20. Dezember 2010

Die Zus, Merkel und das Wie

Über den Besuch der Zus in Afghanistan berichtete die OZ auf einer Sonderseite:
Für alle Fälle Stephanie
Überraschung für die deutschen Soldaten: Auf der siebten Afghanistan-Reise bringt Verteidigungsminister Guttenberg seine Frau mit.
Was die OZ von der Showveranstaltung für u.a. mitteilenswert hielt:
Roter Teppich, sie im schicken Abendkleid, er im dunklen Anzug oder Smoking: So kennt man die Guttenbergs von gemeinsamen Auftritten auf Bällen, Benefizgalas oder bei Festspielen. 
Da kann ich nicht mitreden, denn ich habe die Zus weder auf Bällen, Benefizgalas noch während  Festspielen gesehen - offensichtlich im Gegensatz zum Autor. Oder wer ist sonst man, derjenige, von dem er kopierte?
Ganz anders das Bild des Paares nach der Landung in Afghanistan.

Über die Verladerampe eines Bundeswehr-Transportflugzeugs betreten sie gestern früh das Rollfeld von Masar-i-Scharif, dem Hauptstandort der deutschen Truppen in Nordafghanistan. Beide tragen Splitterschutzwesten. Ohne die transportiert die Bundeswehr in Afghanistan auch Minister und ihre Frauen nicht auf dem Luftweg.
Warum sollte sie auch? Außerdem sieht es doch chic aus, so kriegsverbunden: Seht, in welche Gefahr wir uns begeben - für das bisschen Show.
Und wie mutig die Zu ist!:
„Von Angst darf man sich hier nicht überwältigen lassen, sonst ist man eindeutig am falschen Platz.“ ...
 Und dann:
„Meine Motivation ist, dass ich immer einmal als Frau, Ehefrau und Mutter hier runterkommen wollte und mir ein Bild von der Lage machen wollte“, sagt die 34-Jährige. Sie wollte endlich sehen, worüber sie mit ihrem Mann so oft redet.
Auf, drückt die Tränendrüsen:
Bei ihren acht und zehn Jahre alten Töchtern musste das Paar zunächst Überzeugungsarbeit leisten. „Begeistert waren sie nicht“, sagt Stephanie. Vor allem ein Argument habe die Kinder schließlich überzeugt: Dass die Soldaten fern der Heimat auch einen Weihnachtsgruß verdient hätten.
Ich habe keinen Leserbrief gefunden, in dem gefordert wurde, nun wollten die Leser der OZ auch endlich erfahren, was tatsächlich los ist in Afghanistan, nicht durch Inaugenscheinnahme, sondern mittels kritischen Hochwertjournalismus. Eine berechtigte Forderung, der die OZ über Jahre hinweg nicht nachgekommen ist, mit dem Zu-Artikel auch nicht, weil sie niemand stellte?
Schließlich dies aus Afghanistan oder woher auch immer, damit die Spalten gefüllt werden konnten:
Das Paar hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Er ist seit Monaten in den Umfragen der beliebteste Politiker und wurde bereits als Kanzlerkandidat und künftiger CSU-Chef gehandelt. Sie katapultierte sich mit ihrem Buch zum Thema Kindesmissbrauch in die Schlagzeilen. Für ihre Moderation der RTL2-Sendung „Tatort Internet — Schützt endlich unsere Kinder“ indes musste sie auch heftige Kritik einstecken.

Trotzdem werden die Guttenbergs seit Monaten von den Medien als die „fränkischen Kennedys“ oder das „konservative Traumpaar“ gefeiert. „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo setzte den Lobeshymnen buchstäblich die Krone auf, als er in einer Talkshow sagte, die Guttenbergs befriedigten „die Sehnsucht der Deutschen nach einer Königsfamilie“. ...
Dann doch noch etwas aus dem Kriegsgebiet:
Die Ministergattin gab sich redlich Mühe, im Einsatzgebiet so unspektakulär wie möglich zu wirken. ...
Masar-i- Scharif besuchte sie das Lazarett. Nur vereinzelt posierte sie mit ihrem Mann für ein Foto. Eine Talkshow mit Star-Moderator Johannes B. Kerner in einem Flugzeug-Hangar in Masar-i-Scharif ließ sie ihren Mann alleine bestreiten. ...
Ausnahmekommentator Burmeister meinte dazu (nicht zu der Show-Blickpunktseite, sondern zu dem Zu-Besuch als solchem):
Zuviel der Guttenbergs
Afghanistan-Reise des Ministers wird zur inszenierten Show.
Es erscheint wie ein Ping-Pong-Spiel. Wo Karl-Theodor zu Guttenberg ist, warten die Medien. Und wo die Medien sind, ist Baron zu Guttenberg nicht weit. Kaum ein Politiker hat seinen Aufstieg neben der ihm eigenen Eloquenz einer solchen medialen Präsenz zu verdanken wie er. ...
Warum also macht die OZ den Mist mit, wenn zumindest ein Kommentator offen schrieb, dass es nichts als Show ist, was die OZ Ihnen verkaufte, übrigens höchst widerlich, einen Krieg als Show-Kulisse zu missbrauchen. Warum machte die OZ aus der Volksverblödung nicht höchstens eine Kurzmeldung?
Nein, die OZ tat aufschreibend das, was hier böse kritisiert so wurde:

