6. März 2009

Zahlen, von der Greifswalder Zeitung verschwiegen

Die Greifswalder Zeitung verkürzte eine Pressemitteilung der Greifswalder Grünen zu den scheußlichen Bedingungen, unter denen Ein-Euro-Sklaven auf dem Greifswalder Friedhof arbeiten müssen:
Grüne: Arbeit der ABS besser kontrollieren!
Nach bekanntgewordenen Unzulänglichkeiten in der Beschäftigung von Ein-Euro-Jobbern haben die Grünen gefordert, das Vorgehen der Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft (ABS) besser zu kontrollieren. Menschen bei Eis und Schnee arbeiten zu lassen, ohne ihnen ein WC und eine Aufwärmgelegenheit zu bieten, sei einer Eingliederungsmaßnahme nicht würdig. Zumal, wenn man die Praxis der hiesigen ARGE kenne, die einem Abbruch der Tätigkeit die Kürzung des ALG II folgen lasse, erklärte der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Gregor Kochhan.
Sie machte aus der Mitteilung einen Meldungsspaltenfüller. U.a. verschwieg sie dies ihren Lesern:

Die Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft (ABS) der Universitäts- und Hansestadt Greifswald ist so etwas wie die Geheimwaffe der wirtschaftsfreundlichen Kommune im Kampf um niedrige Arbeitslosenzahlen. Immerhin sind hier geschätzt etwa 600 so genannte Ein-Euro-Jobber geparkt. Das eigentliche Ziel dieser Maßnahmen, die Betroffenen wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen, ihnen Hilfe bei der Strukturierung ihres Tagesablaufes und ein Stück menschlicher Würde zu geben, wird, wie bereits mehrfach vermutet, verfehlt.

Sie gab auch nicht die Polemik der Grünen weiter, nungut:

Der Zynismus der Chefs der ABS, Manfred Bogaczyk, der auf diese Zustände angesprochen, auf die vorhandenen Bänke verwies, ist unvergleichlich. Hätte nur noch die Empfehlung gefehlt, die Betroffenen könnten, um eine Möglichkeit zur Verrichtung der Notdurft zu haben, Löcher in die Bänke schneiden. Immerhin, so ließ sich der ABS-Chef vernehmen, hätte man eine Propangas-Wärmequelle zur Verfügung gestellt. Mehr Fürsorge wurde wohl als nicht notwendig angesehen, so Kochhan weiter.

Aber jetzt dies:

Nach niedrigen Schätzungen beschäftigt die ABS etwa 600 Ein-Euro-Jobber - eventuell auch noch mehr. Für jeden Beschäftigten erhält die ABS nach Angaben der hiesigen ARGE eine durchschnittliche monatliche Pauschale in Höhe von 145,- Euro zusätzlich zur Mehraufwandsentschädigung, die an die Ein-Euro-Jobber durchgereicht wird. Wenn der Leiter der ARGE in diesem Zusammenhang von „Lohn“ spricht, so ist dies schlicht falsch. Es handelt sich bei dem gezahlten einen Euro um einen Ausgleich des Mehraufwandes, den ein Ein-Euro-Jobber hat, z.B. für Fahrtkosten, erhöhten Verpflegungsaufwand etc. So allerdings wird den Betroffenen suggeriert, sie stünden in einem Arbeitsverhältnis.
Die Einnahmen der ABS liegen im Bereich der Pauschale monatlich bei 87.000 Euro. „Davon können ganz viele Toiletten und Bauwagen gemietet werden“, so Kochhan.

Die von den Greifswalder GRÜNEN vor geraumer Zeit aufgestellte Forderung, die ABS genauer unter die Lupe zu nehmen und auf Ein-Euro-Jobs weitgehend zu verzichten, erweist sich angesichts dieser Zahlen und Umstände als richtig und notwendiger denn je.

Nun erhielt ich noch diese Information:

Mittlerweile ist gesichert (gestern im Sozialausschuss der Bürgerschaft), dass ca. 700 Ein-Euro-Jobber bei der ABS „beschäftigt“ sind. Das sind jeden Monat 100.000,- Euro für die ABS.

Ja, wenn das keine Thema ist, übrigens schon seit Jahren, wozu ist dann eine Lokalzeitung nützlich?
Was tun die 700 Leute und was passiert mit den monatlich 100000 € Steuergeld?

Natürlich ist das mit diesem Thema so eine Sache; die Greifswalder Zeitung hat nicht zum ersten Mal in Sachen Langzeitarbeitslosigkeit versagt.
Dass auch in der OZ nicht zwischen Lohn und Aufwandsentschädigung unterschieden wird, ist typisch. Es zeigt die Ahnungslosigkeit in der Redaktion.

2 Kommentare:

  1. Anonym7.3.09

    Warum schickt denen nicht mal einer die Damen und Herren vom Arbeitsschutz auf den Pelz?
    Jeder kleine Unternehmer hat Standards einzuhalten oder bekommt sie aufgebrummt, wo man sich mitunter nur an den Kopf fassen kann und bei Stadt und Co.ist alles möglich. Gelten Bestimmungen des Arbeitsschutzes für "1-Euro-Jobber" nicht genauso wie für alle anderen oder sieht man hier bewusst weg?

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  2. Kleiner Tipp: Fragen Sie doch mal in der Greifswalder Zeitung nach, ansonsten doch lieber hier nachlesen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Ein-Euro-Job#Voraussetzungen

    Was aber viele nicht wissen:

    Da es sich bei der Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigungs nicht um Arbeitsverhältnisse handelt, gibt es weder einen Arbeitsvertrag noch tarifliche Entlohnung, keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub, kein Streikrecht und keinen Kündigungsschutz.

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