25. Mai 2011

Vorschlag am Rande

Mit meinen Auslassungen (grundsätzlich dem Inhalt sog. Nachrichten zu misstrauen) gestern während eines Podiumsgespräches, das der Fachschaftsrat des Institutes für Politik- und Kommunikationswissenschaft veranstaltet hatte, glaube ich nicht, die Anwesenden überzeugt zu haben, dass sie keine hohe Qualität zu erwarten haben, nur weil sie Geld für die Mediennutzung ausgeben. Es ist wie überall im Leben: Nicht immer ist von höherer Qualität, wofür Geld verlangt wird; und nicht immer ist eine schlechte Qualität zu erwarten, wenn etwas kostenlos genutzt werden kann.

Stefan Niggemeier bietet heute die Analyse einer SPIEGEL-Titelgeschichte, die nicht nur Gelddiebstahl ist, sondern auch Diebstahl von Lebenszeit. Das Problem: Sie können den Schrott nicht zurückgeben und Ihr Geld zurückverlangen, wie sie es mit anderen Waren tun können: Bei Nichtgefallen Geld zurück.

Ähnlich ist es mit der OZ.
Manch Leser mag sich die Augen gerieben haben, als er vor Monaten erfuhr, dass die Greifswalder Redaktion mit einem Umstrukturierer und kurz darauf mit einer Modernisiererin ausgestattet wurde: Jetzt geht es aber los mit Kritisch-Hochwertigen.

Seitdem hat sich meiner Meinung nach der Schreibstil verschlechtert.
Es werden Geschichten bis zum Platzen aufgeblasen.
Es werden Scheinthemen in epischer Breite abgehandelt (z.B. Personalgezänk in der Splitterpartei FDP) und weiter Nichtigkeiten als Nachrichten verkauft, mitunter angereichert mit Unsinn.
Für all das bezahlen Sie, auch für die wertlosen Nachrichten im Mantel der Zeitung, wertlos, weil Sie sie bereits vom Vortag aus Nachrichtensendungen und aus dem bösenbösen Internet kennen und etliche schon von Anfang an wertlos waren.

Hinzu kommen sachliche Fehler, die überall in den Redaktionen gemacht werden und die, wenn überhaupt entdeckt, in Leserbriefen getarnt auf der Meinungsseite im Mantel oder in Leserbriefkellern veröffentlicht werden.

Besonders die Usedom-Redaktion fällt mir auf, in der Hinweise aus Leserbriefen nicht aufgegriffen werden, wichtige Themen umgangen werden. Für alle beobachteten Redaktionen gilt, dass sie das Potential der Leser nicht nutzen, dass ihnen nicht nur kostenlos angeboten wird, sondern für dessen Nutzung durch die Redaktionen die Leser sogar bezahlen, mit ihren Abos. Dass die Redaktionen die Kenntnisse der Leser nicht nutzen, bleibt mir unverständlich und ist ein bildlicher Sargnagel, denn Leser, die sich mühen, Fehler zu berichtigen oder Hinweise zu geben, merken, dass sie nicht ernst genommen werden.

Verstünde die OZ die Abonnenten nicht nur als Kunden, denen etwas verkauft wird, sondern als kundige, ehrenamtliche Helfer und Hinweisgeber, hätte sie längst eine Berichtigungsspalte eingerichtet. Die hat natürlich Nachteile für die Redaktionen. Erkannte Fehler könnten nicht mehr versteckt werden, und Leser, die bisher ihnen aufgefallene Fehler geduldig für sich behielten, könnten auf die Idee kommen mitzuhelfen, die Berichtigungsspalte zu füllen.

Der nächste Schritt wäre, den Lesern pro Berichtigung (Es geht nicht um fehlende Zusammenhänge, Fehldeutungen von Ereignissen, nicht um die plumpe Wiedergabe von Bonzengeschwätz, nicht um Wertloses, sondern um sachliche Fehler.) einen geringen Teil ihres Abopreises zu erlassen. Es ist kaum vorstellbar, wie sich die Qualität des Blattes verbessern würde, ginge es ans Geld des Verlages. Auf der anderen Seite würden sich natürlich noch mehr Leser bemühen, Falsches zu entdecken.

