Berufungsprozess um Polizisten-Tod bei G8: Kollegin freigesprochen
... Dort ging gestern der zweite Prozess um den Tod des Dortmunder Polizisten Benjamin Brekau (28) beim Heiligendammer G8-Gipfel zu Ende. Er war am 8. Juni 2007 aus einem Transporter gestürzt. Drei Tage später verstarb er an seinen schweren Kopfverletzungen. Kollegin Kristin K. (heute 28), die den Wagen fuhr, war von einer Mitschuld daran im ersten Prozess 2007 vom Amtsgericht Güstrow freigesprochen worden. ...In epischer Breite, mit 2829 Anschlägen oder 410 Wörtern, wurde über den Vorfall geschrieben. Dazu gestellt wurde dies über einen der schlimmsten Skandale während des Gipfeltreffens:
Viele Festnahmen bei Heiligendamm-Gipfel rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht Schwerin hat jetzt in mehreren Urteilen Festnahmen von Demonstranten während des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm als rechtswidrig bezeichnet. Das betrifft nach Angaben des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins insbesondere die Inhaftierung in Käfigen über einen längeren Zeitraum. Das Gericht bestätigte die Urteile.Das wars, 792 Anschläge oder 105 Wörter.
Sie seien aber „ohne weitere Sachprüfung“ ergangen, sagte Sprecher Christoph Voetlause. Die beklagte Polizeidirektion Rostock habe zugegeben, dass die Art und Weise des Umgangs mit den Demonstranten teilweise rechtswidrig war.
Nach Angaben des Anwältevereins waren während des G8-Gipfels in Rostock und Umgebung mehr als 1100 Menschen festgenommen und oft in „Käfigen“ eingepfercht worden. Einige der Betroffenen seien sogar gefesselt gewesen.
Der Verein hat eine umfangreiche Pressemitteilung herausgegeben, in der ganz zu Anfang dies steht, was die OZ für total unwichtig hielt:
... dass ... Betroffenen zu Unrecht Telefonate mit Vertrauenspersonen und RechtsanwältInnen verweigert wurden. ...
Das hielt die OZ für völlig unwichtig.
Es ist keineswegs so, dass der Verein insbesondere die Käfighaltung als besonders rechtswidrig darstellt, sondern die Festnahmen an sich, denn:
Die Ingewahrsamnahmen waren von Beginn an rechtswidrig und die Inhaftierung in ‚Käfigen’ über einen längeren Zeitraum verstößt gegen die Menschenwürde. Das Vorgehen der verantwortlichen Polizeibehörden war in den überwiegenden Fällen willkürlich und wurde ohne jede Tatsachengrundlage sogar noch trotz gegenteiliger Richterentscheidungen fortgesetzt“...
Und auch dies hat die Leser nichts anzugehen:
Bereits während des G8-Gipfels waren die Haftbedingungen in den Gefangenensammelstelle vom Anwaltlichen Notdienst, verschiedenen Menschenrechtsgruppen und dem RAV kritisiert worden. Die Polizei nutzt käfigartige Gefangenensammelstellen weiterhin bei Großdemonstrationen wie etwa den Castortransporten.
Nur zur Erinnerung, weil die OZ aus schlechten Gründen darauf verzichtete:Mehr als 1100 Menschen waren während des G8-Gipfels in Rostock und Umgebung festgenommen und zu großem Teil in „Käfigen“ eingepfercht worden. Die „Käfige“, die in größeren Hallen auf nacktem Steinboden aufgestellt worden waren, waren überfüllt und nicht einmal mit Pritschen ausgestattet, so dass die Gefangenen auf dem blanken Boden liegen mussten. Rund um die Uhr wurden sie dort mit Hilfe von Videokameras überwacht. Einige der Betroffenen blieben auch in den „Käfigen“ noch mittels sog. Kabelbindern gefesselt. Ausreichend Trinkwasser oder Toilettengänge wurden verweigert, das Licht brannte 24 Stunden am Tag.
Zudem wurde in vielen Fällen der Rechtsschutz vereitelt, Anwaltstelefonate lange Zeit verhindert, Haftrichter zu spät oder überhaupt nicht konsultiert. In ca. 95 % der Fälle, in denen eine Vorführung erfolgte, veranlassten die Haftrichter sofortige Entlassungen. ...Können Sie sich noch an die reißerische Berichterstattung der OZ erinnern, an die Wiedergabe der verlogenen Polizei-Verlautbarungen, auf die sie sich zum größten Teil stützte?
