Aus fast jedem Geschehnis lassen sich allgemeine Erkenntnisse ableiten, sofern der Ableitungswillige die Geschehnisse überblickt:
Grünes Bio-Siegel
Was »Stuttgart 21« lehrt
Gut 16 Monate ist es her, daß in Stuttgart die Staatsmacht zeigte, zu welchen Mitteln sie greift, wenn es mit der Demokratie dann aber auch mal gut ist: Am 30. September 2010, der seitdem als »Schwarzer Donnerstag« Geschichte macht, ging die Polizei weisungsgemäß mit großer Brutalität gegen Demonstranten vor, die das Immobilienprojekt »Stuttgart 21« ablehnten und das zum Ausdruck brachten. Ein Hauptkommissar der lokalen Kriminalpolizei hatte schon vorher gesagt: »Da geht es um so viel Kohle, am Ton bei uns höre ich, daß sie im Zweifelsfall auch die Luftwaffe schicken …«
Die Gewalt zeigte Wirkungen verschiedener Art; an der Oberfläche gab es Empörung und großes Medieninteresse, aber in vielen Gegnern von »Stuttgart 21« wirkte das Entsetzen langfristig tiefer: Wenn die derartig ernst machen, bin ich dann doch lieber in der dritten Reihe oder weg. Am besten delegieren wir das. Genau das ist gemeint, wenn von »Nachhaltigkeit« die Rede ist. Angst wirft einen langen Schatten. Zeig ihnen die Instrumente, und dann schick den Priester rein.
Und so kam ein Schlichter ins Spiel ...
Von da an ging’s bergab. Es wurde über »Streßtests« geredet, über Gutachten und Gegengutachten, die Sache wurde auf eine rein technische Ebene gehievt, auf der dafür bezahlte »Experten« sprachen und Demonstranten in die »Davon versteht ihr nichts«-Ecke gedrängt wurden. Daß es nicht um Züge ging oder geht, sondern um Immobilien, um Geld und um Macht, war kein Thema mehr. So entpolitisiert man den Protest und erniedrigt ihn zur Begleitfolklore, die dann als »demokratische Teilhabe« gelobt wird. Und wenn alle lieb sind, dürfen sie sich hinterher sogar im Fernsehn ankucken und sich dafür loben lassen, wie schön »bunt« und »lebendig« doch ihr »Beitrag zur Demokratie« ist. Während die Erwachsenen die Beute unter sich aufteilen.
An diesem Vorgang hatten Sozialdemokraten und Grüne in Baden-Württemberg so lange nicht partizipieren dürfen; nun konnten sie endlich mitschwimmen auf dem schönsten Fluß der Welt, dem Fluß des Geldes. Sie mußten die Sache nur für legal erklären, und das taten sie auch, mit grünem Bio-Siegel.
Und nun wünsche ich allen Wahlwilligen viel Spaß für die nächsten Stimmabgaben, ihrem demokratischen Grundrecht, angefangen bei der Bürgermeisterwahl demnächst in Heringsdorf bis hin zur Bundestagswahl 2013. Vorteile daraus werden die Gewählten haben und natürlich die Medien, die die Leser gegen Geld mit Zahlen und Politikergewäsch langweilen werden.
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