7. März 2009

Opel-Rettung und Nachwendezeit

Es darf weiter schwadroniert werden in Sachen Opel:
Opel-Hilfe: Entscheidung dauert noch Wochen
Für den Autobauer wird die Zeit knapp: Ein weiteres Spitzentreffen der Führungsriege mit der Berliner Politik verlief ohne Ergebnis. ...
Irgendwelche Bonzen sagen je ein bis zwei Sätze und fertig ist der Artikel, wo doch eine Kurzmeldung genügt hätte, denn es gibt nichts Neues zu vermelden.

Dazu wurde noch einen Kommentar geschustert:
Von Krisentreffen zu Krisentreffen
Opel und mehr
... Viel Zeit bleibt Opel nicht mehr, um einen Rettungsanker zu finden. Da wundert es schon, wie unvorbereitet Opels Manager nach Berlin fuhren, wo aber auch niemand einen belastbaren Plan B hat.
Ist doch klar. Wie sollen jene, die die Krise mitverursacht haben, nun den richtigen Weg heraus finden? Ist doch lächerlich!
So dämmert die üble Erkenntnis: Nicht nur Opel fehlt ein Zukunftskonzept, sondern auch der Politik.
Donnerwetter, nachdem seit mindestens vergangenem Sommer die Krise da ist, dämmert es jetzt dem Kommentator - viel zu spät. Nicht vergessen: Es ist Wahljahr und da ist Bonzenvorsicht geboten, auch daher die Eierei.

Und er schließt mit dieser Plattidüde:
Hingegen ist bekannt: Keine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ist unbegrenzt belastbar.
Toll, was der Mann so alles herausgefunden hat!

Wie belastbar Ordnungen sind, zeigen einerseits die Ereignisse im Jahr 1989 in der DDR und andererseits die Zeit ab 1990, als die DDR kolonisiert wurde und deren Wirtschaft zum großen Teil verschenkt, zerstört, niederkonkurriert oder aufgekauft wurde, um die Betriebe auszuschlachten und dann zu schließen. Erinnert sich noch jemand, wie den Beschäftigten damals geholfen wurde, jenen, die monatelang als Null-Stunden-Kurzarbeiter um ihre Arbeitsplätze bangten, um dann arbeitslos zu werden?

Viele kämpften. Ihre Hilferufe wurden von Mitarbeitern der DDR-Verscherbelungsbehörde rotzfrech zurückgewiesen: "Es ist alles in Ordnung. Ihr habt eben keine Ahnung von Marktwirtschaft. Euer Betrieb wird in sechs Moanten überprüft. Das ist nun mal der Turnus." Doch schon nach zwei Monaten gab es den Betrieb nicht mehr. Tja, Arbeit gespart.

Millionen Ossis wurden arbeitslos. Danach krähte nur anfangs der Hahn, später waren die Millionen in den Medien nur noch Zahlen, die stets geschönt wiedergekäut wurden und werden. Wer hat damals solch ein Theater veranstaltet wie heute mit Opel? Ich kenne einige Leute, die ganz klar sagen, lasst Opel untergehen, wenn sich das Unternehmen nicht selbst helfen kann. Komme mir jetzt niemand mit Solidarität. Die ist den Ostbürgern über 19 Jahre hinweg systematisch abtrainiert worden. Die Gegenfrage lautet immer: Warum soll es den Opelanern anders ergehen als uns? Kein Steuergeld für Opel! Schlimm genug, dass für die Banken Milliarden verpulvert werden.

Viel zu oft wurde als Rechtfertigung für den Untergang ganzer Wirtschaftszweige die marode Wirtschaft genannt. Etliches war marode, anderes war jedoch Kokurrenz von Westunternehmen und musste deshalb beseitigt werden.

Einen Grund für die wirtschaftliche Lage der DDR erläuterte mir der Journalist Udo Hentschel aus Zwickau. Hier Auszüge:

Nach dem XXI. Parteitag der KPdSU (Januar 1959) hatte sich diese zum Ziel gesetzt, spätestens 1970 die USA in der Pro-Kopf-Produktion von Konsumgütern zu übertreffen. Und dafür waren ihr alle Mittel Recht, auch der „Verrat“ bzw. das „Aus- und Benutzen“ der Deutschen.
Der Vertrag beinhaltete eine sog. friedliche Koexistenz mit der Bedingung: Im geteilten Deutschland erhalten ausgesuchte DDR-Betriebe Wirtschaftsaufträge von der BRD, die DDR erhält dafür „harte D-Mark“, die sie z.T. in den RGW abführen muss; das alles allerdings zu Dumpingpreisen. Die SU steckte ein Teil dieses Geldes (eigtlich Lohn der Ossis) ein.

