23. Oktober 2008

Kohlekraftwerk: OZ verpasst erneut Chance

Wieder hat die OZ eine Möglichkeit verpasst, mit der Blickpunktseite - über eine der peinlichsten Abstimmungen des Landtages von MV - nützlichen, also aufklärenden Hintergrund zu liefern.

So erfuhren die Leser unter der Dachzeile
FAKTEN
über
Dong Energy
Der dänische Konzern Dong Energy will in Lubmin am Greifswalder Bodden für gut zwei Milliarden Euro ein 1600-MW-Kraftwerk errichten. ... Eine Verkleinerung der Leistung des umstrittenen Kohlemeilers, wie von der Landes-SPD vorgeschlagen, lehnt Dong aus wirtschaftlichen Gründen ab. ...
Das ist Fakt, Dong lehnt ab. Doch auf welche wirtschaftlichen Gründe beruft sich der Investor?

Die OZ lässt sich von Hinz und Kunz und der von Dong angeheuerten PR-Agentur Deutschbein irgendwelche Sachen erzählen und plappert sie nach. Spätestens im Juni hätte die OZ Dong befragen müssen, warum das dänische Unternehmen in Emden ein 800 MW-Kohlekraftwerk bauen will, in Lubmin das jedoch unwirtschaftlich sein soll.

Nichts, rein gar nichts habe ich über diesen Widerspruch in der OZ gelesen und wir haben jetzt Ende Oktober.Was hat das mit Journalismus zu tun? Die OZ rückt sich mit solchen schlimmern Nachlässigkeiten in die Nähe von Herrn Deutschbein, dem Hamburger Öffentlichkeitsarbeiter des dänischen Unternehmens, macht sich zur PR-Zweigstelle.
Herr Deutschbein übrigens hat mir innerhalb von 48 Stunden nicht die Frage beantwortet, ob er Gehaltsempfänger, also Mitarbeiter des Konzerns ist oder ob er Honorare für seine PR-Tätigkeit erhält.
Ein aufmerksamer Blogleser klärte mich auf (Danke!):

Michael E. Deutschbein hat keine eigene Werbeagentur. Er ist freilaufender Mitarbeiter von Scholz & Friends Berlin. Diese Agentur führt die Werbekampagnen für DONGs Kohlekraftwerk aus. Das ist wohl die deutschlandweit teuerste Agentur. DONG lässt sich das etwas kosten.

Für die OZ ist das uninteressant. Dort war zu lesen:
380 Bewerbungen für Jobs bei Dong Energy
... Darüber informierte gestern Michael E. Deutschbein von Dong. ...
Was heißt das, von Dong? Die Leser bleiben im Unklaren.

Es gibt eine Passage im Aufmacher auf der Blickpunktseite, die mich weiterhin zweifeln lässt, die OZ berichte unparteiisch:
Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) rief zu "Besonnenheit und Sachlichkeit in der Diskussion" auf. Er warnte davor, bei den Bürgern Erwartungen zu schüren, "dass durch Parteitagsbeschlüsse bestehende Gesetze" außer Kraft gesetzt werden könnten. Eine politische Einflussnahme wird es nicht geben, sie wäre auch rechtswidrig, betonte Seidel. Er verwies darauf, dass im Rahmen des laufenden rechtsstaatlichen Genehmigungsverfahrens auch die vorgebrachten Einwände sorgfältig geprüft würden.
Die Berichterstatterin hielt es nicht für nötig, diese herbeigeredete Rechtswidrigkeit zu prüfen. Damit muss den unbedarften OZ-Lesern klar sein, Seidel sage die Wahrheit.

Jedoch Seidel lügt und die OZ begnügt sich damit, diese Lüge ohne Nachfrage, ohne Kommentar an ihre Leser zu verkaufen - Regierungsblättchen.

Offensichtlich ist der Autorin im besten Falle unbekannt, dass andere Kommunen sehr wohl politisch begründet Kohlekraftwerke erfolgreich ablehnten.
Die Autorin kennt im besten Falle z. B. ein Gutachten nicht, dass aussagt, auch über raumplanerische Instrumente sei ein Kohlekraftwerk zu verhindern. Bitte die Bürgerinitiativen dazu befragen.
Im schlimmsten Fall sind der Autorin die Umstände bekannt und sie verheimlichte sie den Lesern - Regierungsblättchen so oder so.

Wenn Seidel zu Besonnenheit und Sachlichkeit aufruft, erinnert mich das an die gleiche Unverschämtheit des Urknallers, der Kraftwerksgegner als irrational Denkende hinstellte. Wenn sich die Autorin nicht daran erinnern konnte, hätte sie die Agenturmeldungen lieber nicht bearbeiten sollen.
Ausgerechnet jener, dessen Ministeriale in einem sog. rechtsstaatlichen Verfahren nicht die Kraftwerksgegner unterstützen, sondern dem Investor direkt Unterlagen für das Antragsverfahren zuarbeiteten, Gutachten frisierten und mit allen Tricks und Täuschungen arbeiten, wagt es, Sachlichkeit zu verlangen? Warum konfrontierte niemand Seidel mit solchen Überlegungen? - Regierungsblättchen.

Das Kohlekraftwerk wäre zu verhindern. Nur müsste es dazu im Landtag eine Mehrheit geben. Jedoch eine Mehrheit will das Kraftwerk. Was diese Leute sich persönlich davon versprechen, wüsste ich gern, wäre ich zahlender OZ-Leser. Welche sind die wahren Gründe?
Hierzu gibt es keine Informationen in der Zeitung, die von sich behauptet, hier zu Hause zu sein.

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