7. Oktober 2009

Gefährlicher Langweiler

Zu den beiden Texten über den Möchte-gern-ein-Kraftwerk-Bauer und den Projektgegner:
Zum Einfachen:
Angekündigt wurde auf der Titelseite, die Texte sollten auf Seite 13 einiger Lokalausgaben zu lesen sein. Sie erschienen jeweils auf Seite elf. Doch das ist nur eine Kleinigkeit, die laut OZ ein Zeichen für Hochwertiges sein soll.

In den Texten findet sich wesentlich Schlimmeres.
Ich schicke noch dies voraus: Die Texte erwecken den Eindruck, dass zuerst Giftschleuder-Gegner Jelinski befragt wurde und dann Gedbjerg die Gelegenheit erhielt, darauf zu reagieren.
Und noch dies: Mir ist nicht klar, warum die Artikel geschrieben werden mussten, es sei denn, es war wieder einmal Werbung für Dong fällig. Die Kraftwerksgegner hatten jedenfalls nicht die Idee, denn sie warten auf das Ende des sog. rechtsstaatlichen Genehmigungsverfahrens, ganz im Gegensatz zu den Befürwortern.

Der Greifswalder Redakteur ließ sich bildlich vollständig von Gedbjerg einwickeln (nichts Neues in der Greifswalder Redaktion), oder er teilt des Dänen Ansichten. Beides führt nicht zu einer journalistischen Leistung, sondern zu Schönschreiberei, wie sie Gedbjergs PR-Mitarbeiter kaum hinbekommen hätte.
Manager: "Ich bin stolz, für Dong zu arbeiten"
Im November soll entschieden werden, ob ein Kohlekraftwerk in Lubmin gebaut werden darf. ...
Woher weiß der Autor das? Ich nehme an, von Gedbjerg? Und woher weiß der das? Oder hatte sich der Autor in der Genehmigungsbehörde schlau gemacht? Letzteres grenzte an ein Recherche-Wunder.
In den ersten beiden Absätzen wird der gute Mensch aus Dänemark geschildert, wie wir ihn schon aus der OZ kennen.

Zur ersten Gedbjergschen Unterstellung werden die Leser so geführt:
Die Geschäftsstelle des dänischen Energiekonzerns wirkt wie eines der vielen ausgestellten Arbeitszimmer in einem Ikea-Möbelhaus. Weiße Möbel, helle Sessel. (Als wäre das von irgendeinem Belang.) An allen Wänden hängen Fotomontagen, die von verschiedenen Orten in Vorpommern den Blick auf das geplante Kohlekraftwerk vorwegnehmen. "Ich weiß nicht, warum die Leute immer von einem Kühlturm reden, der über Kilometer hinweg sichtbar wäre. Bei uns gibt es keinen Kühlturm, gerade das ist ja unser Konzept." Gedbjerg schäumt ein bisschen, wenn er das sagt.
Ich schäumte gestern, weil der Autor es unterließ zu fragen, wer denn die Leute seien, die Gedbjerg einen Kühlturm vorgeworfen haben. Er unterstellt (welchen?) Leuten, dass sie hochgradig ahnungslos sind. Die Gegner des Projektes kann er nicht gemeint haben - es hört sich aber so an - denn einer ihrer Kritikpunkte ist ja gerade die Boddenerwärmung durch das Kühlwasser. Unfassbar, für wie blöd der Projektleiter und der Autor die Leute hier halten müssen!

Interessant ist eher, dass Gedbjerg mit solchem Märchen von den entscheidenden Nachteilen des Kraftwerkes ablenkt. Natürlich ist es wichtig, wie groß das Maschinenhaus sein wird und wie hoch der Schornstein. Entscheidend sind andere Faktoren, die natürlich nicht zur Sprache kommen, aber über die ich massenhaft gebloggt habe.

Dochdoch, er hat alle Gegner des Projektes gemeint, damit die Bürgerinitiativen, die Umweltverbände und die Grünen miteinbezogen und damit eine glatte Lüge serviert:
Er scheint nicht recht zu wissen, ob ihn die Gegner des Kraftwerkes manchmal absichtlich falsch verstehen wollen. Ihn, den Bilderbuch-Dänen mit seinem sympathisch wirkenden Akzent. Dabei gibt er sich Mühe, sein Deutsch zu perfektionieren.
Ich nehme an, dass sein PR-Berater Deutschbein beim Formulieren half. Wenn nicht, hat Gedbjerg die Feinheiten der deutschen Sprache längst gelernt, besser als der Autor, der nicht merkte oder nicht merken wollte, wie er für Propaganda ausgenutzt wurde.

