7. Juni 2009

Wozu eine Lokalzeitung taugt

Ich las gerade in den Änderungen des Entwurfs “Ortszentrum an der Delbrückstraße 1 in Heringsdorf”, einem Streitpunkt seit langem. Dabei fiel mir auf, dass nirgends von einer Verbesserung der Situation zu lesen ist, außer:

Die Neustrukturierung ermöglicht durch die Schaffung neuer Freiräume und Plätze eine Belebung und Aufwertung des Ortszentrums. Die Gesamtmaßnahme ermöglicht der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf ein zusätzliches imageprägendes Erscheinungsbild zu geben.

Das durchdenken Sie mal: zusätzliches imageprägendes Erscheinungsbild Falls mit Image der Ruf, das Ansehen oder das Charakterbild gemeint sein sollte, so kann solch ein Zentrum das Ansehen verbessern als auch verschlechtern. Es sagt also nichts aus, rein gar nichts, eine nichts sagende Redensart. Verschlechtern wird sich ziemlich alles:

1. Es wird deutlich lauter werden, vor allem durch die Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs.
2. Das große Gebäude wird unerwünschte Schatten auf Freiflächen und Nachbargebäude werfen.
3. Der Doppelklotz wird so groß, dass er durch Fassadengestaltung unauffälliger gemacht werden muss.
4. Das historische Erscheinungsbild wird beeinträchtigt. Gebaut werden soll der Heringsdorfer Doppelklotz dennoch.

Dass die Usedom-Peene-Zeitung der ganzen Angelegenheit nur widerwillig nachging, war nicht anders zu erwarten. Schließlich soll in dem Klotz ein Hotel mit 180 Betten entstehen. Ich stelle mir vor, wie der eine oder andere Redakteur glasige Augen bekommt, wenn er von weiteren Hotelbetten hört und es für einen weiteren Sieg des Tourismus hält, statt einfach all den Verschlecherungen nachzugehen. Die Heringsdorfer Bürger haben nur noch morgen Gelegenheit, Einfluss zu nehmen, denn die Bürgerbeteiligung endet morgen.

Hier einige Auszüge aus der Begründung des Entwurfes für den Bebauungsplan:

Die bauordnungsrechtlichen Festsetzungen zur Fassadengestaltung ... dienen zur Sicherung eines einheitlichen Gesamtensembles aus Medical-Wellness-Hotel, Ärztehaus / Gesundheitszentrum und Lofthaus. Die Architektur des neuen Komplexes kopiert nicht die im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert entstandene heterogene Bäderarchitektur, sondern entwickelt in Kubatur und Detail eine eigenständige Architektursprache, die, ohne zu historisieren, den Dialog mit der stilprägenden Bäderarchitektur des Ortes führt. Die Festsetzungen zur Fassadengliederung sollen zur Vermeidung großflächiger monotoner Fassadenflächen beitragen. ...
Die Sichtachse und der Blick auf das Seeschloss werden zudem durch eine optimierte Ausgestaltung und Lage der Zu- und Ausfahrt (zwischen der Baumgruppe vor dem Pommerschen Hof und dem 24 Neubau) nur geringfügig beeinträchtigt. ...  
Die drei Erschließungsvarianten wurden mit der Tiefgaragenvariante 4 im Rahmen des schalltechnischen Gutachtens vom Gutachterbüro GRI beurteilt. Demnach wird bei allen Varianten der Richtwert bzw. Orientierungswert für Allgemeines Wohngebiet von 55 dB(A) am Tag und 40 dB(A) in der Nacht, der im Bereich Ortszentrum Heringsdorf zugrunde zu legen ist, an fast allen untersuchten Immissionsorten der benachbarten Bebauung und der geplanten Bebauung innerhalb des Bebauungsplangebietes eingehalten. Eine Überschreitung durch den Anlagenlärm ergibt sich ... an der Süd-West-Fassade der Reha- Klinik/Kurhotel und im Plangebiet an dem geplanten Baukörper an der zur Tiefgarage gewandten Seite. Bei Berücksichtigung lärmmindernder Maßnahmen an den Rampen (schallabsorbierende Wände, Einhausung) entstehen daher keine wesentlichen Störungen in den angrenzenden Nachbarschaften. ...  
Die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes sowie der Denkmalpflege werden bezüglich des historischen Ortsgrundrisses unwesentlich berührt. Durch die Höhenentwicklung und Dimensionierung des geplanten östlichen Baukörpers wird jedoch ein Maßstabsbruch entstehen, der das historische Erscheinungsbild berührt. ...  
Die Gemeinde Ostseebad Heringsdorf trägt mit der vorliegenden Planung (Gestaltung eines neuen Ortszentrums) ihrer fusionsbedingten gewachsenen Bedeutung innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dem Landkreis Ostvorpommern sowie der Insel Usedom- Wolin Rechnung. In der fusionierten Gemeinde stellt die Ortsmitte nicht nur das Zentrum des Ortsteils Heringsdorf, sondern nunmehr auch das Zentrum der Gesamtgemeinde dar. ...

Das ist Schwachsinn, denn z.B die Verwaltungen sind über die drei Gemeindeteile verstreut und bleiben es. Außerdem wird ein Zentrum nicht dazu, indem es zum Zentrum erklärt wird.

Eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds des denkmalgeschützten Seeschlösschens wird durch die Einhaltung eines Abstandes von mind. 40 m minimiert. ... Eine Betroffenheit des Schutzgutes Luft / Klima ist durch die begrenzte Überschreitung der Lärmgrenzwerte sowie der Förderung des Erwärmungseffektes durch die Erhöhung der Versigelungsgrades gegeben. Eine erhebliche Betroffenheit kann dadurch jedoch nicht festgestellt werden. ... Verschattung Die Ausrichtung der Gebäude sowie die zulässigen Gebäudehöhen führen zu veränderten Schattenverhältnissen. Aufgrund der zulässigen Gebäudehöhen kommt es zu einer Verschlechterung gegenüber der heutigen Situation. ...
Also noch einmal die Frage, die die OZ längst hätte beantworten lassen müssen, wenn sie hier zu Hause wäre: Was wird besser durch die geplante Bebauung?

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