Der Vertreter des Architekturbüros Zeidler, Thomas Hübener und seine Mitarbeiter taten genau das, was von solchen Veranstaltungen zu erwarten ist: Sie zeigten die schönen Seiten des Projektes und das mit einer manipulativen Raffinesse, die Achtung gebietet.
Während der Vorstellung gelang es den etwa 60 Gästen der Veranstaltung nicht, den Hotelbau, den zukünftigen Koloss von Heringsdorf in seiner ganzen Größe zu sehen. Stets waren Teile des Gebäudes von Bäumen verdeckt, obere Teile wurden durch den Bildausschnitt entfernt. Wenn der Hotelkomplex insgesamt gezeigt wurde, dann aus der Vogelperspektive.
Aber selbst aus großer Höhe gezeigt, wurden die Giebel künstlich durch Bäume verkürzt.
Ich erinnerte mich an Honeckers Besuch des Greifswalder Doms vor etwa 20 Jahren. Im Fernsehen der DDR wurde der Stadtkern Greifswalds aus großer Höhe gezeigt, aus einem Hubschrauber gefilmt. Ich staunte, wie schön die Stadt von oben aussah, besonders weil ich in der Stadt wohnte und nicht über den Dingen schwebte. Ich, wie viele andere, sahen täglich die verfallenden Häuser ganzer Straßen. Ich habe seitdem darauf geachtet, wie etwas aus der Nähe aussieht, was ich zuvor aus großer Höhe zu sehen bekam und war, auf dem Boden der Tatsachen angelangt, stets enttäuscht. So erging es mir auch gestern Abend.
Es gelang keinem der Gäste zu erkennen, wie das geplante Hotel von der Promenade aus wirkt, denn sowohl in der Animation als auch in der Einzeldarstellungen verdeckten eingezeichnete Bäume die Sicht. Das aus schlechtem Grund, denn der Giebel des Gebäudes ist dort 30 Meter hoch, nicht 26 Meter, wie die OZ falsch berichtete und bis heute nicht berichtigte.
Erst nach mehrmaligem energischem Nachfragen gaben die Architekten zu, dass das Gebäude 30 Meter hoch werden soll. "Die 30 Meter haben wir gut versteckt." Erst durch Nachfragen gaben die Architekten zu, dass das Gebäude 75 Meter lang werden soll. Als sie die Höhe der beiden anderen Gebäude (Gesundheitszentrum, Loftwohnungen) nennen sollten, begann das große Rätselraten. Erst nach Minuten peinlicher Messerei fanden sie die Höhe heraus. Auch die Geschosszahl konnten sie nicht auf Anhieb nennen. Solche schlichten Zahlen sind wohl für Architekten nebensächlich.
Nur nebenbei: Die beiden kleineren Gebäude werden etwa doppelt so hoch sein, wie das jetzige (das EKZ, das abgerissen wird).
Bedenklich war, das kein Gast das Projekt lobte. Es gab nur kritische Nachfragen zur Kubatur, zum Straßenanschluss der Tiefgarage und deren Nutzung. Fakt ist: Der Gebäudekomplex wird unverhältnismäßig größer als der bisherige. Warum das so sein muss, erfuhr ich auch auf Nachfrage nicht.
Apropos, der Architekt konnte nicht sagen, wie viele der max. 290 Stellplätze in der Tiefgarage freie sein werden - der Verkehrsplaner war nicht dabei.
Der Bauamtsleiter, nach dem zu erwartenden Lärm durch den zusätzlichen Autoverkehr befragt, erklärte, dass das Lesen solch eines Gutachtens schwierig sei, es sich um trockene Materie handele. Dabei hätte er nur zu sagen brauchen, dass selbstverständlich der Lärm deutlich zunehmen wird. Übrigens wird dadurch auch die Luft stärker verpestet. Doch wer sagt so etwas schon gern?
Wie die Höhen und Breiten architektonisch getarnt werden:
Nach oben ist das Hauptgebäude abgestuft, sodass dessen Höhe nicht von allen Seiten erkennbar wird.