Und gleich berichtete Gedbjerg genau das Gegenteil von dem, dass er zumindest in diesem Artikel tut, nämlich zu taktieren:
... und gibt im gleichen Atemzug zu, dass es ihm schwer falle bei Podiumsdiskussionen oder anderen Terminen, im Deutschen so zu taktieren, wie es die Gegner des Kohlekraftwerkes gern tun.

Einige von Ihnen kennt er inzwischen persönlich. "Es sind ja immer die Gleichen." Gedbjerg glaubt nicht, dass sie in der Region eine Mehrheit stellen. Seine Rechnung geht so: "Sehen Sie, wir haben einen Stapel mit etwa 500 Bewerbungen für das neue Kraftwerk. Zur Protestbewegung zählen wir im Kern 400 Personen." ...
Haben Gedbjerg und der Autor nicht gemerkt, dass auch Gedbjerg immer der Gleiche ist? Der Unterschied ist nur, dass Gedbjerg sich das zum Beruf machte, wofür er bezahlt wird und die meisten Gegner unbezahlt Lebenszeit aufwenden und sogar Geld dafür ausgeben, um nachzuweisen, dass die Giftschleuder eine Giftschleuder ist. Auch wird unterdrückt, dass öffentliche Proteste nach der Anhörung gering gehalten wurden.

Gedbjerg glaubt (Glauben hat nichts mit Wissen zu tun.) nicht an eine Gegner-Mehrheit, und der Autor schrieb es auf, statt nach Fakten zu suchen und den Mann damit zu konfrontieren. Schon sind die Zehntausende Unterschriften gegen das Kraftwerk vergessen, vergessen sogar die Umfrageergebnisse, die das Gegenteil belegten.
Übrigens dieser Gedanke fehlt natürlich völlig: Selbst wenn alle Vorpommern für die Giftschleuder wären, dürfte sie nicht gebaut werden, wenn sie z. B. aus Umweltschutzgründen nicht genehmigt würde. Solche Gedanken sind dem Autor offensichtlich völlig fremd.

Für wie dumm Gedbjerg den Autor und die Leser hält, geht aus der Rechnung hervor. Ich verweise auf den Kommentar von psyche, auch wenn ein anderer Kommentator meint, ein Porträtierter dürfte Äpfel mit Birnen vergleichen. Der Meinung bin ich nicht, denn es ist Leserverblödung, die betrieben wird. Der Autor, wollte er ein Journalist sein statt ein Aufschreiber, hätte Gedbjerg danach fragen müssen.
Im "Sydhavn", wo die Kohle auf Lager liegt, wurde bis vor wenigen Tagen auch die "Sea Power" beladen, ein Montageschiff für Offshore-Windräder. Das Schiff schleppte die Teile während der Bauzeit gut 50 Kilometer hinaus auf die Horns-Rev-Sandbank. 91 Windräder bilden an dieser Stelle in der Nordsee zur Zeit den weltgrößten Offshore-Park. Gesamtleistung: 209 Megawatt. Im September wurde die Anlage eingeweiht. Der Auftraggeber und Betreiber heißt Dong.
Ist ja schön - für die Dänen. Doch warum in aller Welt wollen die Donger in Vorpommern diese Giftschleuder bauen? Keine Nachfrage des Aufschreibers.
Es ist doch geradezu eine Verhöhnung der Vorpommern, wenn Gedbjerg mitteilt, Dong könne auch anders, aber nicht in Vorpommern. Der Aufschreiber merkte es nicht.
Peter Gedbjerg kam Anfang Dezember 2006 zum ersten Mal nach Vorpommern. Er liebt die Weite des Landstrichs. "Kein Haus stört den Blick über die Felder. Das ist in Dänemark anders."
Das mit dem anders kenne ich anders. Aber ich kann das nicht beurteilen, war nur ein paar Mal in Dänemark, bin ja schließlich kein Däne. Doch darauf kam es nicht an. Es kam darauf an, dem OZ-Lesenden bildlich Honig ums Maul zu schmieren; der Autor schmierte mit.
Damals landete er an einem ungemütlichen Wintertag mit einer kleinen Delegation in Heringsdorf. "Ich habe am Flugplatz gefragt, das wievielte Flugzeug wir in dieser Woche sind." Daraufhin habe man ihm geantwortet: "Sie sind der Flieger der Woche." Ein neues Kraftwerk könne die Region nur voranbringen, dachte sich Gedbjerg. ...
Jawoll, der Fortschschrittsbringer! Was meinte er mit dem Voranbringen, mehr Flugverkehr über Usedom? Soll die Kohle nunmehr eingeflogen werden? Der Autor fragte nicht nach; ist auch egal, Hauptsache voranbringen, wo vorn ist, spielt dabei keine Rolle.

