29. Januar 2011

Plottke, der Aufschreiber

Mit einem Kommentar, einem Bekenntnis zum Koloss von Heringsdorf, begann Lennart Plottke seinen Text, der ein Bericht sein soll und mit einem Tag Verspätung nun auch den Bunkerbewohnern zur Kenntnis kommt:
Es geht endlich vorwärts: Am Donnerstagabend gab die Heringsdorfer Gemeindevertretung grünes Licht für die Pläne zur Neugestaltung des Ortszentrums an der Delbrückstraße.
Was er als endlich vorwärts gehend empfindet, halten etliche Heringsdorfer für einen der großen sich entwickelnden Bauskandale in der Gemeinde. Wer hat nun Recht? Plottke oder die anderen? Daran lässt ich leicht ermessen, dass es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung sondern um Kommentar handelt. Tragisch ist, dass die meisten Leser nicht merken, wie ihnen eine Meinung als Tasachenbehauptung gegen Geld untergejubelt wird. Das ist Lesermanipulation.

Wer Kommentar und Bericht vermischt, verstößt gegen eine journalistische Grundregel, etwas, das in der OZ, dem kritischen Hochwertblatt, längst gang und gäbe ist.
Zähes Ringen: Parlament votiert für neuen Ortskern Heringsdorf
Die Tage des alten EKZ-Gebäudes sind gezählt: Nach heftigen Diskussionen winkte die Gemeindevertretung den Bebauungsplan für die Umgestaltung des Zentrums durch.
Eines ist auffällig: Es fehlt jedes Nachfragen, weil der Redakteur während der Sitzung mitschrieb und offensichtlich niemanden danach befragte. Ein Beispiel:

... vom Bauausschuss-Vorsitzenden Thomas Heilmann. Im Vorfeld hätte es bereits dutzende Gespräche gegeben — „da habe ich solche massiven Einwendungen auch nicht gehört“. 
Häh? Mit wem hat der der Ausschussvorsitzende gesprochen? Gelten dem Vorsitzenden nur Meinungen von Ausschussmitgliedern, Behördenmitarbeitern und Investoren?
Mit Harald Linde und seinen Verbündeten sprach er offensichtlich nicht,
mit mir nicht, obwohl ich während der Vorstellung des kolossigen Vorhabens massive Einwendungen gegen das Vorhaben geäußert hatte,
auch nicht mit jenen, die schriftlich gegen den Bau des Hotels mit Ladenzeile Einwendungen erhoben hatten.
Von all dem wusste Plottke nichts? Dann sollte er in der Usedomer Lokalredaktion seine Tätigkeit beenden.
Dabei hatte ein Bürger sogar mitgeteilt (und Plottke hatte es in seinem Text zitiert), dass er nicht beteiligt worden war, was ein schlechtes Licht auf den Ausschussvorsitzenden und das Vorbereitungsverfahren wirft, in dem übrigens auch die OZ einen auffallend schlechten Eindruck gemacht hatte:
Da kündigte George Kwakkernaat, Geschäftsführer des Kurhotels, eine Klage gegen den Beschluss an.
Er sei als unmittelbarer Nachbar nicht in die Gespräche einbezogen worden. Ein ursprünglich für den 2. Februar anberaumter Termin mit Bauamtschef Andreas Hartwig sei nach der gefallenen Entscheidung „natürlich ein Witz“.
So läuft bildlich der Laden in Heringsdorf, wenn ein Bauvorhaben durchgedrückt werden muss (Warum muss es das überhaupt?), kein Thema für Plottke.

Und dann zeigte der Ausschussvorsitzende etwas, dass ihn als Propagandisten des Investors erscheinen lässt:
Ihm selbst falle eine positive Entscheidung mit Blick auf Bettenzahl und Baumasse ebenfalls schwer — dennoch werde er dafür stimmen, „weil wir damit unter anderem eine ganzjährige Belebung des bislang doch eher toten Bereiches erreichen und so etwas für die Einheimischen tun“.
Er wird sich wundern, wie ruhig es dort von November bis März sein wird, abgesehen von den Feiertagen. Möglicherweise wird er sich auch nicht wundern, weil er weiß, dass er Unsinn verbreitet. Wer hat dem Mann, der Bettenzahl und Kolossigkeit für bedenklich hält, eingeredet, dass das Hotel mit Ladenzeile den Heringsdorfern Vorteile bringen wird? Plottke fragte das Weichei nicht.


Auch dieser Aussage ging Plottke, der kritische Hochwertjournalist, nicht nach:
Im Übrigen wundere ihn, dass Architekt Gerd Seele, Bauherr des Projektes „Forum Usedom III“ (die OZ berichtete), plötzlich nichts mehr gegen den Bauplan „Ortszentrum“ habe: „Es gab mal etliche Stellungnahmen und Anwaltsschreiben — davon höre ich heute nichts mehr.“ Es merke doch jeder, „dass hier gedealt wird.“
Das sind schwere Vorwürfe, die zumindest die Stellungnahme Seeles zwingend erfordert hätten. Merkte der Redakteur das nicht? Dann kann er auch aufhören, sich Journalist zu nennen und sollte sich mit dem Titel Aufschreiber begnügen; das Gehalt bleibt ja das gleiche.

Dies noch:
Man befinde sich in einem normativen Verfahren, konterte Bürgermeister Klaus Kottwittenborg. Während der öffentlichen Auslegung hätte es genügend Möglichkeiten zu Stellungnahmen gegeben: „Und dafür gibt es nun mal ganz klare Fristen.“
Nie und nimmer kann der Aufschreiber daran gedacht haben, den Bürgermeister zu fragen, was denn aus all den Stellungnahmen und Einwendungen geworden ist, die es sehr wohl gegeben hat, wenn auch wohl nicht von Kwakkernaat.

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