2. Dezember 2011

Über Qualifikationen

Es ist ja nicht schlimm, einem Jungminister Platz in der OZ einzuräumen. Doch was dabei herauskam, ist teilweise lächerlich:
„Wir werden 2016 nur noch 70 000 Arbeitslose haben“
Das ist reine Spekulation, großmäulig außerdem und hat wegen der vielfach geschönten Arbeitslosenstatistik wenig mit der Wirklichkeit zu tun.
Neu-Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) spricht mit der OZ über Minister-Ehren, Asbest-Gefahren — und warum MV einen Freizeitpark braucht. ...
Jetzt eine gute Frage:
OZ: Sie sind Diplom-Krankenpfleger und Sozial-Experte. Was qualifiziert Sie für Ihr neues Amt?
Glawe: Ich gehöre seit 17 Jahren dem Landtag an. Ich habe Kommunalpolitik von der Pike auf gelernt. Themen wie Gesundheitswirtschaft, Telemedizin, Förderung von Handwerk und Mittelstand sowie Städtebau habe ich auf kommunaler Ebene jahrelang mitgestaltet. Als Fraktionschef gehörte Wirtschaft zu den Schwerpunkten. 
Meinetwegen; aber jetzt kommts:
Denken Sie nur an die Werftenkrise, den Streit um das Kohlekraftwerk Lubmin oder die Wirtschaftsförderung im Land. Ich bin überzeugt, ausreichend qualifiziert zu sein.
Wie bitte, keine Nachfrage? Nein, nichts. Ich hätte da etwas:
- Glawe war ein eifriger Verfechter der Giftschleuder am Bodden, einer der Märchenerzähler, der zu den Verlierern gehört, weil das Kohlekraftwerk nicht gebaut wird. Das ist also ein Grund, Wirtschaftsminister zu werden?
- Ist die Werftenkrise vorüber? Nein. Das qualifiziert ihn also zum Wirtschaftsminister?
- Über die Wirtschaftsförderung des Landes, die Glawe mitbeeinflusste, ist in der OZ so gut wie nichts zu lesen. Sind ja auch nur Ihre Steuergelder, die über Jahrezehnte z.B. in Hotelbauten verpulvert wurden. Das alles hat Sie nichts anzugehen und Glawe darf mit Wirtschaftsförderung prahlen, ohne dass nachgefragt wurde?

Noch etwas Nebel gefällig:
OZ: Sie sind rasch auf Mindestlöhne umgeschwenkt und haben sogar Angela Merkel überzeugt. Welchen Stundenlohn halten Sie im Gastgewerbe für realistisch?
Glawe: 8,50 Euro werden von heute auf morgen nicht möglich sein. Ich will keine Arbeitsplätze vernichten. Aber 8,50 Euro müssen in der Hotellerie ebenso unser Ziel sein wie in der Pflegebranche. Es darf nicht sein, dass ein Krankenpfleger im Westen 20 Jahre nach der Wende immer noch einen Euro mehr pro Stunde verdient als ein Kollege im Osten. 8,50 Euro bei öffentlichen Ausschreibungen wird den Druck auf alle Branchen erhöhen.
Achja, und das heißt was? Genau, nichts. Wenn Bonzen das Verb müssen missbrauchen, müsste sofort nachgefragt werden, denn müssen heißt aus dem Bonzendeutsch übersetzt: Ihr könnt warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Das sollte der Abgesandte der OZ in der Landeshauptstadt wissen.

Noch etwas zur Person Glawe:
Die OZ vervielfältigte vor einem knappen Jahr dies:
Angesichts des Leids der Erdbebenopfer hat sich auch die CDU-Landtagsfraktion spontan zur Hilfe entschlossen. "Wir werden 440 Euro an das DRK spenden", sagte Fraktionschef Harry Glawe. ...
Ich zitiere aus der Mail des aufmerksamen, kritischen Lesers, der einfach nachrechnete und dem OZ-Sonntagsdienst vormachte, wie es geht:

Der diplomierte Krankenpfleger Glawe brüstet sich damit, dass seine Schweriner Landtags-Fraktion stellvertretend für jeden CDU-Fraktionsangehörigen 20 Euro spendet.
In der Pressemeldung steht nicht, dass diese Landtags-Abgeordneten monatlich ca. 4000 Euro bekommen und ab 01.01.2010 dazu noch 600 Euro mehr - pro Monat. ...
Da die OZ seit einer Woche ihre alljährliche Scheinheiligkeitsaktion durchzieht, wäre es doch nicht zu viel verlangt gewesen, den Minister um eine Spende zu bitten, da er ja nun etwa 145000 Euro jährlich als Ministergehalt überwiesen bekommt. Dagegen werden die Leser nun täglich um Spenden angebettelt.

3 Kommentare:

  1. Anonym2.12.11

    $$$$$$ Die Politik unternimmt nichts gegen die Spaltung der GeSellschaft $$$$$$

    http://www.heise.de/tp/artikel/35/35985/1.html

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  2. Kulbrod2.12.11

    @Lupe
    Du hättest mich sehr enttäuscht, wenn Du zu dem Interview Köpke-Glawe geschwiegen hättest.
    Köpke hat ja schon mal ganz schön frech unterm Sofa vorgeguckt. Aber das war es dann auch. Natürlich weiß Köpke um die Verlierrolle der CDU auf allen Gebieten, wie Subventionen, Werften und vor allem im vehementen Einsatz für die Dreckschleuder am Bodden. Aber weiter vorzupreschen hat er sich nicht getraut.
    Schließlich will und kann er sich kein Schlossbetretungsverbot riskieren (Pressefreiheit???)
    Trotzdem hat Köpke herausgestellt (oder Glawe zu einer Aussage animiert), dass Glawe kein denkender Mensch ist, sondern Parteisoldat. Wie auch Zaffier, der sich selber so nennt.
    Sellering hat den niedlichen Koalitionspartner voll im Griff. Das zeigt sich ganz deutlich in der Asbestgeschichte: Glawe mit den Mundwinkeln auf den Schultern und Sellerings Mundwinkel über den Ohren.
    Wollen wir Köpke verteufeln und niedermachen oder wollen wir ihn ermuntern, nicht nur frech unterm Sofa hervorzugucken, sondern ordentlich auf den Tisch zu hauen?
    Was meinst Du?
    Und Eward, was meinst Du?
    PS: Wir sollten Glawe als Sprachrohr benutzen, schließlich hat er die Handynummer der Bundeskanzlerin. Wer von Euch hat einen kürzeren Draht zur Retterin Europas und des Euros und der Banken?

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  3. Ja, die Parteisoldaten; sie sind höchst gefährliches Volk, denn sie sind eben nicht Diener, was schon schlimm genug wäre, sondern Soldaten. Was Soldaten anrichten können, wissen die meisten von uns. Das solche Typen Minister werden (also Postenschacherer und Steuergeldverteiler), ist furchtbar.

    Ich verteufele niemanden und mache niemanden runter. Mir geht es allein darum zu zeigen, wie wenig OZ-Käufer für ihr Geld erhalten.
    Wer es über Jahre hinweg nicht schafft, sich mit Zuflüsterern zu versorgen, ist natürlich auf Politikergequake angewiesen.
    Wer weder den Verlag noch die Chefredaktion im Rücken hat, kann auch nicht auf Herausgabe von Informationen pochen.

    Glawe als Sprachrohr? Wie das?

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