9. Januar 2010

Über Themen

Zu Jahresbeginn hatte die OZ angedroht, noch mehr Schönschreibübungen zu veröffentlichen als bisher - mehr Geschichten über erfolgreiche Unternehmer und so. Wahrscheinlich will die OZ damit bildlich den Lesenerv der Abonnenten treffen und sie so bewegen, ihre Abos nicht zu kündigen, sondern geradezu der nächsten Erfolgsgeschichte entgegenzufiebern.

Allerdings können Liebhaber von Erfolgsgeschichten aus dem Osten Deutschlands kostenlos (Wer würde schon freiwillig so etwas kaufen?) in den Extra-Heften von Wirtschaft & Markt nachlesen. Es gab in der Reihe ja sogar mal eine 23-seitige Erfolgsgeschichte mit vier Seiten zu Dongs Plan, eine Giftschleuder an den Bodden zu bauen (Wer das Heft bezahlt hat, verschweigt mir der Verlag immer noch). Wer die Reklame für das Dong-Projekt in der OZ über sich ergehen lassen wollte, musste zumeist dafür bezahlen. Nun soll er auch für Geschichten über erfolgreiche Mittelständler aus M-V bezahlen. Nunja, wers mag.

Natürlich gibt es Themen im ärmsten Bundesland, die über die die OZ auch Schönschriften zustande brachte, die hier noch einmal für ganz D. in Erinnerung gebracht wurden:

* Wir haben rund 2 Millionen Kinder, die in Armut leben,

* Wir haben rund 5 Millionen Rentner, deren Rente nicht ausreicht, Zuverdienst zur Rente wird immer mehr Standard,

* Wir haben rund 8 bis 10 Millionen wirkliche Arbeitslose – die Differenz zur veröffentlichen Zahl wurde statistisch versteckt,

* Wir haben eine große Anzahl frustrierter Jugendlicher, die um ihre Zukunft bangen,

* Wir sind eine Gesellschaft, in der die Gruppen geteilt werden, jeder gegen jeden, weil dieses Verfahren besser steuerbar ist,

* Wir stehen vor der Herausforderung der drastisch zunehmenden Altersarmut,

* Wir stehen vor der Herausforderung, dass die Staatsverschuldung von unseren Kindern kaum noch aufzulösen ist,

* Wir stehen vor dem Konflikt, dass die Bürger zunehmend diese Art Demokratie ablehnen, dass sie sagen, dass Politiker die Probleme nicht in den Griff bekommen werden,

* Wir stehen vor dem kaum auflösbaren Problem, dass Bürger an der „gelobten“ Sozialen Marktwirtschaft verzweifeln,

* Auch die Ökonomen können nicht eine Lösung dafür finden, dass durch alljährliche Rationalisierungen Arbeitsplätze wegfallen beziehungsweise in Niedriglohnjobs oder Multijobs umgebaut werden, mit allen Konsequenzen für das Alter,

* Die Beamten sehen, dass sich die Politiker die Taschen voll machen, ihnen aber sachgerechte Einkommensanpassungen verwehren,

* Der Mittelstand, die kleinen Geschäfte machen reihenweise dicht: rund 162.000 Insolvenzen oder plus 16 Prozent werden von der Kreditreform für 2009 vermeldet – das sind rund 320.000 Einzelschicksale, zumindest; die Insolvenzschäden sind dramatisch angestiegen auf fast 50 Milliarden Euro, mit allen Folgeschäden für Betroffene, die nicht erfassbar sind,

* Wir sind in der Gesellschaft einem Konsens einer von der breiten Mehrheit getragenen Ethik verlustig gegangen, wo ist das Fundament, das Lebensgrundlage für unser Sein, für unser Zusammenleben bietet,

und an den Schaltstellen der Macht in Berlin sitzen Manager, genannt Politiker, die in Zahlenkolonnen und nicht in Menschenschicksalen zu denken gewohnt sind. Da werden Transferleistungen verteidigt, die dazu führen, dass eine Mutter mit einfachster Suppe auskommen muss, mehr zum Leben ist nicht da – und die Politik meint, man müsse Arbeitsaufnahmedruck erzeugen. ...

3 Kommentare:

  1. Die denken nicht in Zahlenkolonnen, sonder in Umfrageergebissen. ;-)

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  2. Anonym10.1.10

    Ich kann die "Erfolgsgeschichten" aus dem Osten nicht mehr hören bzw. lesen. Die ständig steigende Armut und Ignoranz kotzt mich an.

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  3. Anonym11.1.10

    Die Politik meint, man müsse Arbeitsaufnahmedruck steigern...
    ja wohin denn, Ihr schlauen Politiker?
    Ihr habt doch die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass die Bevölkerung ausgebeutet wird, siehe Beispiel Schlecker:
    Eine Filiale nach der anderen wird geschlossen, eine Filiale nach der anderen wird geöffnet, die heisst jetzt Schlecker XXL oder so ein ähnlicher Käsename und da arbeiten nur noch Leiharbeiter für viel weniger Geld. Sie gehen dann und müssen beim Arbeitsamt betteln, um überleben zu können.
    Hoch lebe die Willkühr dieser Ausbeuter und die Politiker schauen zu und wollen mal gucken und hinschauen. Wollen wir mal schauen, wieviele Jahre die Politiker schauen und den Steuerzahlern auch noch für diese Gier von Schlecker das Geld aus den Taschen ziehen.
    Sanktionen werden weiter verhängt werden, geht doch, die deutschen sind so dämlich und lassen sich alles gefallen.
    Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder, in denen kein Mindestlohn in allen Bereichen gezahlt wird. Deutschland ist in Europa schon sehr weit unten angekommen betreffs Löhne, Bildung, Gesundheitswesen, Demokratie, Altersversorgung. Deutschland ist unten, kein Beispiel für andere Länder.
    Deutsche Politiker verstehen es trotzdem elegant, die ganze Scheisse noch schön zu quatschen.
    Lupe, wenn Sie nun meinen, mein Geschreibe wäre Beleidung und ihn löschen, war ich längste Zeit Blogleser.

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