Kreuzgefährliche Taschenfüllung

Wenn die OZ Leserbriefe veröffentlicht, können deren Leser sicher sein, dass damit das Thema erledigt ist - für die OZ. Leserbriefe, wie diesen gestern in der Greifswalder Ausgabe veröffentlichten, zum Anlass zu nehmen, um Themen aufzugreifen oder nachzurecherchieren, passt nicht zum Blatt:

Muss die „Atomsuppe“ aus Karlsruhe nach Lubmin?

Zum geplanten Castor-Transport ins Zwischenlager Nord:

... Spätestens der Film „Restrisiko“ hat gezeigt, dass im Zusammenhang mit Atomenergie nichts wirklich sicher ist. Und zweitens, warum hören wir dann nicht auf, diese strahlende Hinterlassenschaft, die niemand haben will, immer weiter zu produzieren? ... Allein den Müll so risikofrei wie möglich zu lagern, kostet Unsummen, vor allem uns Steuerzahler. Mit einem Teil dieses Geldes könnten z.B. die Energiepreise gestützt werden, damit der Zugang zu Energie nicht Luxus und für so manchen nicht mehr bezahlbar wird. Und drittens ist es nicht einzusehen, dass das Risiko der Lagerung des Atommülls noch durch das Risiko des Transports quer durch die ganze Bundesrepublik vergrößert werden muss.

Mignon Schwenke, Greifswald

Als ich das Wort Restrisiko las, fielen mir die beiden Ausflügler der OZ-Redaktion ein, die das Zwischenlager am Bodden besucht hatten und gemeinsam einen Aufsatz Klasse acht veröffentlichten.
Ich war nicht im Zwischenlager, kann also nur aus zweiter Hand Informationen erhalten. Eine zweite Hand ist Spiegel online. Schauen Sie sich dieses kurze Video an und Sie werden ab Minute zwei staunen: Auf dem Fußboden der berüchtigten Halle acht (Castorhalle) Wasserpfützen, dann der Kameraschwenk zur Hallendecke, in der große, rechteckige Öffnungen aneinandergereiht sind. Ein wie ich perplexer Leser mailte mir:

Bisher war ich der (irrigen) Überzeugung unterlegen, die Halle 8 würde auf Unterdruck gefahren und die Abluft über Filter gereinigt, so wie das im aktiven Teil des KKW war. 

So wie der Regen oder der geschmolzene Schnee in die Halle gelangt, gelangt Staub aus der Halle ins Freie.

Er schrieb auch dies:

Das heißt ja, dass die Verkleidung der Personen Quatsch ist, weil evtl. kontamierter Staub sowieso ins Freie gelangt?
Außerdem: Die Betondecke mit den Luftlöchern soll einen Flugzeugabsturz abhalten.
Außerdem: So könnte auch alles Mögliche (z.B. Sprengkörper), nicht nur Schnee oder Regen, in die Halle gelangen.

Fügzeugabstürze mit Trümmerwirkung und anschließendem Kerosinbrand ordnet das BfS wegen geringer Eintrittswahrscheinlichkeit dem Restrisikobereich zu. Nicht nur beim ZLN. Dieser Passus findet sich in fast allen Genehmigungen von Atomanlagen.

Biblis A (20 km von Fraport entfernt), soll nach Röttgens Willen in ein paar Jahren mit einer Vernebelungsanlage als Schutz vor Terrorrismus ausgestattet werden - im Zeitalter von GPS!

Und ich frage mich, was die OZ-Aufsatzschreiber besichtigt hatten. Haben sie nicht ein Mal zur Decke geschaut?
Eine Leserin hatte der OZ im Dezember mitgeteilt:

Es ist der Hochsicherheitstrakt 8, der für Ängste in der Bevölkerung sorgt. Denn insgesamt sind in dieser Halle 120 Stellplätze vorhanden, davon aber 40 ohne einen Anschluss an ein Überwachungssystem. 

Wie schnell ist ein Überwachungssystem genehmigt und eingebaut? 

Wie schnell wird eine atomrechtliche Genehmigung beantragt und genehmigt? 

Warum wurde das ZLN so überdimensioniert gebaut?

Mittlerweile werden die Antworten klar, wozu die OZ nichts beigetragen hat. 

Was die Sicherheit betrifft, bleiben weiterhin Fragen offen, z.B. warum solch ein Theater um eine OZ-Kamera veranstaltet worden war, weil deren Trageriemen eine erhöhte Strahlung aufwies, wenn doch sämtliche Luft, und damit aller Staub, ungefiltert ins Freie gelangt. Ich habe es damals schon geschrieben: Modernisiererin und Umstrukturierer haben sich die Taschen vollhauen lassen.