7. Oktober 2011

OZ als Diener von Anrufzentralen

Wenn in der Greifswalder OZ über Anrufzentralen geschrieben wird, dann fehlt grundsätzlich der kritische Abstand zu den Unternehmen, um es freundlich auszudrücken und es artet grundsätzlich in eine Stellenanzeige im redaktionellen Beitrag aus.
Heute ist ein weiteres Kapitel hinzuzufügen:
Greifswalder Callcenter wollen Niedriglohn-Image abschütteln
Sieben Unternehmen der Branche beschäftigen in der Hansestadt inzwischen knapp 1000 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit. Weitere Arbeitskräfte werden gesucht. ...
Wie sich Greifswalder Callcenter schütteln, ist jedoch nicht aus der Reklameschrift zu ersehen:
Bis vor kurzem hatte die Branche den Ruf, ausschließlich Niedriglöhne zu zahlen. 
Also hat die Branche bereits den Ruf abgeschüttelt, Niedriglohn zu zahlen?
„Wer im Callcenter Vollzeit arbeitet, kann davon leben. Der Stundenlohn beträgt 7,50 Euro plus diverse Zuschläge. Es gibt Berufe, in denen deutlich weniger verdient wird.“
Klar, wer noch geringere Einkommen als Maßstab nimmt, kann natürlich zeigen, dass mehr verdient wird.
Welche Zuschläge wofür gezahlt werden, ist aus der OZ seit Jahren nicht zu erfahren.
Ohne Zuschläge verdiente ein Beschäftigter, alleinstehend, kinderlos, netto knapp 1000 Euro monatlich. Richtig, davon kann er leben. Doch selbst mit Zuschlägen für Wochenend- und Feiertagsarbeit wird er bildlich keine großen Sprünge machen können. Für mich bleibt die Branche eine Billiglohnbranche.
Dies verschweigt die Autorin, passt nämlich nicht zu einer Stellenanzeige:
Die Gewerkschaft hatte nach eigenen Angaben bereits im November 2009 ihren Antrag auf einen Mindestlohn von 9,50 Euro gestellt.
Es gibt bis heute keinen Mindestlohn.

Und dann wieder unverhohlene Stellenanzeige.
Die Center beschäftigten ihre Leute in Voll- oder Teilzeit und hätten auch Studentenjobs, sagt Heike Gerwien. „Die Bewerber können selbst entscheiden, wie viele Stunden sie arbeiten wollen.“ Man müsse ja auch nicht sein ganzes Berufsleben Telefonist bleiben. Aufstiegschancen gebe es aber genug. ...
Klar, keiner bleibt Telefonist; alle steigen auf. 

4 Kommentare:

  1. Manfred Peters7.10.11

    Der hier geforderte Mindestlohn wäre doch mal ein Lackmustest für die beiden Mindestlohnkämpfer Sellering und Zaffier!
    Zumal Sellering hier seinen Wahlkreis hat und damit auch zum ersten Mal einen praktischen Mehrwert für seine Wähler bringen könnte.

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  2. Zaffier finde ich gut, Lackmustest auch.

    Allerdings: Kann Sellering einen Mindestlohn für Telefonisten in M-V einführen? Ich glaube nicht.

    Kleine Zugabe zum Einkommensvergleich:
    Ein OZ-Redakteur, alleinstehend, kinderlos, erhält nach zehn Jahren Berufserfahrung ohne Zuschläge knapp 2600 Euro netto monatlich, eine zweieinhalbfach höhere Vergütung als ein Telefonist. Das im Hinterkopf hätten der Redakteurin die Finger ihren Dienst versagen müssen, als sie die Reklame für die Telefonzentralen tippte.
    Allerdings kann in der OZ nicht jeder aufsteigen, wie es laut Greifswalder Stellenanzeige in der Telefonistenbranche möglich sein soll.

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  3. Anonym7.10.11

    Für den Lohn sollten sich die Betreiber der Telefonzentralen selbst das Headset aufsetzen.

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  4. Manfred Peters7.10.11

    @ Lupe
    Für M-V alleine nicht, aber „ ... die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift“, wenn schon die Ost-CDU mit Zaffier an der „Spritze“ dabei ist und sich andere gesellschaftliche Kräfte anschließen. ;-)
    Wie alt das Thema schon ist, wird hier deutlich:
    „...Union und SPD verweigern Mindestlohn
    Die Bundesregierung verweigert den Callcenter-Beschäftigten einen Mindestlohn. Trotz aller öffentlichen Bekenntnisse zum Mindestlohn ist die SPD nicht bereit, die im Bundestag existierende Mehrheit (SPD+DIE LINKE+Grüne) zu nutzen und für Deutschland einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. ...“
    Mehr Hintergrundinfos:
    http://www.axel-troost.de/article/3620.bundesregierung-kein-mindestlohn-callcenter-beschaeftigte.html

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