannend und vor allem unglaublich war die Geschichte:

Kafka, Kanzler und da knackt nichts

Ein junger Mann erfährt durch eine Panne bei seinem Mobilfunkbetreiber, dass er von Verfassungsschutz und BKA abgehört wird. In einer Zeitung, der Polizisten die Abhörprotokolle verkauft haben, liest er ein Gespräch seiner Freundin im Wortlaut. Die Schlagzeile, seine Verhaftung als angeblicher Gründer der terroristischen Vereinigung "Militante Gruppe" stehe unmittelbar bevor, lässt ihn wochenlang bei jedem Geräusch hochschrecken. Nach sieben Jahren vergeblicher Bemühung um Aufklärung, nach Hausdurchsuchung und schließlich doch noch erfolgter Verhaftung zieht das Bundesverfassungsgericht eine Grenze. Der "Terrorist" erhält Akteneinsicht, das Verfahren wird eingestellt. Obwohl die Geheimdienste sich der Aufklärung verweigern, lässt sich die paranoide Geisteshaltung der Ermittler anhand ihrer eigenen Aufzeichnungen nachvollziehen. Ist das ein seltener Glücksfall? Oder ist es ein Unglücksfall - weil alles andere als selten? In Deutschland wird 30-mal mehr abgehört als in den USA.

Nachtrag, 20. Oktober:
Der NDR hat nur eine Kurzfassung zum Nachhören. Dradio bietet wenigstens das Manuskript als pdf oder als Textdatei an.

1 Kommentar:

  1. Anonym19.10.10

    Na toll, Lügen über Lügen.
    Sie mussten das okay von oben haben, von ganz oben.

    Beamtete Steinewerfer?
    Selber Chaos schaffen, um einen Grund zu haben, loszuknüppeln.

    Wie fing bisher jeder Krieg an?

    Ja, mit einer Lüge und es klappt immer wieder.

    Wie kann man feststellen, dass der Anschluss abgehört wird?
    Ist ein Rauschen in der Leitung oder die Verbindung so schlecht, dass man sich nicht versteht oder hat man das Gefühl, in einen leeren Raum zu sprechen?

    Das wird gemacht, angeordnet, ohne dass der Betroffene oder besser der Ausspionierte davon etwas weiss?
    Das geht?
    Vermutet habe ich es schon eine ganze Weile, aber wenn dann die Bestätigung kommt... ich bin platt.

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