31. Juli 2008

OZ entdeckt Lücke, die keine war

Ich habe nachzutragen, dass die OZ veröffentlichte:
Teure Mahnungen für Hartz-IV-Empfänger
Datenschützer und Opposition in MV sind empört. Grund: Drohbriefe privater Schuldeneintreiber an Bezieher von Arbeitslosengeld II. ...
Und was ist mit den Betroffenen? Die hat der Autor nicht gefragt. Wozu auch? Es gibt doch Politiker, die sich gern befragen lassen. Also, wozu sich sinnlos mühen?!

Der Autor schrieb einen Kommentar:
Fragwürdig
Die Wege des Herrn sind unergründlich, heißt es in der Bibel. Die Wege der Landesregierung sind es offenbar auch. Jüngstes Beispiel: der Umgang mit Hartz-IV-Empfängern. Während sich das Justizministerium rühmt, kostenlos Rechtsberatung für Sozialhilfeempfänger anzubieten, überlassen Kreise und Kommunen privaten Schuldeneintreibern ihr Mahnwesen - mit dem Segen des Innenministeriums. Zwei Seiten einer Medaille, die einfach nicht zusammenpassen wollen.
Was ist daran unergründlich? (Übrigens ist nicht die Regierung der Herr im Land.) Jeden Cent, den die Kommunen weniger ausgeben, braucht sich die Landesregierung in ihrem Sparwahn (am falschen Ende, schließlich haben Landesbedienstete für Dong energy gearbeitet, schließlich war Geld für G 8 da) nicht abbetteln zu lassen.
... Interessant ist vielmehr die Frage, warum sich Behörden von ureigenen, hoheitlichen Aufgaben trennen. Die Antwort ist einfach: Das Dilemma beginnt - wie so oft - mit leeren öffentlichen Kassen. Wenn kein Geld da ist, um ausreichend Personal für Mahnverfahren einzustellen, ist Outsourcing die logische Folge.
(Der Link ist von mir. Die OZ, die ganzseitig erklärt, dass es heiß ist und wie sich die Leser gegen große Hitze schützen können, hält es nicht für nötig, den Begriff zu erklären oder mit deutschen Wörten zu umschreiben. Dabei ist es ganz einfach, mit dem Fremdwörterbuch.)

Nicht nur hier gibt die öffentliche Hand Aufgaben aus der Hand.
Kürzlich hat die Greifswalder Bürgerschaft dafür gesorgt, dass es der Kommune zukünftig schwer fallen wird oder sogar unmöglich sein wird, "die Verfügbarkeit von Wohnraum als existenziell wichtiges Gut zu sichern".
Das ist also interessant, jedoch nicht für die Greifswalder Redaktion. Die hat in ihren Jubelartikeln über die zukünftige Schuldenfreiheit der Stadt dieses Problem nicht einmal erwähnt.
Erleichtert wird dies durch Paragraph 59 der Kommunalverfassung. Dieser Abschnitt, fast wortgleich aus der DDR-Gesetzgebung übernommen, regelt die Übertragung von Verwaltungsaufgaben an Dritte. Ursprünglich erdacht für das Schreiben von Amtspost, geht es heute um das Abfassen von Mahnbriefen. So ändern sich die Zeiten. Öffentliche Verwaltungen nutzen eine alte DDR-Lücke im Gesetzestext. Das mag zwar legal sein. Moralisch einwandfrei ist diese Praxis deshalb noch lange nicht.
Vor allem ist eine Geisteshaltung des Autors bedenklich, moralisch und journalistisch: eine alte Lücke im DDR-Gesetz? Böse DDR?

Das ist Quatsch, es gab die Lücke in alten Zeiten nicht, weil keine Kommunalverwaltung auf die Idee kommen konnte, private Schuldeneintreiber für sich arbeiten zu lassen. Es gab keine privaten Schuldeneintreiber, also auch keine Gesetzeslücke. Die Lücke entstand erst, als gesamtdeutsche, nicht ausreichend umsichtige, Gesetzesschreiber die Lücke entstehen ließen. So alt ist sie also nicht.
Aber diese Lücke, die es nicht gab, auf die DDR-Gesetzgebung abzuwälzen, ist fies, denn die DDR kann sich nicht mehr wehren.

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