Seinem kritischen Geist entspringt die Art spitzer Zunge, die selbst feinstes Stiefelprofil noch zu reinigen vermag, ohne daß die Majestät sich dazu vom Sitze erheben muß. 
 
Da rettet der Kommentar gar nichts. Er wirkt nur scheinheilig.
Heute nun noch ein Bericht, oder was das sein soll, über eine Afghanistan-Show, und die OZ und viele andere Medien waren nun gar nicht mehr zu halten. Die Kanzlerin hat gesprochen, hat das Wort gesagt:
Merkel nennt den Krieg beim Namen
Sie hat gesagt, dass ein Krieg ein Krieg sei, nicht, dass der Krieg in Afghanistan einer sei, sondern:
„Wir haben hier nicht nur kriegsähnliche Zustände, sondern Sie sind in Kämpfe verwickelt, wie man sie im Krieg hat“
Das ist elendes Geeier, Volksverblödung, an der sich Medien wie die OZ bedenkenlos beteiligen und dafür von Ihnen Geld verlangen.

Ist den kritischen Hochwertredakteuren der Unterschied nicht klar zwischen im Krieg und wie im Krieg? Warum lassen sie sich als Propagandisten einspannen? Richtig, weil das Blatt es gewohnt ist, weil stimmt, was ich seit Jahren schreibe: Die OZ verhält sich regierungsergeben, aber ist natürlich unabhängig, steht nämlich immer noch auf dem Seitenkopf.
Die Bundeskanzlerin überrascht die Soldaten in Afghanistan mit einem Besuch. In Kundus verteidigt sie das militärische Engagement der Deutschen. ...
Da war ich gespannt, wie sie das machte, denn an dem verdammten Krieg gibt es nichts zu verteidigen:
Das militärische Engagement am Hindukusch diene auch der Sicherheit Deutschlands, bekräftigte Merkel. „Ohne Sie könnten wir nicht so sicher leben, und das müssen wir den Menschen auch sagen.“
Mehr braucht die Kanzlerin verteidigend nicht zu sagen. Die OZ plappert nach und jeder halbwegs gebildete Leser wird sich und vor allem die OZ fragen, ob das die ganze Erklärung sei für Dutzende tote Deutsche, für mindestens hundert auf Geheiß Deutscher oder direkt von Deutschen ermordeter Zivilisten, für seelisch und körperliche Verletzte, für etliche Milliarden Steuereuro.
Zwei Sätze reichen der OZ als Rechtfertigung für einen schon am ersten Tag verlorenen Krieg? Doch egal, ob zwei Sätze ode eine lange Rede, nichts kann diesen Kreig rechtfertigen.
Übrigens sonderte die Kanzlerin auch dies ab und die OZ plapperte nach:
„Wir wissen, dass das eine extrem gefährliche Sache ist und sich viele noch lange nach dem Einsatz damit rumplagen, was sie hier erlebt haben.“
Sie werden sich noch lange damit rumplagen? Viele werden sich ihr Leben lang mit dem quälen (und nichts dagegen tun können), was ihnen angetan wurde, was sie anderen antaten oder was anderen angetan wurde und sie mitansahen. Es ist widerlich, wie die Kanzlerin sich als Mutti der Nation aufspielt, unterstützt von vielen Medien, und die lebenslagen Qualen vieler Soldaten herunterspielt.
Natürlich nichts dazu im Kommentar.