Dies hatte die OZ niemals berichtet, dass der Anwaltsverein schon vor dem Gipfel gewarnt hatte:
Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) befürchtet schon jetzt, dass "anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm großflächige Einschränkungen von Grundrechten zu befürchten" sind. Nach Ansicht des RAV sollen "legitime und vielstimmige Proteste am Ort des Geschehens auf diese Weise möglichst unterbunden, zumindest aber eingeschüchtert und kriminalisiert werden." Aus diesem Grund wird der Republikanische Anwaltsverein rund 100 Anwälte kostenlos zur Verfügung stellen, die den betroffenen Menschen zur Seite stehen werden. In Rostock wird für die Dauer von rund 3 Wochen ein Büro eingerichtet, um vor Ort Beratung und Rechtsschutz bei Verhaftungen, Beschränkungen der Versammlungsfreiheit, Schikanen bei der Anreise etc. zu gewährleisten. ...
Auch dies fand die OZ, das Regierungsblättchen, das sich allen Ernstes täglich als unabhängig bezeichnet,
nicht mitteilenswert:
Neben der Rehabilitierung ging es den Betroffenen bei den Feststellungsklagen auch darum, die Desinformationspolitik seitens der Polizei und des Schweriner Innenministers Lorenz Caffier (CDU) zu thematisieren und eine solche Praxis in Zukunft zu verhindern. Insbesondere Innenminister Caffier hatte nach dem G8-Gipfel mehrfach gegenüber Medien und Parlamentsausschüssen versucht, die Massenverhaftungen als legitim darzustellen, die unmenschlichen Haftbedingungen zu bagatellisieren sowie die Fesselung in den Gefangenensammelstellen und die Verweigerung von Anwaltskontakten zu leugnen.
Das wäre ohne nachplappernde Medien, die das gegen Geld verbreiteten, nicht möglich gewesen.
Übrigens werden jetzt Schadensersatzansprüche geprüft. Sollten Zahlungen fällig werden, wissen Sie hoffentlich, dass auch Sie und ich dafür zu zahlen haben. Dafür können Sie sich dann bei der Polizei bedanken.Und wer jetzt Parallelen zu den Ereignissen in Stuttgart entdeckt, merkt, dass sich die OZ eine Blickpunktseite schenkte, die zur Aufklärung hätte beitragen können. Doch solch eine Seite finden Sie hier, mit Hintergrund und Zusammenhängen:
Auch hieran möchte die OZ sicher nicht gern erinnert werden. Ich tue es dennoch:
... Laut Grundrechtekomitee sei es vor allem die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit, die wissentlich mit Fehlinformationen agiert oder geheimdienstliche Erkenntnisse behauptet (Nach dem Gipfel). So wurde etwa zur Anti-G8-Auftaktdemonstration in Rostock am 2. Juni 2007 behauptet, 500 Polizisten seien verletzt worden. Dass die allermeisten in der mit Tränengas vermischten Wolke der eigenen Wasserwerfer standen, wurde gezielt verschwiegen. Auch von angeblichen 10 Schwerverletzten blieben nach Recherchen kritischer Journalisten nur zwei Beamte übrig (Opferzahlen der Randale in Rostock weit übertrieben?). Gegenüber der Presse wurde kolportiert, Polizisten seien mit Säure attackiert worden; gemeint waren Clowns mit Spritzpistolen und Seifenlauge. ...
Mit den Falschmeldungen wurden Verbotsverfügungen, wie etwa der geplante Sternmarsch auf Heiligendamm, begründet. Mehrere Untersuchungen haben inzwischen den fehlenden Wahrheitsgehalt festgestellt. Von der Polizei wurden die Meldungen bisher nicht widerrufen. ...
... und von der OZ jemals nachgefragt?
