3. März 2009

Leserbrief sinnenstellt wiedergegeben? Nicht gefallen lassen

Vom Umgang mit Leserbriefen hatte ich schon mehrfach berichtet, auch heute. Doch hier ist noch ein Beispiel für den Umgang mit Fehlern in der Redaktion, das fehlende Eingeständnis, einen Fehler gemacht zu haben. Lieber wird die Richtigstellung als Leserbrief veröffentlicht; das hat Tradition in der Greifswalder Zeitung, denn es sieht nicht so nach einem Fehler der der Redaktion aus. Wie sähe das auch aus, stünde jedes Mal "Richtigstellung" darüber? Doch Sie haben einen Anspruch darauf.

Die Greifswalder Zeitung hatte einen Leserbrief durch das Kürzen so entstellt, dass eine Aussage ins Gegenteil verkehrt wurde. Das ließ sich der Briefschreiber nicht gefallen und schrieb noch einen Brief, der veröffentlicht wurde:
Durchschnittsleser kann Zuschrift nicht deuten
Dr. Walter Schelske aus Greifswald schreibt zu "Greifswald-Entsorgung hat 30 Prozent rendite" (OZ vom 28. Februar)
Wenn es in meiner Zuschrift heißt, Renditeziele von ....20 % werden als sittenwidrig bezeichnet, weil sie vor allem keinerlei Basis mehr in der realen Wirtschaft besitzen" und dann der Satz folgt: "Doch das scheint nicht in jedem Fall zu stimmen", dann bezieht sich dieser Satz doch eindeutig auf den voran gegangenen Satz. Lässt man diesen weg, wie geschehen, dann wird die negative Aussage logischerweise auf den voran gegangenen Satz bezogen ("Renditeziele von 20, 25 % werden als sittenwidrig bezeichnet"). Damit unterstellen Sie mir, ich würde von Wirtschaftsexperen getroffene Urteile für falsch halten. Das Gegenteil ist aber richtig, zumal ich diese Renditejagd im gleichen Satz als "kriminell" kennzeichne, was Sie wiederum herausgestrichen haben. Da der weiterführende Text sich dann (gekürzt) satirisch gegen die GEG-Abzocke richtet, weiß der Durchschnittsleser nun überhaupt nicht mehr, wie er den Inhalt deuten soll. Gegen diese Irreführung der Leser und der daraus folgenden Diskrininierung des Autors durch bewusstes Weglassen substanzieller Sätze protestiere ich entschieden.
Dr. Schelske hätte es anders machen können und kann es noch nachholen. Er hätte den Abdruck ohne die sinnentstellende Kürzung verlangen sollen. Hätte sich die OZ geweigert, hätte er sich beim Presserat beschweren können. Hier die Passage im Pressekodex:

Kürzungen sind jedoch möglich, wenn die Rubrik Leserzuschriften einen regelmäßigen Hinweis enthält, dass sich die Redaktion bei Zuschriften, die für diese Rubrik bestimmt sind, das Recht der sinnwahrenden Kürzung vorbehält.

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