18. Januar 2011

Kritischer Hochwertjournalismus - ein Gegenbeispiel

Habe noch von gestern nachzutragen, dass die Usedomer Redaktion den Lesern auf der lokalen Titelseite einen großen Reklameartikel für das Steigenberger-Hotel verkaufte. Gut trainiert war der Autor durch ähnliche Anlässe, der auch seine Auffassung von Kreativität an die Leser verkaufte:
Im Laufschritt durch Usedoms neue Nobel-Herberge
Es war also eine Art Körperertüchtigung, was so wichtig war, dass es zum Thema der Schlagzeile wurde.
Die Arbeiten laufen auch Hochtouren (laufen also nicht auf einer unbekannten Zahl von Beinen, wie alle anderen Läufer, sondern auf Hochtouren, möglichwerweise so eine Art Stelzen?): Am 13. Mai soll das neue Grandhotel in Heringsdorf eröffnet werden. Direktor Ilgo Hagen Höhn gewährt einen exklusiven Blick hinter die Baustellen-Kulissen.
Er gewährte einen Blick, einen exklusiven auch noch, also nur Plottke. (Hat der Notkurier vielleicht darauf verzichtet?) Welch eine Ehre, die PR des Steigenbergers vervielfältigen zu dürfen. Hat der Autor Plottke etwa darum betteln müssen, etwas gewährt zu bekommen, oder lud der Direktor ihn ein? Fragen Sie Plottke.

Seltsam sind die Baustellen-Kulissen. Was ist das? Ist das Hotel längst fertig, und nur Kulissen erwecken den Anschein, es sei noch eine Baustelle? Oder wird gar nicht gebaut, weil es sich nur um Kulissen handelt? Schlimm, wie der Autor die deutsche Sprache misshandelt.

Da der Direktor durch die Hotelbaustelle eilte, blieb natürlich keine Zeit zu fragen, wie viel Prozent der Grundstückes mit Hotelgebäuden bebaut wurden, wie viel für Parkplätze verbraucht werden, und wie hoch der Anteil an Grünflächen ist.
Es blieb dem Autor auch nach dem Umherrennen keine Zeit für die Überlegung, was es für den Straßenverkehr bedeutet, wenn die etwa 200 Zimmer in der Hochsaison belegt sein sollten.
Es blieb keine Zeit zum Nachforschen, was denn noch alles in diesem Jahr und den nächsten Jahren eröffnet wird und den Massentourismus noch massiver werden lässt.
Es blieb auch keine Zeit zu fragen, welche Klientel im Steigenberger übernachten soll, wenn einerseits das billigste Zimmer mindestens 140 Euro (nur Übernachtung oder mit Frühstück?) kosten soll und 450 Euro nicht die Obergrenze sind und die Gäste andererseits als Gegenleistung den Massentourismus auf der Insel erleben, der bereits im Hotelkomplex beginnt.

Dass der Autor keine Ahnung hat, was eine kritische Sicht ist, ist allein aus diesem Satz ablesbar:
auf den einschlägigen Internetportalen kann der Traumurlaub schon jetzt gebucht werden.
... was die Insulander ganz besonders wichtig finden, weil sie nun endlich der häuslichen Enge entfliehen können und endlich ein Urlaubsziel haben: das Steigenberger auf Usedom.

Der Autor hielt es auch nicht für notwendig, Werbevokabeln zu hinterfragen und den Lesern zu erläutern (Wozu auch, es ging doch um Werbung.) und zeigte zugleich sein Verhältnis zu seinem Handwerkszeug, der deutschen Sprache:
Pre-Opening-Erfahrung
Spa-Bereich
SpaWorld

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