14. Mai 2010

Hinkend gestohlen

Glaubt der Leser der Greifswalder Zeitung den Auslassungen des ehemaligen Bausenators Arenskrieger, könnte er zu der Auffassung gelangen, die Stadt habe mit dem Kauf des ehemaligen Postgebäudes geradezu einen Reibach gemacht. So geht es aus einem Interview hervor, das der Umstrukturierer und Explosionserfinder Fischer mit Arenskrieger führte. Der Mann darf sich per OZ entschulden, dass mir fast die Tränen kamen.
„Hier wird kein Geld verschleudert“
Wird das geplante Behördenzentrum ein Millionengrab? Nein, sagt Ex-Bausenator Reinhard Arenskrieger. In der OZ spricht er erstmals selbst über die Vorwürfe. ...
Was die OZ alles drauf hat! Ohgott, heilige Arroganz! Am 13. Mai berichtete das Nordmagazin an erster Stelle, mit Aussagen Arenskriegers, doch das zählt für den Umstrukturierer natürlich nicht. Schließlich hatte er viiiieeel mehr Fragen gestellt.

Aber natürlich ist das geplante Zentrum kein Millionengrab. Nur ist etwas passiert, was in ganz D (z.B. Elbphilharmonie Hamburg) inzwischen Alltag geworden ist: Dem jeweiligen Stimmvieh wird ein Projekt mit heruntergerechneten Kosten schmackhaft gemacht. Wird erst einmal gebaut, steigen die Kosten aus den bekannten Gründen, schnell auch um 100 Prozent. Dann ist wieder das Stimmvieh an der Reihe: Ihr könnt doch nicht dagegen sein. Wir können doch jetzt nicht einfach aufhören. 

Die Gründe für die Kostenüberverdoppelung laut ehemaligem Bausenator:
Die Kostensteigerung ... hat im wesentlichen folgende Gründe: Beseitigung versteckter Baumängel und Baugrundverhältnisse, Maßnahmen nachhaltigen Bauens und Steigerung der Energieeffizienz, Magazin im Keller des Neubaus statt Kriechkeller und eine Steigerung der Baupreise. ...
Das müssen ja Experten gewesen sein, die geplant und das alles nicht gewusst haben. Wozu wurde dann überhaupt geplant? Wegen des Schmackhaftmachens.
Stellen Sie sich bitte vor, Sie würden wegen Geldmangels eine gebrauchte Immobilie kaufen und hätten solche Experten an Ihrer Seite, die die Kosten schätzen sollten, die Sie für den Umbau und die Sanierung aufbringen müssen. Gratulation!

Und so schlimm ist das auch gar nicht mit den Kosten, denn:
Die Verwaltung hat am Montag dargestellt, dass die Stadt nach Abzug von Fördermitteln von den Gesamtkosten rund 7,68 Millionen Euro zu tragen hat. Hinzu kommen 1,4 Millionen Euro für Ausstattungen, wenn zusätzlich zu den geplanten Dienststellen weitere Einrichtungen im Postkomplex untergebracht werden. Dann können die bislang vom Stadtarchiv, vom Jugendamt und Sozialamt genutzten Objekte aufgegeben und verkauft werden. Nach Abzug der Verkaufserlöse von rund 800 000 Euro wären von der Stadt noch rund 8,7 Millionen Euro zu finanzieren. ...
Besonders ergreifend finde ich immer den Hinweis auf Fördermittel, die ja bekanntlich vom Himmel regnen, wenn nur ausreichend um Regen gebetet wird. Dass Fördermittel Euros sind, die nicht anderweitig ausgegeben werden können, ist natürlich piepegal. (Wenn wir se nich kriegen, kriegen se andere.)

Arenskrieger erhielt sogar Gelegenheit, den Umstrukturierer zu widerlegen, der am 11. und am 12. Mai von einer Kostenexplosion schwadroniert hatte:
Die Kostensteigerung stellte sich nach und nach heraus ...
Keine Nachfrage des Strukturbenjamins von wegen der von ihm berbeigeschriebenen Explosion und so.

Die Krönung ist des Umstrukturierers zweiter Artikel zum Thema:
Konspirativ: Die Stolpe-Connection
konspirativ = geheim, gesetzwidrig, illegal, im Untergrund arbeitend, ungesetzlich, verschwörerisch
Connection = Beziehung, Verbindung
Bereits 1998 gab es Pläne für den Bau eines Technischen Rathauses, um die Stadtverwaltung in Greifswald zu zentralisieren. Ein konspirativer Bund soll damals versucht haben, den Kuchen allein unter sich aufzuteilen. Die Damen und Herren der sogenannten „Stolpe-Connection“ trafen sich einigen Gesprächsprotokollen zufolge zum ersten Mal am 22. Juni 1998 in der Sparkasse. Wie aus den Dokumenten hervorgeht, nahmen gemeinsam mit dem Hausherrn Jürgen Hahn und dem heutigen Präsidenten des Unternehmerverbandes Vorpommern, Gerold Jürgens, auch Vertreter des Architektenbüros PHS, der Firma Domizil Bauregie, der damaligen Greifswalder Wohn- und Herbergs-Gesellschaft (GWH) am Tisch Platz. ...
Woher weiß der Schlauberger von dem Protokoll, woraus Ihnen die OZ Informationen verkaufte? Er verrät es nicht; wäre ja auch peinlich, etwas im bösenbösen Internet nachgelesen zu haben, dann auch noch von den Greifswalder Grünen, bereits am 11. Mai ins Internet gestellt und im Detail kostenlos nachzulesen.

Hier schmückt sich jemand mit fremden Federn, weil er die Quelle nicht nennt. Das ist geistiger Diebstahl, unverschämt und amateurhaft. Journalistisch ist das sowieso eine Todsünde (dann dürften sich allerdings weitere Redakteure nicht mehr als Journalisten bezeichnen.)

Die Greifswalder Grünen haben ihre Meinung zu den Auslassungen Arenskriegers online gestellt.
Weiterhin ist nachzulesen, dass die Linken und die Grünene einen Untersuchungsausschuss beantragen. Und die OZ hinkt hinterher, alle Tage wieder.

1 Kommentar:

  1. In dieser Angelegenheit unterbietet sich die OZ HGW in diesen Tagen wirklich selbst, schön, dass das hier sauber aufgedeckt wird!

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