22. März 2011

Wissen als Meinung getarnt

Ende Februar hatte die OZ die Verhandlungsführerein Schwesig so sehr hochgejubelt, dass mir schlecht wurde. Ich hatte auf die Versäumnisse der OZ hingewiesen. Nun hat sogar die OZ eine kritische Wortmeldung gefunden:
Rostock Hartz-IV-Empfänger (gemeint sind (Alg 2-Berechtigte) bekommen rückwirkend ab Januar mehr Geld. Was in langwierigen Gesprächen zwischen den Koalitions- und Oppositionsparteien in Berlin ausgehandelt wurde, nutzt Kindern aus armen Familien aber wenig, meint Carsten Spies (56), Geschäftsführer beim Deutschen Kinderschutzbund in Mecklenburg-Vorpommern.
Meint er das tatsächlich nur oder hat die OZ gefragt, wie er das berechnet hat oder ob er Berechnetes übernahm? Die OZ fragte nicht danach, stellte einfach eine Meinung dar, die die Leser teilen können oder auch nicht, statt Belege zu fordern, Nachweise erbringen zu lassen. Es hätten dann Fakten geschaffen statt eine Meinung wiedergegeben werden können
Ostsee-Zeitung: Was bringen die neuen Hartz-IV-Beträge Kindern?
Carsten Spies: Das Wohl der Kinder hat in den Diskussionen keine Rolle gespielt, unter dem Strich ändert sich nichts. Erwachsene bekommen fünf Euro mehr, Kinder keinen Cent. Ihre Regelsätze sind ohnehin niedriger. Das entspricht aber nicht dem tatsächlichen Bedarf: Kinder und Jugendliche wachsen, brauchen öfter neue Kleidung. Das stand bei den Verhandlungen überhaupt nicht zur Diskussion. Zurzeit sind im Hartz-IV-Satz sechs Euro im Monat für ein Kind für Hygieneartikel eingerechnet. Gehen Sie doch mal damit Windeln für einen Säugling kaufen! ...
Nunja, es ist sehr kurz gefasst, auch dies:
OZ: Wie sollten Sozialleistungen für Kinder aus Ihrer Sicht aussehen?

Spies: Der Kinderschutzbund fordert eine Grundsicherung für Kinder von etwa 500 Euro monatlich. Damit würden wir das Stückwerk aus Kindergeld, Zuschlägen, Steuererleichterungen, Bafög, Beihilfen und vielem mehr abschaffen, was ohnehin eher wohlhabenden Familien nützt. Schwache Familien werden benachteiligt. Hartz-IV-Empfänger bekommen ja beispielsweise kein Kindergeld.

OZ: Wie wollen Sie das bezahlen?

Spies: Mit dem Wegfall der anderen Leistungen und der Abschaffung des Ehegattensplittings bei der Einkommensteuer. ...
Was der Kinderschutzbund bemängelt, können Sie hier nachlesen:
Aktuell werden Kinder je nach Erwerbssituation ihrer Eltern höchst ungleich finanziell gefördert: Kinder von Erwerbslosen bzw. Geringverdienern/-innen beziehen je nach ihrem Alter Sozialgeld in Höhe von 215 bis 287 Euro pro Monat. Kinder von Erwerbstätigen mit unteren und mittleren Einkommen erhalten monatlich zwischen 164 Euro (für das erste und zweite Kind) und 195 Euro (für das vierte und alle weiteren Kinder) Kindergeld. Die Kinder von Gut- und Spitzenverdienern/-innen hingegen profitieren mit steigendem Einkommen von den steuerlichen Kinderfreibeträgen. Diese wirken sich aufgrund des progressiven Steuersystems bei den höchsten Einkommen am stärksten aus. Aktuell beträgt die maximale Entlastung aufgrund der Freibeträge gut 240 Euro monatlich. Zusätzlich können gerade Bezieher hoher Einkommen die steuersparende Absetzung ihrer Ausgaben für häusliche Kinderbetreuung und/oder für Privatschulen ausschöpfen.
Diese gegenwärtige Ungleichbehandlung von Kindern ist höchst ungerecht. Der Staat muss jedem Kind gleiche Chancen gewähren. Dies muss sich in Form einer besseren sozialen Infrastruktur und in materieller Teilhabe der Kinder auswirken. Auf keinen Fall darf ein Scheingefecht zwischen Geld und Bildung geführt werden, da für beides Geld nötig ist.
...

Grundlage der Überlegungen ist also die ungerechte Behandlung von Kindern je nach Elternhaus. Es steht natürlich noch viel mehr in dem Konzept, Fakten und Forderungen, die die OZ völlig langweilig fand. Für manche Leser wird auch interessant sein, wer das Konzept unterstützte:

· Prof. Dr. Hans Bertram, Humboldt- Universität zu Berlin
· Prof. Dr. Ernst-Ulrich Huster, Evangelische Fachhochschule RWL
· Prof. Dr. Heiner Keupp, Ludwig-Maximilians Universität München
· Prof. Dr. Ronald Lutz, Fachhochschule Erfurt
· Prof. Dr. Stefan Sell, Fachhochschule Koblenz
· Prof. Dr. Margherita Zander, Fachhochschule Münster

Es geht also keineswegs nur um die Meinung des Interviewten. Dahinter steht bildlich geballtes Wissen. Das jedoch geht OZ-Leser nichts an.
Wer über Kinderarmut in D. Offizielles lesen möchte, kann es hier tun:

3 Kommentare:

  1. Anonym22.3.11

    War klar, dass Politbonzen den Rotstift ansetzen, wenn sie etwas anfassen und anschliessend das blaue vom Himmel lügen.
    Dazu sind es schliesslich Politiker, bezahlt vom Volk, bezahlt fürs Lügen.

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  2. Anonym22.3.11

    Deutschland war kinderfeindlich, ist kinderfeindlich und wird immer kinderfeindlicher werden, Punkt.

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  3. Anonym23.3.11

    OZ: Wie wollen Sie das bezahlen?

    Wenn 20% der Bevölkerung über 80% des gesamten Vermögens in der BRD verfügen, dann lässt sich noch viel mehr bezahlen!

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