Zum Schluss des Artikels die bösesten bildlichen Tretminen:
Fast seinen Job gekostet hätten ihn die Bestechungsvorwürfe Anfang 2008. Lubmins früherer Bürgermeister Klaus Kühnemann hatte damals das Verfahren mit ins Rollen gebracht. Angeblich hätte ihn ein Dong-Mitarbeiter auf die leeren Gemeindekassen aufmerksam gemacht.
Soso, das Verfahren hatte Kühnemann mit ins Rollen gebracht, geschickt formuliert. Die OZ hat mehrfach dieses Märchen verbreiten helfen und musste sich schließlich berichtigen lassen, und tat das auf eine niederträchtige Weise.
Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein, und Kühnemann wurde derweil abgewählt. ...
Ob die Einstellung der Ermittlungen und die Abwahl in einem Zusammenhang stehen, wie es hier indirekt unterstellt wird, fragte der Autor nicht nach.
Gedbjerg ... ärgert es, dass bei dem Energiekonzern jeder Fakt zehnmal hinterfragt und im Zweifel als unwahr abgetan werde, die Kraftwerksgegner mit ihren Argumenten aber immer durchkämen.
Das jeder Fakt hinterfragt wird, müsste Gedbjerg als völlig normal ansehen, es kann gar nicht oft genug sein, geht es doch darum, am Bodden jährlich zehn Millionen Tonnen Kohlendioxid zu erzeugen, hunderte Kilogramm Quecksilber und andere Gifte wie Cadmium in die Atmosphäre zu jagen, die Luft mit Tonnen von Feinstaub anzureichern, den Bodden zu erwärmen, die Tier- und Pflanzenwelt zu schädigen usw. Von all dem ist in dem Artikel nicht die Schreibe. Das Wort Umwelt kommt nicht ein Mal vor.

Wie unbedingt nötig das Nachfragen ist, wurde doch während der Anhörung, der die OZ weitgehend keine Beachtung schenkte, mehr als hundert Mal belegt. Wären OZ-Verteter regelmäßig dabei gewesen, wüssten sie darüber Bescheid, auch darüber, dass es nicht um Kleinigkeiten ging, dass die Gutachter dutzendfach eingestehen mussten, Fehler begangen zu haben und nacharbeiten mussten. Dong hat immer noch nicht alle Nacharbeiten abgeliefert, auch wenn der Artikel den Eindruck erweckt (von wegen Genehmigung im November).
Es sei großer Quatsch, dass das Kraftwerk, so wie es in Lubmin geplant ist, in Dänemark nicht genehmigungsfähig sei. "Haben die noch nicht gemerkt, dass wir auch zur EU gehören?"
Nun, wie ist das genau mit dem Quatsch? Die erste Nachfrage wäre doch gewesen, ob das Kraftwerk auch ohne Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) genehmigungsfähig wäre. Davon spricht weder Gedbjerg, noch der dänische Botschafter in Berlin. Der bestätigte der Bürgerinitiative, dass solch ein Kraftwerk genehmigungsfähig wäre, ging jedoch ebenfalls nicht auf die KWK ein:

... kann ich Ihnen mitteilen, dass in der dänischen Gesetzgebung nichts dagegen spricht baugleiche Kraftwerke des für Lubmin geplanten Typs zu bauen.
Bitte haben Sie außerdem Verständnis dafür, dass es sich hierbei um ein Firmenanliegen handelt.