Auch das hat OZ-Leser nichts anzugehen:
Gemeinhin schert sich die deutsche Polizei wenig über nachträgliche Gerichtsentscheidungen zu den zahlreichen Grundrechtsverletzungen rund um Massenproteste. So bleibt wenig Hoffnung für alle anderen Betroffenen, die beim G8-Gipfel nach Wasserwerfer-Einsatz erblindeten, Prellungen durch Schlagstockeinsatz oder Zerrungen durch Polizeigriffe davontrugen. Auch Platzwunden durch Faustschläge und Stockhiebe, Hautreizungen durch Pfefferspray, Abschnürungen durch Kabelbinder, Handgelenk- und Schulterverletzungen durch brutalen Zugriff beim Abtransport sowie hunderte Traumatisierungen werden zumindest juristisch ungesühnt bleiben – von den Erniedrigungen und sexistischen Beschimpfungen ganz zu schweigen.
Ebenfalls unbeanstandet bleiben Hunderte vorsorgliche Reisesperren für linke Aktivisten. Allein die Bundespolizei Rostock hatte 67 Personen in ihrem Zuständigkeitsbereich an den Ostseehäfen die Einreise verwehrt, da sie "vermutlich gewaltbereit" gewesen seien. Grundlage für die Behauptung war womöglich ein Eintrag in eine Datenbank zu "Troublemakern", wie sie rund um Gipfelproteste gegenseitig regelmäßig unter Polizeien der EU "ausgeliehen" werden ([local] "Troublemaker" im Visier). Für einen Eintrag in diese Datei muss keine Verurteilung vorliegen. Das bloße Registrieren im Rahmen eines Polizeieinsatzes kann für die zukünftige Versagung von Aus- oder Einreise genügen. ...
Ebenfalls unbeanstandet bleiben Hunderte vorsorgliche Reisesperren für linke Aktivisten. Allein die Bundespolizei Rostock hatte 67 Personen in ihrem Zuständigkeitsbereich an den Ostseehäfen die Einreise verwehrt, da sie "vermutlich gewaltbereit" gewesen seien. Grundlage für die Behauptung war womöglich ein Eintrag in eine Datenbank zu "Troublemakern", wie sie rund um Gipfelproteste gegenseitig regelmäßig unter Polizeien der EU "ausgeliehen" werden ([local] "Troublemaker" im Visier). Für einen Eintrag in diese Datei muss keine Verurteilung vorliegen. Das bloße Registrieren im Rahmen eines Polizeieinsatzes kann für die zukünftige Versagung von Aus- oder Einreise genügen. ...
Nicht einmal das ist für die OZ der Wiedergabe wert, wo sie doch sonst so gern jeden Quark kopiert und an Sie verscheuert:
Wenigstens bietet die Repression hin und wieder auch Kurioses im tristen Polizeialltag, etwa wenn wie beim G8-Gipfel russische Aktivisten für das Singen der Internationale einkassiert werden. Interessant dürfte auch der Vortrag der beklagten Polizei im Januar in Schwerin werden, wenn das mit zuvor lancierten Falschmeldungen begründete Verbot des G8-Sternmarsches vor dem Verwaltungsgericht verhandelt wird.
Fehlt noch der Bezug zu Stuttgart. Hier ist er:
Die schwäbische Polizeipropaganda hatte der harschen Kritik am Einsatz zur Bahnhofsverteidigung in Stuttgart nichts außer Falschmeldungen entgegenzusetzen und musste die Informationshoheit an die Demonstranten abgeben. Jetzt nimmt auch noch das selbsternannte nationale Polizeigewissen Konrad Freiberg seinen Hut.
Und die OZ? Sie macht weiter, wie vor, während und nach dem G 8-Gipfel:
... Knapp eine Woche nach dem Gewaltausbruch bei den Protesten gegen „Stuttgart 21“ mit Hunderten Verletzten hat die Polizei den Demonstranten die Schuld gegeben. Der „massive Widerstand“ der Projektgegner am vergangenen Donnerstag habe erst dazu geführt, dass die Polizei Pfefferspray, Wasserwerfer und Schlagstöcke habe einsetzen müssen, sagte Inspekteur Dieter Schneider in Stuttgart. So hätten die Demonstranten auch als Erste Pfefferspray eingesetzt. ...
Wie bitte? Demonstranten wurden damals in Käfige gesperrt.
AntwortenLöschenHabe mich nicht besonders damit beschäftigt, aber wer hat denn so eine Sauerei angeordnet?
Wenn ich alles, was ich bisher so gelesen habe zusammenfasse, dann ist Deutschland von einem demokratischen Rechtsstaat weit entfernt.