10. März 2009

Warnung: Vorsicht vor Politikergefasel!

Am 16. Februar meldete die OZ, das Regierungsblättchen:
Wieder mehr Babys in Deutschland
In Deutschland werden wieder mehr Kinder geboren. Laut neuem Familienreport setzte sich der seit 2007 beobachtete Trend 2008 abgeschwächt fort. ...
Am selben Tag wies ich auf einen Artikel hin, der die Statistik des Familienministeriums als Trickserei entlarvte:
Bloß nicht glauben, was Agenturen melden!

Gestern Nachrichten im Fernseher gesehen. Gedanke: Donnerwetter, die Familienministerin hat hervorragende PR-Leute!
Auch die OZ ließ sich mit Propaganda übertölpeln ...
Am 6. März erinnerte ich an den ministeriellen Unsinn.
Aber schon im Juni 2008 hätte die OZ, wäre sie nicht Regierungsblättchen, ahnen können, dass das mit dem Geburtenanstieg trotz Elterngeld so nichts wird. Sie hätte gar nicht lange suchen müssen, sondern in meinem Blog nachlesen können. Doch das tut kaum jemand in der OZ. Lieber wird Unsinn gegen Geld verbreitet.

Obwohl bereits am 16. Februar weltweit bekannt war, dass das Ministerium geschummelt hatte, kommentierte die regierungsgläubige OZ am Tag darauf den Geburtenquatsch so:
Mehr Kinder in der Krise
Die gute Nachricht in der Krise: Familie hat Konjunktur! Das geht aus dem gestern vorgestellten Familienreport der Bundesregierung eindeutig hervor. ...
Genau das ist eindeutig falsch. Also sind auch die Schlussfolgerungen Unsinn oder freundlich ausgedrückt: Wahlpropaganda - die OZ macht unbeirrt mit:
Elterngeld, Vätermonate, ausreichend Kita-Plätze auch für Unter-Dreijährige - die Botschaft von Vater Staat kommt an: Wir tun etwas für Familien. ... Die Zukunft hängt am Nachwuchs, das haben Politiker aller Parteien inzwischen wohl verstanden. Gemeinsam wollen sie das Kind schon schaukeln. ...
Der eingeschlagene Kurs ist allemal richtig.
Wir sind auf dem richtigen Kurs; wurde vor 20 Jahren auch von der OZ verkündet.

Inzwischen sind mehr als drei Wochen vergangenen. Jetzt dürfen es auch jene OZ-Leser erfahren, die es aus dem bösenbösen Internet nicht schon längst wissen:
Drastischer Einbruch der Geburtenzahlen
Die Zahl der Geburten ist im November 2008 im zweiten Monat in Folge drastisch eingebrochen. Mit einem Minus von 11,7 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat war der Geburtenrückgang fast so hoch wie im Oktober, als er 11,9 Prozent betragen hatte, geht aus den vorläufigen Monatsergebnissen des Statistischen Bundesamtes hervor. ...
Familienministerin Ursula von der Leyen hatte im vergangenen Monat in ihrem "Familien Report 2009" noch einen Anstieg der Geburtenzahlen bejubelt - sich dabei aber nur auf Zahlen für die Monate Januar bis September gestützt. ...
Und die OZ hatte drei Wochen zuvor 338 Wörter lang mitgejubelt. Schon vergessen, OZ?

Nun hätte die Mantelredaktion zumindest im Kommentar eingestehen können, dass sie einem Trick auf den bildlichen Leim ging und dass die OZ-Schlussfolgerungen deshalb komplett falsch waren. Doch das erspart sich die OZ und ihren Lesern.
Stattdessen wälzt sie alle Schuld für das Geburtenmärchen auf das Ministerium ab, als gäbe es in der OZ weder das Wort Recherche noch das Wort Richtigstellung.

Ich warne alle OZ-Leser davor, Aussagen von Politikern zu glauben, die in der OZ wiedergegeben werden. Die OZ ist in den meisten Fällen nicht in der Lage oder willens (was den Lesern egal sein dürfte), diese Aussagen zu überprüfen oder aber nicht wiederzugeben, wenn sie nicht überprüfbar sind. Schön für die OZ und dumm für die Leser ist: Der Pressekodex deckt diese Arbeitsweise zumindest für Interviews.

In diesem Jahr mit mehreren Wahlen wird die OZ Sie bildlich mit Politikergefasel überschütten, so wie sie es am 16. und 17. Februar tat. Also aufgepasst, besonders jene, die immer noch meinen, wählen zu müssen. Allen anderen können Politiker bildlich keine Bären (mehr) aufbinden. Sie hören nicht (mehr) hin und lesen es auch nicht (mehr), sparen somit Zeit und Geld.

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