Aha, das Anliegen einer Firma, die allerdings dem dänischen Staat gehört.

Hier eine andere Meinung zu der Genehmigungsfähigkeit und stellen Sie sich vor, nicht ein Mitglied der Bürgerinitiative hätte nachgefragt (Vielen Dank!), sondern jemand von der OZ (sollte ein Witz sein):

Mein kompetenter Umweltredakteur bei unserer Zeitung (Nordschleswiger) hat mir folgendes mitgeteilt zum "Kraftwerke Fernwärme Dänemark”:

"Ich habe jetzt doch noch jemanden in Energistryrelsen zur Frage
erwischt.

Sigurd Laug Pedersen erklärte mir, dass sämtliche zentralen Kraftwerke in Dänemark, die überwiegend mit Kohle befeuert werden, auch Überschusswärme in Fernwärmenetze einspeisen. Z. B. in Apenrade wird beim Enstedtwerk allerdings nicht die gesamte Überschusswärme genutzt, weil die umliegenden Orte zu klein sind. Wegen der stärkeren
Nutzung der Fernwärme in großen Städten sind die Großkraftwerke dort rentabler und relativ klimaschondender.
In Dänemark ist es aber nicht ausdrücklich verboten, Kraftwerke ohne Fernwärmenutzung zu bauen. Pedersen sagte, es werden auch seit langem keine neuen Großkraftwerke in Dänemark gebaut. Man erinnere sich, dass zur Verringerung des Kohlendioxidausstoßes u. a. auch in Apenrade ein Teil des Brennstoffes Kohle durch Biomasse ersetzt
wurde.
Ich denke, es wäre in Dänemark heute nicht möglich, ein
Kraftwerk ohne Fernwärmenutzung durchzusetzen.
(Hervorhebung von mir, E.)

In DK gibt es 16 zentrale Großkraftwerke, 285 dezentrale
Kraftwärmewerke und 130 dezentrale Fernwärmewerke. Außerdem 380
private Kraftwärmewerke und 100 Fernwärmewerke."

Nun, wenn es also so sein sollte, dass der Neubau von Kohlekraftwerken ohne KWK in Dänemark nicht ausdrücklich verboten ist, es aber keine gibt, wäre doch zu fragen, warum das Königreich Dänemark, dem Dong gehört, es zulässt, dass vier Milliarden Euro im Ausland investiert werden und in Dänemark lieber Windkraftanlagen baut.

Sehe gerade, die OZ veröffentlicht online einen Leserbrief dazu. Allerdings wurde der letzte Satz von einem Online-Redakteur gestrichen, ein bisschen Zensur muss sein:


Darauf hätte Benjamin Fischer den Projektleiter ansprechen müssen.

1 Kommentar:

  1. Anonym7.10.09

    Eine Genehmigung in diesem Jahr ist mit einer EU-Beteiligung vollkommen ausgeschlossen und ohne Beteiligung nicht vorstellbar. Es hat denn Anschein als war Gedbjergs Werbebotschaft, der letzte Versuch uns weiss zu machen, was uns den alles "verloren" geht wenn keine Genehmigung kommt. Die Signale die Dong aussendet deuten auf eine Verabschiedung hin und das ist auch gut so. Gedbjerg es bleiben dir noch 5 Stunden Fahrzeit bis nach Hause, um in Esbjerg die Pläne zum Wohle eures Landes umzusetzen. Deine Landsleute werden Stolz auf ihren Helden sein,wenn er wieder im Lande ist. Er der Held,der eine einmalige Wertschöpfung ins Heimatland geholt hat, als soooo... viel Geld im Ausland anzulegen, wo man mit dieser Investition nicht willkommen ist. Bei uns kannst du ja dann auch ein Held werden. Dazu ist es nur erforderlich wenn du deinen Konzern überzeugst in Lubmin E- Autos zu bauen und damit Tausende von Arbeitslosen in Arbeit bringst, dann stehen dem zweifachen Helden alle Türen offen. Ein Denkmal für die Rettung vom Königreich Dänemark und für das arme Vorpommern (Deutschland) ist dir sicher, versprochen.

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