9. Februar 2012

Nichts gemerkt

Die Greifswalder Redaktion ist jene, die nie mitbekommt/mitbekommen will, wenn sie über Gesetzesverstöße berichtet, so auch in der heutigen Ausgabe:
Baumfällung erzürnt Lüssower
Im Ranziner Weg werden auf 50 Metern Länge Pappeln abgenommen.
Friederike Michalek ist außer sich: Ein-Euro-Jobber des Arbeits- und Strukturfördervereins Gribow haben im Ranziner Weg auf einer Länge von 50 Metern alle Pappeln, Eichen und Sträucher abgeholzt.
...
Ein-Euro-Sklaven werden gesetzwidrig missbraucht, und die Autorin zieht sich bildlich an der Frage hoch, ob die Bäume gefällt werden durften oder nicht. Interessant ist auch, dass die Beschwerdeführer, Lüssower Bürger, keinen Anstoß daran nahmen, dass Ein-Euro-Sklaven missbraucht wurden, statt dass die Arbeiten ausgeschrieben und einem Unternehmen übergeben wurden. Woher sollen sie auch wissen, dass gesetzwidrig gehandelt wurde, wenn die OZ seit Jahren so tut, als gäbe es keinen Ein-Euro-Sklaven-Missbrauch.

Die Grünen haben eine Erklärung zu dem Gesetzesbruch verbreitet:
Amt Züssow bestätigt Rechtsbruch durch die Sozialagentur
GRÜNE kritisieren zum wiederholten Male den rechtswidrigen Einsatz von „Ein-Euro-Jobbern“

In Lüssow mussten Presseberichten zufolge auf einer Länge von 50 Metern alle Pappeln, Eichen und Sträucher abgeholzt werden. Dies sei im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht geschehen, so das Amt Züssow. Die Arbeiten sind von „Ein-Euro-Jobbern“ des Arbeits- und Strukturfördervereins Gribow ausgeführt worden.

Solche “Ein-Euro-Jobs” sind Eingliederungsmaßnahmen und sollen ausschließlich dazu dienen, einen Weg auf den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Nur zu diesem Zweck sind die im öffentlichen Interesse liegenden und zusätzlichen Arbeitsgelegenheiten zulässig. Dazu gibt in den Eingliederungsvereinbarungen zwischen Jobcenter und ALG II-Berechtigtem festgelegte Ziele, die zu erreichen sind.

„Die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht ist aber Gefahrenabwehr und damit als Pflichtaufgabe der Gemeinde niemals zusätzlich“, sagte der Vorsitzende der Kreistagsfraktion Vorpommern-Greifswald von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und sozialpolitische Sprecher des Kreisverbandes, Gregor Kochhan. „Mit seiner Begründung bestätigt das Amt Züssow den rechtsmissbräuchlichen Einsatz der Betroffenen“, so Kochhan.

Die Betroffenen sind aber nicht der Willkür der Ämter schutzlos ausgeliefert. Das Bundessozialgericht hat in zwei Entscheidungen geurteilt, dass ihnen ein öffentlich-rechtlicher Schadenersatzanspruch zusteht, wenn bei „Ein-Euro-Jobs“ das Merkmal der Zusätzlichkeit fehlt. Das Bundessozialgericht: „Da die Arbeit dann in Erfüllung einer Aufgabe erbracht worden ist, die in jedem Fall hätte durchgeführt werden müssen, ist beim begünstigten Jobcenter durch die ersparten, aber notwendig gewesenen Aufwendungen zur Erfüllung dieser Aufgabe ein Vermögensvorteil entstanden.“
„Den Betroffenen steht dann für diese Arbeit ortsüblicher bzw. tariflicher Lohn zu“, sagte Kochhan abschließend.

„Sollte es jedoch keine Arbeit im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gewesen sein – und nur dann wäre der Einsatz der „Ein-Euro-Jobber“ nicht rechtswidrig – , hat das Amt Züssow die Einwohner, die bei der Entscheidung zur Abholzung nicht beteiligt wurden, schlicht hinters Licht geführt“, sagte Dr. Ulrich Rose, Vorstandsmitglied des Kreisverbandes Vorpommern-Greifswald von Bündnis 90/Die Grünen.

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