Ein entscheidender Schritt wäre die personalisierte Zeitung. Jeder Leser könnte wählen, aus welchen Ressorts er Texte abonnieren will. Der Vorteil: Fast von allein wäre klar, welche Resssorts eingespart werden können, ohne Umfrageergebnisse auf bildlich statistisch wackligen Beinen, sondern weil es die Kunden von sich aus melden. Möglicherweise gäbe es dann gedruckte Zeitungen mit Komplettinhalt nur noch für Bunkerbewohner, und eine Druckerei würde sich früher oder später (eher später) nicht mehr lohnen, was sich dann allerdings für den Verlag lohnen würde - und für die Leser, ließe der Verlag sich darauf ein, die Leser an den Einsparungen zu beteiligen.

Das alles fiel mir ein, als ich von dem Podiumsgespräch nach Hause fuhr. Heute las sich nun, dass ein OZ-Leser einen anderen Aspekt ins Feld führte: Die Arbeitsbedingungen in den Redaktionen und die möglicherweise zukünftig schlechtere Bezahlung des Personals.

Ich wette darauf, dass der Leser noch nie vom Verlag gefragt wurde, woher er das Geld nimmt, mit dem er die Zeitung bezahlt. Ebenso fragt der Leser nicht den Verlag, woher (Das wird seit Monaten vollkommen getarnt.) und mit welchem finanziellen Aufwand die Nachrichten beschafft werden. Nahezu alle Informationen gibt es übrigens kostenlos. Der Verlag bezieht die meisten Informationen allerdings von Agenturen, die sich für das Liefern dafür bezahlen lassen.
Zu Beruhigung des Lesers: Das Einkommen von Redakteuren an Tageszeitungen ist auskömmlich, für die Verhältnisse in M-V sogar üppig, wenn ich alles zusammenrechne, was Redakteure erhalten. Ganz und gar nicht üppig ist die personelle Ausstattung. Sie ist aber nur ein Grund für die OZ-Qualtität.

5 Kommentare:

  1. Anonym25.5.11

    "Bei Nichtgefallen Geld zurück".

    Da habe ich schon eine Menge an Zeitungen gekauft, die ich nach kurzem überfliegen eigentlich zurück geben könnte!

    Nur kann man den Scheissdreck nicht zurück geben!

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  2. Anonym25.5.11

    Kleiner Tip, erst durchblättern, Texte überfliegen und dann kaufen.
    So oft ich auch eine Zeitung kaufen möchte, ich finde kaum etwas-Mainstream ist angesagt und das schon sehr lange.
    Le Monde ist lesenswert oder die Blogspalte.

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  3. Manfred Peters25.5.11

    Es mag ja sein, dass die Redakteure nicht schlecht verdienen, aber darum geht es im Kern doch nicht.
    Wenn Ehlers & Co. mit ihrem Angriff durchkommen, wird sich das auch auf andere Tarifgebiete anwenden lassen. Am Ende ein Baustein zur Endsolidarisierung der Gesellschaft oder jeder gegen jeden.
    Wenn es um Tarifverträge geht, die übrigens schwer zu vergleichen sind, hätte ich auch einen, der von den Gehältern nicht soweit abweicht:
    http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/internet/docs_ig_metall_xcms_26107__2.pdf
    Seite 5 MV!

    Ich könnte die Podiumsdiskussion provokatorisch auch so zusammenfassen: Elitäre Veranstaltung in der ausgerechnet ein Professor noch am nächsten an der objektiven Realität (Bodenhaftung beweist) ist. ;-)

    Anm.:
    „Vorschlag am Rande“ gilt wohl auch für die technische Funktion der Homepage, denn ich muss auf „Ältere Posts“ klicken, um überhaupt diesen Beitrag lesen zu können!

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  4. „Vorschlag am Rande“
    Ich habe z.Zt. einige Probleme mit der Bloganzeige.

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  5. Anonym25.5.11

    "Vorschlag am Rande"
    geht mir ebenso, mit dem klicken auf "ältere Posts"

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