Der Kommentator (Ich kann den Mann nicht als Journalisten bezeichnen.), mir durch seine spezielle Regierungsergebenheit mehrfach aufgefallen, redete der Kanzlerin zum Munde:
Klartext im Kriegsgebiet
Die Kanzlerin spricht in Afghanistan endlich die Wahrheit aus.
Genau das hat sie nicht getan. Sie lügt weiterhin. Sie hält die Deutschen immer noch für so doof und die Mehrzahl der Medien für so ergeben, dass sie sich solch eine Volksverblödung leisten kann, seit Jahren, wie ihre Vorgänger es auch taten.

Das grenzt schon an Armkriecherei:
Die Kanzlerin hat sich in mehrfacher Hinsicht richtig verhalten.
Die Kanzlerin hätte sich richtig verhalten, wenn sie in ihrer Antrittsrede zu Beginn ihrer ersten Amtszeit dem Parlament vorgeschlagen hätte, den Krieg sofort zu beenden. Dieser mit unsäglichen Opfern verbundene, von Anfang an zum Scheitern verurteilte Krieg ist durch nichts mehr zu beschönigen oder gar zu verteidigen. Sie verhält sich dem Volk gegenüber grundfalsch; recht macht sie es nur den Kriegsgewinnlern, zu denen ich keinen der Blogleser rechne.

Es gibt massenhaft Texte zum Thema im bösenbösen Internet. Hier einer, in dem auch das Merkelsche Verblödungs-Wie übersehen wird, der ansonsten aber wenigtens aufklärt:

Merkels jetzt ausgestelltes Zertifikat hat vor dem in drei Wochen anstehenden Bundestagsvotum über ein verlängertes Mandat mehr als nur den Anschein von nationalpatriotischer Vergatterung. Sie kann ab sofort fragen, wenn unsere Soldaten Krieg führen, wer kann es dann verantworten – wer darf es dann wagen, ihnen den nötigen politischen Rückhalt zu versagen? Wer steht zu den Soldaten, wer lässt sie im Stich? Diese Inszenierung offenbart erneut ein derart populistisches und simples Muster, dass verblüfft, welcher Grad an Einfalt dem Publikum (oder der so genannten Öffentlichkeit) inzwischen zuerkannt wird, ihm Derartiges zuzumuten. 

Was mich erneut fragen lässt, was die OZ ihren Lesern gegen Geld zumutet.

Für die ISAF beginnt nach den Worten ihres Oberkommandierenden, General Petraeus, die "hold phase", der sich auch die deutsche Regierungschefin nicht verschließen will. Wer hat sie eigentlich mandatiert, einen Krieg zu führen, der längst verloren ist?

8 Kommentare:

  1. Anonym20.12.10

    Merkel und der Krieg oder wer ist der Nachfolger von Joachim Herrmann
    http://www.google.de/#hl=de&q=merkel%20krieg&um=1&ie=UTF-8&tbo=u&tbs=nws:1&source=og&sa=N&tab=wn&fp=905072200cf3e114

    http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Herrmann_%28SED%29

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  2. Anonym20.12.10

    Sie wissen doch, das gehört zum journalistischem Selbstverständnis der OZ.
    Nur mit den Medien, die diese Schweinereien verschleiern, ist das möglich, die OZ gehört dazu.

    Sie können sich sicher vorstellen, wie es einem geht, wenn dem Sohn das beim Bund auch noch gefällt und er davon spricht, wenn es ihm möglich ist, dass er dabei bleibt.
    Ich werde mir in kürzester Zeit überlegen, ob ich das mit ein paar Tricks, die er und niemand gross mitbekommt, verhindern kann, ohne dass er darunter zu leiden hat.

    Warum sind wir Menschen 1989 bloss auf die Strasse gegangen?
    Hatten wir nicht all die Lügen satt?
    Bei mir war es jedenfalls so.
    Meine Mutter sagte immer: warte ab, Du wirst dich noch wundern.
    Wie recht sie hatte.

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  3. Anonym20.12.10

    Hat die OZ schon einmal darüber berichtet, wie die Versicherungen bezahlen, Unfall-und Lebensversicherung der Soldaten, die zu Tode kamen?
    Könnte es sein, dass der Krieg, der immer noch als humanitärer Einsatz verschleiert wird, auch kein Krieg sein darf wegen der Versicherungsgeschichte?
    Im Internet findet man eine Reihe von Berichten, dass Versicherungen nicht zahlen.
    Den jungen Männern in den Kasernen wird immer noch erzählt, sie gehen zum humanitären Einsatz, Schulen und Brunnen bauen.