Dieser Vertrag wurde im Laufe der Jahre stets verlängert, so dass z.B. die DDR ihr aus der „Bruderleitung“ bezogenes Erdöl aus der SU mit „West-DM“ bezahlen musste.

Dieser Vertrag führte letztendlich dazu, dass 68% der DDR-Betriebe ausschließlich für die BRD produzierten – nicht zu vergessen: zu zwischen der BRD und der SU ausgehandelten Billiglöhnen! Es entstanden sog. NSW-Betriebe (Betriebe, die ihre Produkte ausschließlich für Nicht-Sozialistisches-Wirtschaftsgebiet - EWG - herstellten) und SU-Export-Betriebe (z.B. die großen Werften). Die letzteren mussten ins RGW liefern. Die Russen entschieden, „wohin die Reise (der Waren) ging“.

Die Modrowschen Pläne sahen „..nach einer politischen Neuordnung des Landes …“ vor, genau diese sog. NSW-Betriebe (Nicht-Sozialistisches-Wirtschaftsgebiet) mit Volksaktien zu versehen. Der „Runde Tisch“ - wohlgemerkt OST: besetzt mit Fachleuten der vier Wende-Bürgerbewegungen - wollte diesen und ausgesuchten anderen Betrieben ermöglichen, aufgrund vorhandener internationaler ökonomischer Beziehungen selbständig zu arbeiten.

Den Modrowschen Plänen und dem Vorhaben des Runden Tisches OST wurde ein Riegel vorgeschoben, der Osten - Gebiet und Personen - wurde mittels der Treuhand enteignet, der Produktionsmittel beraubt, um den Westen zu retten.
!!! Vorkaufsrecht bzw. für einige Objekte Ausschließlichkeitsrecht des Kaufes hatten Bürger der Ex-BRD!!!
Angemerkt sei: Produktionsmittel (PM), Maschinen und Verfahren, die auf dem Weltmarkt Spitzenniveau bedeuteten und noch bedeuten, auf internationalen Messen auch weltweit geordert waren (nur die Erlöse gingen in die RGW-/SU-Kasse) - diese PM produzieren noch heute: abmontiert und wieder aufgebaut in der alten BRD und in Ungarn, Tschechei, Polen… (mit ausgesuchten DDR-Fachkräften zum Anlernen: in der DDR wurden lieber 95% der Belegschaft entlassen, als 25% dieser Leute einen Job zu belassen?!)

Nicht zu vergessen: Die BRD machte zur Bedingung der Einheit, dass die Wirtschaftsbeziehungen in den Osten (Polen, Tschechei, Ungarn, die zerfallende SU) abgebrochen werden! Heute ist es bekannt: Um sie selbst zu eigenen Bedingungen wieder aufzubauen und den Osten außen vor lassen zu können! Denn auch die Ossis hätten ja z.B. selbst ihre Betriebe in „Billig-Lohnländer“ auslagern können!
Hätte denn ein souveräner, selbst verhandlungsfähiger, deutscher Staat auf DDR-Territorium fortan für Billiglohn seine Ware in alle Welt verkauft? NEIN.
Hätte denn die BRD von Heute auf Morgen zum gleichen Preis gleich gute Ware anderswo ordern können? NEIN.

Hier eines von vielen genannten Beispielen:

Bekleidungs-Industrie
Seit den 70ern produzierte ein Betrieb im Osten die Anzüge für die Wintersportler in Ost und West; „…jetzt konnte er sich nicht mehr halten…“Trotz Unter-Tarif-Löhnen wurden die Maschinen abgebaut, im Westen aufgebaut, werden nun Trikotagen für Biathleten und Rennrodler sogar mit noch mehr Angestellten und natürlich Tarif-Löhnen im Westen hergestellt.
ÜBRIGENS: Die nahtlosen Feinstrumpfhosen bzw. -strümpfe, z.B. von Kunert, wurden in Oberlungswitz produziert (für zwei Pfennig/West), auf techn. modernsten Anlagen, die als veraltet ebenfalls ratzfatz unmittelbar nach der Wende abgebaut wurden und noch heute fleißig Gewinn bringen.

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