Leser können die Artikel und Leserbriefe in der OZ online bewerten. Das System treibt seltsame Blüten. Ein Leserbrief, über den ich hier schrieb, wurde so bewertet:
Was an dem Brief ungenügend sein soll, erschließt sich mir nicht und ist der Online-Redaktion wohl völlig egal. Was ungenügend an dem Text sein könnte? Er entspricht nicht dem Bestreben der Kraftwerksbefürworter.
Ein Vertreter der Rostocker Initiative für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft und gegen Müllverbrennung e.V. berichtete:
Bei unseren letzten Leserbriefen zur Rostocker Müllverbrennung und auch bei den letzten Leserbriefen zum Steinkohlekraftwerk Lubmin gibt es eine erstaunliche Häufung von Negativwertungen, wie sie zuvor nicht vorgekommen sind. Ich führe das auf Aktivitäten der Vattenfall-Gruppe zurück. Auffällig ist die fast identische Anzahl von Negativstimmen, die sonst nicht zutage tritt. Ein Leserbrief dazu wurde vom Online-Redakteur abgefangen, der mir mitteilte, die OZ hätte keine Anzeichen für eine gezielte (technische) Manipulation gefunden. Er meinte Hackerattacken. Die aber sind gar nicht nötig. In einem heutigen Telefonat mit Herrn Haberer versuchte er meinem Verdacht auszuweichen - was soll er auch machen?
Ich halte die Möglichkeit der Bewertung für komplett überflüssig, weil sie nichts aussagt. Sie sagt nichts aus, weil es keine Bewertungskriterien gibt. Es heißt nur lapidar:
Jedermann kann etwas anderes gut oder schlecht an einem Leserbrief oder redaktionellen Beitrag finden:
- das Thema
- den Umfang
- die Recherche
- den Inhalt (Was ausgesagt wird, hat Vor- oder Nachteile für den Bewerter.)
- den Schreibstil
- die Rechtschreibung
- ...
Sie sehen, eine Bewertung ohne Kriterien ist Blödsinn. Ich halte eine Bewertung mit Kriterien für ebensolchen Unsinn. Sie wurde meiner Meinung nach eingeführt, um den Lesern das Gefühl zu vermitteln, dass sie mit Qualitätsurteilen die Qualität der OZ verbessern könnten, was natürlich Quatsch ist. Ebenso unsinnig ist es, Leserbriefe mit Schulnoten zu bewerten.
Es ist nichts als eine primitive Mitmachfunktion ohne weiteren Sinn, ebenso die Abstimmerei über welche Themen auch immer, wie z.B. diese:
Es ist egal, ob Sie abstimmen oder nicht, also auch, wie Sie abstimmen. Sie bewirken nichts, außer ein paar Klicks für die OZ.
Um Einfluss auf die Qualität zu nehmen, könnte helfen, die Redaktionen mit sachlichen Leserbriefen auf Mängel aufmerksam zu machen, stetig, häufig, von vielen Lesern. Fordern Sie als Erstes das Ende der Bewerterei.
Den Presserat einzuschalten, halte ich für sinnlos. Es bringt nichts. (So hat sich die Greifswalder Redaktion nach einem im Dezember ergangenen Hinweis des Presserates weder öffentlich entschuldigt, noch eine Richtigstellung veröffentlicht.)
Es zählt allein die verkaufte Auflage. Wer nach mehreren Leserbriefen keine Verbesserung erkennt, muss eben handeln. Niemand soll mir sagen, er brauche die OZ, sonst sei er nicht informiert.
Das Bewertungssystem hat auch technische Mängel, die von mir zum Teil bei der Online-Redaktion gerügt wurden. Leider werden die e-Mail selten oder nicht beantwortet. Man kann durch einfache Manipulation mehrfach abstimmen. So verhilft man Beiträgen, die nicht ins eigene politische Bild passen, schnell zu einer negative Bewertung.
AntwortenLöschen"Leider werden die e-Mail selten oder nicht beantwortet."
AntwortenLöschenDas bestärkt ich in der Annahme, dass es nur eine Mitmachfunktion ist, um Lesern das Gefühl zu geben, irgendetwas Qualitätssteigerndes bewirken zu können. Niemand sollte sich in diesem Fall auf sein Gefühl verlassen, denn hier trügt es.
Psyche sagt:
AntwortenLöschenDer Umschwung in den Bewertungen ist auffällig und genau gegenläufig zu den offiziellen Äußerungen zum Kohlekraftwerk seitens der SPD. In jedem Fall ist die Bewertung unsinnig, da die Kriterien jede/r selbst festlegt. Wenn überhaupt, wäre nur eine Einschätzung wie "ich stimme zu" bzw. "ich stimme nicht zu" brauchbar. Aber auch diese ist vor Manipulationen wohl nicht geschützt. Sonst wäre es ja eine Meinungsumfrage, die auch der Ministerpräsident für unter 85.000 Euro haben könnte...