10. Oktober 2013

Leser betteln um Journalistisches

Hier zwei Zitate aus der heutigen Hochwertausgabe.

1. Ein Neurologe veröffentlicht ein Buch, wird mitgeteilt, und:
... Es ist das erste literarische Werk des 63-jährigen Mediziners, der als Jugendlicher Journalist werden wollte. „Ich habe mich umentschieden – für ein Medizinstudium. Weil ich Menschen helfen wollte“, erklärt Professor Kessler. ...
Schlussfolgerung: Eine Zeitung ist dem Leser keine Hilfe. Stimmt.

2. Eine Fernsehsendung wird angekündigt, und:
... Der Satiriker Martin Sonneborn spürt von heute an als Weltretter in ZDFneo den großen Problemen Deutschlands nach.
Genau das sollten Journalisten tun, z.B. die hochwertigen der OZ.
In der neuen dreiteiligen satirischen Reportage gehe es unter anderem um die Finanzkrise, Energiewende, Korruption oder Lobbyismus, teilte das ZDF in Mainz mit. Unter dem Motto „Sonneborn rettet die Welt“ decke der frühere „Titanic“-Chefredakteur auf, was sich hinter politischen Floskeln verbirgt und welche Probleme den Fortschritt wirklich verhindern. 
Das Aufdecken wäre ureigene Aufgabe eines Blattes, das sich als kritisch-hochwertig ausgibt. Jedoch passiert das Aufdecken äußerst selten.

Wie gering inzwischen die Ansprüche sind, die einzelne zahlende Leser an die OZ stellen, ist heute nachzulesen. Die OZ hat zwei Leserreporter ernannt, die nun berichten, welche Wünsche zahlende Leser haben (Jetzt nicht lachen.), z.B. diese:
... Besonders wichtig sind vielen Anrufern und Schreibern auch die Veranstaltungshinweise. Davon hätten sie gern mehr. ...
Das können nur Bunkerbewohner sein, solche ohne Internetanschluss.
Manche Leser wünschen sich explizit (ausdrücklich?) einen größeren Raum für Diskussionen – online sowie in der Zeitung. 
Wer soll/will da mit wem worüber diskutieren?
Und einzelne Abonnenten möchten gern häufiger etwas auf Plattdeutsch oder auch ausführlichere Börseninformationen lesen. ...
Börseninformationen aus der OZ, einen Tag nach irgendwelchen Ereignissen? Hier ein Tipp. Dort gibt es übrigens auch haufenweise Nachrichten, kostenlos.
So würde Stefanie Lorenz gern Kochrezepte für den schmalen Geldbeutel in der Zeitung lesen. 
Überflüssig, denn das gibt es schon als Buch.
Heidrun Hell wünscht sich mehr medizinische Berichte, zum Beispiel über Depressionen.
Gibt es z.B. zuhauf im Fernsehen. Frau Hell hat wohl kein Gerät und auch keinen Internetanschluss?

Jetzt noch einmal: Nicht lachen, denn:
Andere Abonnenten kritisierten, dass es generell zu viele negative Meldungen in der Zeitung gibt und regten dazu an, eine feste Rubrik mit einer „guten Nachricht“ im Lokalteil der Zeitung einzuführen. 
Doch es meldeten sich auch Leser, die einfach darum betteln, was Journalisten-Alltag sein müsste, das aber die Meldenden wohl nicht mitbekommen haben:
Und auch Hintergründiges ist gefragt: Mehrere Leser baten darum, stärker (??) zu beleuchten, wer an welchen kommunalpolitischen Entscheidungen beteiligt ist und die Verflechtungen mit der Wirtschaft zu hinterfragen.
Darum sollten Leser nicht bitten müssen, sondern müssten es fordern, verbunden mit der Drohung, ansonsten das Abo zu kündigen.

Beinahe vergaß ich, dieses Bonzendeutsch zu zitieren (Bonzendeutsch, weil es nichts, rein gar nichts besagt, nicht einmal bildlich heiße Luft ist, nicht einmal Luft, denn die ist nützlich zum Atmen.):
 „Die Meinung der Leser ist uns wichtig. 
Wer das glaubt, zeiht auch die Hose mit einer Kneifzange an. Wichtig ist vor allem, die Seiten anstrengungsarm zu befüllen.

Jetzt vollendetes Bonzendeutsch:
Wir bemühen uns, die vielen guten Ideen in die Zeitung einfließen zu lassen“, erklärt Thomas Pult, stellvertretender OZ-Chefredakteur. Daher werden Ihre Anregungen nun in der Redaktion diskutiert und „weiterverarbeitet“.
 Der Höhepunkt:
Doch damit soll es noch nicht getan sein! Wir versuchen ständig, besser zu werden.
Selbst wenn das stimmte, wäre das Bemühen nutzlos, denn die journalistische Qualität der selbsternannten Hochwertzeitung wird immer schlechter. Belege finden sich zu Tausenden in meinem Blog.

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