Die 75 Meter-Front wird optisch verkürzt, indem die Fassade einen Knick erhält.
Die Flächen sind so gegeliedert, dass der Eindruck erweckt wird, es handele sich um ein fünfgeschossiges Gebäude (geschossübergreifende Elemente). Die gegenüberliegenden Gebäude sind zusammen ebenfalls 75 Meter lang. Hier wird durch eine Trennung der Gebäude die Front geteilt und so optisch verkürzt.
Ein komplettes Geschoss soll sich unter der Geländeoberkante befinden. Hier werden Geschäfte entstehen.
Einer der Gegner des Kolosses, H. Linde, meinte:
Eineinhalb Jahre haben der Investor und seine Architekten, gemeinsam mit dem Bürgermeister, mit geschönten Bildern und vor allem unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Abgeordneten zu dieser Beschlussfassung verführt. Sollte es nun mit dem Projekt und der Bevölkerung Probleme geben, wird der Gemeindevertrung der schwarze Peter zugeschoben, unglaublich!
Bleibt abzuwarten, wie sich unsere neue Gemeindevertretung bei der in Kürze anstehenden abschließenden Beschlußfassung " Satzung B - Plan 23 " positionieren wird.
Fakt ist jedenfalls, dass unsere Feriengäste nicht zum Weißenhäuser Strand fahren und sogar eher Westerland mit den Hochhäusern aus den 70-ern auf Sylt meiden und uns wegen des Werbe-Prospekts "Bäderarchitektur" besuchen. Sie lieben fast alle das "Kleine Gemütliche" und reisen nach Herings-DORF und werden nicht wegen der "tollen Architektur" eines Großstadtarchitekten kommen.
Aufmerksam wurde ich, als Architekt Hübener zum Ende der Vorstellung meinte, wir Heringsdorfer müssten die "Chancen und Möglichkeiten" (keine Ahnung, was der Unterschied zwischen einer Chance und einer Möglichkeit ist) sehen, die das Projekt biete. Meine Frage im Anschluss an die Veranstaltung, wen er denn gemeint habe, der jetzt die Chancen habe und ob das nicht in erster Linie der Investor sei, der ordentlich Geld verdienen wird, meinte er, solche eine negative Einstellung lasse er sich nicht bieten. Gleiches antwortete er, als ich wissen wollte, ob ich die architektonischen Kniffe, mit denen der Komplex optisch verkleinert wurde, richtig erkannt hätte. So blieben meine Fragen offen.
Noch dies: Manch Gast mag beeindruckt gewesen sein von der Vorstellung. Ich habe schon viele Projektvorstellungen erlebt. So wie auf den Zeichnungen wurde fast keines ausgeführt. Es musste gespart werden. Und genau die Aufhübschungen mussten dran glauben. Ich werde meine Fotos aufheben und bei Gelegenheit (2012 oder so) zeigen, was ich meinte. Eins wird mit Sicherheit bleiben, der Koloss ein Koloss.
Nur so nebenbei:
AntwortenLöschenArchitekt Hübner betonte mehrfach, dass er und seine Leute viel Zeit in die Aufgabe investiert hätten und welch einem beeindruckenden, internationalen Architektenbüro er doch angehöre.
Ich antwortete ihm, mich interessiere nicht, wie viel Aufwand er getrieben habe. Allein das Ergebnis zähle und das gefalle mir nicht.
So kann ich nicht sein Freund werden, glaube ich.
Worum geht es Dir nun eigentlich? Um die Berichterstattung der OZ oder um das Bauvorhaben? Journalistisch sauber getrennt ist dieser Beitrag aber auch nicht, sorry.
AntwortenLöschenWer hat behauptet, dass bloggen Journalismus ist?
AntwortenLöschenMir geht es sowohl um die unjournalistische Leistung (ein Unding, so etwas den Lesern gegen Geld als kritischen Hochwertjournalismus anzudrehen)als auch um den Koloss als solchen. Wer sich auch nur am Rande mit den Ausmaßen des geplanten Bauwerkes befasst, weiß, dass das Ding überdimensioniert ist.