8. August 2013

Das Märchen von den Blättern, die die Welt bedeuten

Das Hochwertblättchen nutzt jede Gelegenheit so zu tun, als sei die gedruckte Zeitung der Weisheit letzter Schluss, als gäbe es keinen Schwund der verkauften Auflage. Schlimmstes Beispiel war vor einem Jahr die fürchterliche Selbstbeweihräucherungsausgabe zum 60. OZ-Geburtstag, z.B. mit einem "Lest gefälligst gedruckte Zeitung"-Text, der so überschrieben war:
Blätter, die die Welt bedeuten
Warum die Zeitung zum Alltag eines jeden gehören sollte 
Die OZ ehrt von Zeit zu Zeit Leute, die seit 20 Jahren, bei jedem Wetter, in aller Herrgottsfrühe durch die Gegend laufen, um die OZ in Briefkästen zu stecken. Der Chefredakteur, der offensichtlich nichts Besseres zu tun hat, schrieb auf der sog. Wirtschaftsseite (?) über die jüngste Ehrung eines aussterbenden Berufsstandes:
Dickes Lob vom Landesvater für die fleißigen Zusteller der OZ
Der Minipräsident hat also auch nichts Besseres zu tun, z.B. seinen Laden aufzuräumen und schleimt sich lieber beim Verband der Zeitungsverlage Norddeutschland ein.
... Vom Zeitungsaustragen als Kind konnte auch Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) erzählen, als er bei Räucherlachs und delikaten Geflügelspießen an den runden Tischen ein Pläuschchen mit den Zustellern hielt. Zuvor hatte er in seiner Ansprache die Bedeutung des harten Jobs gewürdigt. ...
... der im Grunde durch das böseböse Internet längst überflüssig geworden ist, außer für Oma Pütt in der Pommerschen Straße in Gützkow, die weder Internetanschluss noch Computer nutzen kann.
Jetzt aber schleimende Kammschererei:
... Das ist Knochenarbeit.“ Die sehr wichtig für die Demokratie sei, weil jeder Leser seine Zeitung morgens pünktlich im Briefkasten haben wolle, um über alles in der Politik und aus der Heimat tinformiert zu sein. Sellering: Auch im Internet-Zeitalter wollen die Menschen ihre Zeitung.“
Dann bin ich und sind viele andere Leute keine Menschen. Natürlich wurde auch beschrieben, was für ein toller Job das Austragen von Zeitungen ist:
OZ-Zusteller Friedrich Raatz kennt seine Leser und sein Zustellgebiet sehr gut. Er läuft jeden morgen seine vier Kilometer zu Fuß – und fühlt sich sehr wohl dabei. „Die Bewegung hält mich fit. Ich bin nie krank“, sagt der 74-Jährige. Dem kann Gertrud Schwerdt nur zustimmen. Sie liebt es, morgens die Erste zu sein, die unterwegs ist. „Es ist so schön, wenn sich der Tag noch so frisch anfühlt und die Vögel singen.“
Ich empfehle als Gegenmittel gegen diese Hopsasa-Trallala-Strategie u.a.:
It's the customer, stupid!
Wie muss sich die Zeitung verändern, damit sie in Zukunft genügend Leser findet? Viele Leser wünschen sich von den Verlagen mehr Tiefe, Analyse und Experimentierfreude - und eine einfache Möglichkeit, für Journalismus im Internet zu bezahlen. ...
Revolutionen sind unangenehm
Ist nur gedruckter Journalismus wahrer Journalismus? Natürlich nicht! Doch genau diese Meinung herrscht in vielen deutschen Redaktionsstuben vor. Das ändert nichts daran, dass immer weniger Menschen immer weniger Tageszeitungen kaufen. ...
Zeitungskrise is breaking “Spiegel”

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