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  4. Anonym20.12.10

    Einer noch, dann ist Schluss.
    Nur noch mal kurz zur Erinnerung, die Rede Merkels 2005:
    "Wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und Soziale Marktwirtschaft bis in alle Ewigkeit."
    Haben die Menschen alle Probleme mit den Ohren oder mit den Augen?

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  5. Anonym21.12.10

    Die Zus und ihr Wunsch


    Hoher Besuch

    Heut kommt der Freiherr Theodor
    nach Bad Hohenranzig.
    Es singet schon der Kinderchor
    seit morgens sechs Uhr zwanzig.

    Die Nachricht fliegt von Haus zu Haus.
    Man feudelt all die Stuben.
    Gleich steigt der Herr am Markte aus.
    Dort jubeln schon die Buben.

    Es scharrt und lärmt das Federvieh.
    Die Kühe brülln und glotzen.
    Den Jungfraun zittern ihre Knie
    und werden feucht die Augen.

    Schon steht Spalier die Feuerwehr
    als blitzende Eskorte.
    Und Bäcker Schmidt trägt vor sich her
    die Blut-und-Boden-Torte.

    Die Schützen und Vertriebenen,
    die schreien Heil! und Amen.
    Die zu Haus Verbliebenen
    sind Sieche und die Lahmen.

    Die Hartzis müssen Blüten streuen,
    da trifft die Kolonne ein.
    Der Kinderchor beginnt von Neuem,
    Horch, was kommt von draußen rein.

    Zuerst jedoch erscheint nur SIE,
    die holde Freifrau Stephanie.
    Und entlang der Straßenränder
    erhängen sich die Kinderschänder.

    Dann jedoch-Salut und Tusch-
    der Theo, wie bekundet,
    direktemang vom Hindukusch,
    doch gänzlich unverwundet.

    Willst du unser Kanzler sein?
    schreit ein Knabe heiser.
    Da lacht der Freiherr und sagt: "Nein"
    Und setzt hinzu , doch leiser:

    "Aber euer Kaiser."

    (Eulenspiegel)

    Mit Humor geht alles besser oder komisch sein, ist eine todernste Sache.

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  6. Anonym21.12.10

    Oh, wenn ich das alles lese, dann ist mir nicht Gutt!

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  7. "Könnte es sein, dass der Krieg ... auch kein Krieg sein darf wegen der Versicherungsgeschichte?"

    Genau, die Soldaten schließen private Lebensversicherungen ab. Wie das geregelt wird, weiß ich nicht, da solche Versicherungen im Todesfall durch kriegerische Auseindersetzungen gewöhnlich nicht zahlen. Vielleicht weiß da jemand Bescheid.
    Würde es offiziell ein Krieg sein, brauchten die Soldaten die Lebensversicherungen nicht, bzw. würden die Versicherer im Todesfall nicht leisten. Dann wären wir alle dran mit zahlen, egal, ob wir für oder den Krieg sind, denn dann müsste der Staat aufkommen.

    Merkel kann auch deshalb nicht einfach von einem Krieg reden, weil das Mandat des Bundesstimmviehs einen Kriegseinsatz nicht deckt.
    Weitere Fragen? Dann wenden Sie sich an den Redakteur Ihres Vertrauens.

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  8. Anonym22.12.10

    Dann wenden Sie sich an den....
    Kennen Sie einen? Ich nicht.

    www.shortnews.de schieb, hat auch ein Impressum und müsste serös sein

    Versicherungen zahlen nicht bei gefallenen Soldaten.
    Lebensversicherer sind bei gefallenen Soldaten, die in Afghanistan eingesetzt wurden fein raus usw.
    Die Bundesregierung zahlt einen angemessenen Schadensausgleich.
    Bislang verweigerten die Versicherungen in 21 Fällen die Zahlung.
    Im Rahmen des Soldatenversorgungsgesetzes sei der Bund zu Zahlungen verpflichtet, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.


    Bei Versicherung.de habe ich gelesen, dass es auch Extraversicherungen für Auslandseinsätze geben soll, diese aber sehr teuer sind.

    Der Focus berichtete kurz, dass eine Mutter, die ihren Sohn in Afghanistan verloren hat, klagen will.
    Von solchen Sachen findet man so gut wie nichts im Internet oder der Presse.

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