12. Oktober 2011

Krämer-Journalismus

Ein Leser wies mich darauf hin, dass die OZ einen Widerspruch in der eigenen (?) Berichterstattung nicht bemerkt. (Danke).
Gestern hatte die OZ dies unter die Leser gebracht:
... Eine Studie im Auftrag der DEHOGA (Link von mir) belegt den beiden Zeitungen zufolge eine äußerst positive Entwicklung der Branche im Land. Danach verzeichnet sie satte Umsatzzuwächse, Betriebserträge weit über Bundesschnitt, unterdurchschnittliche Kapitallasten sowie günstige Mieten und Pachten. Mit einer Leistung von 821 Euro je Einwohner des Landes ordnet sich das hiesige Gastgewerbe in die Top fünf des Länderrankings ein. Beim Lohnniveau ist Mecklenburg-Vorpommern weiter Schlusslicht.
Doch solch eine Studie besagt natürlich nicht viel, denn:
Barsewitz (Landesgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes DEHOGA) bestätigte die Aussagen der Studie auf Anfrage. Allerdings ist die Situation in den Hotels und in den Restaurants unterschiedlich. „Der Hotellerie geht es gut. Wir haben aber auch Gastronomiebetriebe, die sehr schlecht dastehen“, betonte er. Würden Tarifverträge nach Leistungsfähigkeit der Hotels abgeschlossen, „würde die Gastronomie über die Klinge springen“. ...
Warum wurde die Studie überhaupt in Auftrag gegeben, wenn deren Inhalt dann kleingeredet wird?

Ende September durfte sich jemand in der OZ in epischer Breite ausheulen:
Magere Gewinne bremsen Investitionen im Gastgewerbe — Hotels sollen teurer werden
Dehoga-Präsident Guido Zöllick kündigt höhere Preise für Übernachtung und Bewirtung an. ... 
Die Umfrage hat auch ergeben, dass die Gewinne noch zu gering, die Belastung durch Altkredite zu hoch und die Eigenkapitaldecke zu dünn ist. ...
Ich hatte dazu eingetragen und weise auf den Kommentar zum Eintrag hin, der ein Thema anspricht, über das die OZ seinerzeit schwadroniert hatte:
„Die umstrittenen Steuererleichterungen für das Gastgewerbe lösen in Mecklenburg-Vorpommerns Tourismusbranche offenbar einen Investitionsboom aus. Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) wollen die Hoteliers in diesem Jahr landesweit bis zu 100 Millionen Euro für Modernisierung und Erweiterung ausgeben“

http://www.ad-hoc-news.de/nach-steuersenkung-kuendigen-hoteliers-investitionen-an--/de/Nachrichten/21184074
Die OZ hatte schon Anfang des Jahres Quark verbreitet, zu dem ich eintrug:
Hoteliers halten Wort: Mehr Komfort für Gäste
Dank der gesenkten Mehrwertsteuer können viele Häuser ihr Inventar erneuern und dem Personal mehr Geld zahlen.
Aber zurück zum Widerspruch:
Der Branche geht es gut, sagt der Landesgeschäftsführer des DEHOGA. Sie habe satte Umsatzzuwächse, Betriebserträge weit über Bundesschnitt, unterdurchschnittliche Kapitallasten sowie günstige Mieten und Pachten.
Der DEHOGA-Präsident quakt von mageren Gewinnen, um Preiserhöhungen schmackhaft zu machen. 
Die OZ gibt die gegensätzlichen Aussagen in zwei sog. Berichten wieder - und die OZ plappert nach und hält das für kritischen Hochwertjournalismus.
Zum Thema hat sich ein Leser an die Schweriner Volkszeitung gewandt, weil dort, im Gegensatz zur OZ, seine Leserbriefe veröffentlicht werden:
MANFRED PETERS 11.10.2011 10:18
Zwei Wahrheiten???
In der OZ war kürzlich genau das Gegenteil zu lesen:
„Magere Gewinne bremsen Investitionen im Gastgewerbe — Hotels sollen teurer werden
Dehoga-Präsident Guido Zöllick kündigt höhere Preise für Übernachtung und Bewirtung an. ...
Die Zahlen sind ein Alarmzeichen, sagte Verbandsgeschäftsführer Uwe Barsewitz. ...“
www.ostsee-zeitung.de/ozdigital/archiv.phtml
Nun ist die OZ ja dafür bekannt, dass sie ungefiltert und ungeprüft neoliberalen Unsinn vervielfältigt. Wie war es noch mit der Senkung der Mehrwertsteuer für das Hotelgewerbe durch die Mövenpieck-Partei?

