18. Juli 2009

Hochwertiges aus der Wirtschaft

Seit Mitte 2007 hatte ich auf die Übungen der OZ hingewiesen, die Wirtschaftsentwicklung schönzuschreiben. Noch im Herbst 2008 verdummte die OZ ihre Leser mit solchem Quark - inklusive der Kaffeesatzlesereien sog. Wirtschaftsweiser, die nie eintrafen - eine Unsitte der OZ, die sie nach kurzer Pause der Besinnung unverdrossen fortsetzte. Für das alles haben Sie Geld ausgegeben.

Dass die OZ-Wirtschaftsweisen als Nachplapperer von Bonzengewäsch nicht merkten oder merken wollten, dass die Krise längst da war, als sie sich noch immer als Gute-Laune-Vervielfacher abmühten, haben die zahlenden Leser der Redaktion vielleicht schon verziehen oder die Konsequenz gezogen, für so etwas kein Geld mehr auszugeben. Dass aber die meisten sog. Wirtschaftsweisen im weiteren Sinne ahnungslos waren und es noch sind, sie die Bonzen, die die Journalisten und die wiederum die Leser ahnungslos hielten, dafür gibt es einen weiteren Beleg. Es zeigt sich, wie überflüssig die Wirtschaftsweisen sind:

Ahnungslose Ökonomen

... Die BIZ (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) hatte schon seit Jahren vor den Gefahren der "Great Moderation" gewarnt und darauf hingewiesen, dass sich kreditgetriebene Blasen an den Märkten für Aktien, Immobilien, Unternehmensanleihen und Rohstoffe gerade dann bilden, wenn alles hervorragend läuft, wenn also die Wachstumsraten relativ stabil und hoch, die Inflation niedrig und die Staatshaushalte im Gleichgewicht sind. Da alle Blasen irgendwann platzen, dürfen sie nicht zu groß werden. Je größer sie sind, desto höher sind die Folgekosten. Die Politik sollte frühzeitig etwas gegen überhitzte Märkte tun - "leaning against the wind".

Nicht nur das, sie hatte auch vorhergesagt, dass es lange dauern und viel an verlorenem Output kosten würde, bis die Haushalte und Unternehmen ihre Schulden wieder auf ein Normalmaß reduziert hätten. Während der Übergangszeit sei vor allem Sparen angesagt. Das heißt aber nichts anderes, als dass die Nachfrage - und damit das Wirtschaftswachstum - auf Jahre hinaus schwach bleiben könnte. Große Probleme hätten auch die Banken: Da der Wert ihrer Aktiva durch den Kurseinbruch bei Aktien, Unternehmensanleihen und die konjunkturbedingten Risiken bei den Krediten schrumpfen würde, vermindere sich ihre Kapitalbasis - erst wenn sie wieder hergestellt sei, könne an eine neue Expansion der Kredite gedacht werden.

Der BIZ war klar, wie es zu der Depression der dreißiger Jahre und zu dem "verlorenen Jahrzehnt" in Japan gekommen war. Sie hatte offenbar auch die wegweisenden Arbeiten von [3] Irving Fisher und [4] Hyman Minsky zur Krisenanfälligkeit der Wirtschaft gründlich studiert. Die globale Boomphase der vergangenen zwei Jahrzehnte wies für sie frappierende Parallelen zu den beiden früheren Episoden auf, und wer eins und eins addieren konnte, wusste, was folgen würde. Die BIZ gehörte, anders als die euphorisierten Marktteilnehmer und Politiker, zu denen, die zählen konnten. ...

Kaum jemand hat auf die Warnungen der Bank gehört. Hoffentlich hören die Beteiligten jetzt auf sie und tun etwas.

Die OZ verbrauchte heute zwei Seiten, damit Redakteure ihren Lesern Bücher für den Urlaub empfehlen konnten, wie schon 2007, wiederum ohne den Tipp, regelmäßig z.B. im Perlentaucher zu lesen, wo es täglich neue Hinweise auf Bücher kostenlos gibt, oder auch hier. Zahlende OZ-Leser sollten die OZ-Wirtschaftsweisen auffordern, im Urlaub den Bericht der BIZ zu lesen.

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