4 Kommentare:

  1. Edward12.10.11

    die OZ plappert nicht nach, sondern hat die Darstellung des Landesgeschätsführers widergegeben. Ich frage mich langsam, was dich zu einem Watch-Blog berechtigt, wenn du die (inhaltliche) Grundaufgabe des Journalismus gar nicht mehr intus hast. Noch einmal: Die Zeitung berichtet von Ereignissen, wobei auch Stellungenahmen und Meinungsäußerungen Ereignisse sind. Die OZ hat das Gequatsche des Barsewitz nur widergegeben. Insofern war auch der Widerspruch (wobei ich nicht erkennen kann, wo da ein Widerspruch ist) nicht in der BE der OZ, sondern in den Ausführungen des Barsewitz. Der Redakteur hat viel mehr das Geeiere von Barsewitz deutlich gemacht (wenn es denn Absicht war und nicht daraus entstand, dass auch er nicht verstanden hat, was Barsewitz eigentlich sagen wollte.
    Auch hat der Verfasser sehr wohl den Daumen auf die wunde Stelle gelegt und nachgefragt.
    Und wozu die Studie dient, wurde auch deutlich: In Vorbereitung der Tarifverhandlungen wollte die DEHOGA belastbare Zahlen.

    Und was sollte dein Link? Da finde ich keine Studie. :-/ Auch ergoogeln kann ich sie nicht. Außerdem stellt sich für ich die Frage, welche Aussage die Zahl "821 Euro Umsatz je Einwohner" haben soll. Ein Kriterium für den Wohlstand in der Branche? So ein betriebswirtschaftlicher Schwachsinn.

    AntwortenLöschen
  2. Edward12.10.11

    Nachtrag: Beim Googeln nach der Studie musste ich erkennen, dass die OZ nicht selbst recherchierte, sondern wieder einmal dpa abgedruckt hatte, die offenbar dem Rechercheergebnis von der SVZ (veröffentlicht am 10.10.)nachging.
    Hier die dpa-meldung und den SVZ-Artikel vom 10.10. auch in der NNN

    AntwortenLöschen
  3. Manfred Peters12.10.11

    @ Edward
    Wenn du schon mal am gurgeln bist, mach das doch mal im Archiv der OZ mit dem Suchwort „DEHOGA“ ohne Zeitbeschränkung!
    Die Maximalzahl von 200 Treffer wird erreicht. Es geht von „Dehoga: Neuer Webauftritt“ über „Steuern gesenkt: Jetzt investieren Hoteliers in MV“, „Dehoga-Chef feierte 60. Geburtstag“, bis ...!
    Die OZ die Werbezeitschrift der DEHOGA!!!
    Noch Fragen Edward?

    AntwortenLöschen
  4. Es ging darum, dass ein Dehoga-Mann Ende September bejammerte, die Unternehmen hätten so wenig Gewinn, dass sie nicht investieren könnten. Gestern berichtete ein anderer Dehoga-Mann, dass es den Unternehmen, nicht allen, so herrlich gut gehe. Das ist der Widerspruch, dem niemand in der OZ nachging. War ja auch nicht möglich, wenn kopieren und einfügen als Redakteursarbeit angesehen wird.

    Der Link sollte nur für Nichtauskenner ein Hinweis auf den Dehoga sein. Dass die Studie nicht veröffentlicht wurde, kann ich gut verstehen, wenn der Auftraggeber die Ergebnisse im Nachhinein schlechtreden muss.

    Noch dies:
    Zu einem Watch-Blog berechtigt mich nichts und niemand. Ich wüsste auch nicht, wer mir eine Berechtigung ausstellen würde. Ich blogge einfach so, äußere auf diese Weise frei meine Meinung.
    Das erinnert mich an den Malermeister aus Greifswald der sich darüber erregte, dass Leute ohne Genehmigung demonstriert hätten. Er hatte immer noch nicht mitbekommen, dass es keiner Genehmigung bearf, sondern eine Anmeldung genügt.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Google