30. Dezember 2011

Nichts Neues (aktualisiert)

Eine Kommentatorin gab den Gute-Laune-Bär und machte sich damit zum Sprachrohr von Wirtschaftsverbänden:
Wirtschaftsprognosen für MV
Gute Aussichten

Weniger Arbeitslose, mehr freie Stellen, höhere Löhne — wenn das keine guten Aussichten sind! ...
Gute Aussichten für wen? Wie in D. weniger Arbeitslose erzeugt werden? Vor allem mit Statistiktricks und immer neuen, das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit verschleiernden Zählvorschriften, was sie OZ aber noch keinen Monat daran gehindert hat, die mit unserem Steuergeld finanzierte, staatlich gelenkte Volksverblödung zu vervielfältigen und Ihnen als kritischen Hochwertjournalismus zu verkaufen.
Mehr freie Stellen? Im Bericht steht:
... 7981 gemeldete freie Arbeitsstellen gab es in MV im November — gut doppelt so viele wie vor einem Jahr. Die (mehrfach schöngefärbte) Arbeitslosigkeit sank seit Jahresbeginn von 127 700 auf 98 700 Personen. ...
Wer die Zahl der gemeldeten freien Stellen durch die Zahl der offiziell Arbeitslosen teilt, erfährt, dass auf eine Stelle mehr als zwölf Arbeitslose kommen - das sollen gute Aussichten sein? Gute Aussichten doch höchstens für Lohndrücker (Was, du willst nicht? Nehme ich eben den Nächsten.) Und was sind das für Stellen? Wie sind die Verdienstaussichten? Sind sie unbefristet? Sind es Stellen für Wanderarbieter und andere Hungerlöhner? Und die in den vergangenen Jahren besetzten Stellen, was sind das für welche?
Eine Antwort darauf lieferte die OZ mit einem Bericht aus dem chicen Hauptstadtbüro:
Immer mehr Arbeitslose rutschen direkt in Hartz IV
Analyse der Bundesagentur für Arbeit zeigt: Betroffen sind vor allem Leiharbeiter und Geringqualifizierte. Ursachen sind Niedriglohn und befristete Beschäftigungen. ...
Das hinderte den Kommentator nicht daran, einen für die OZ zutiefst scheinheiligen Kommentar zu verfassen:
Absturz in den Sozialhilfe-Staat
Studie der Agentur für Arbeit zu Hartz IV muss wachrütteln.
Wenn wir nicht aufpassen, entwickelt Deutschland sich für immer mehr Menschen vom Sozialstaat zum Sozialhilfe-Staat. ...
Wen muss die Studie wachrütteln, doch nicht etwa OZ-Redakteure? Wer ist wir, die aufpassen müssen?

Die OZ hat sechs Jahre Jahre lang nichts unterlassen, um die Armut im Land bildlich kleinzuschreiben, hat nichts unterlassen, um Alg 2-Berechtigte als Schmarotzer darzustellen, die das Gesetz ausnutzen, um sich auf die bildliche faule Haut zu legen oder schwarzzuarbeiten,
hat nichts unterlassen, diese Arbeitslosen zu verdächtigen, Gesetzesbrecher zu sein,
hat alles unterlassen, das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit, der Lohndrückerei, der Ausnutzerei, der Ein-Euro-Sklaverei und die Schuld von Staat und Unternehmern daran zu schildern. Und da wagt es ein Kommentator so zu tun, als sei das alles erst jetzt bekannt geworden. Da ist es heuchlerisch und verlogen zu schreiben, wir müssten aufpassen. Falls ich in das Wir eingeschlossen sein sollte; ich habe mir nichts vorzuwerfen; ich habe seit fast sechs Jahren auf die Zustände im Armenhaus D.s hingewiesen. Andererseits werfe ich der OZ seit fast sechs Jahren vor, die Zustände schöngeschrieben zu haben.

Noch ein Hinweis zum Vertuschen, ein Text von gestern, der auch sehr schön zu den getürkten Arbeitslosenzahlen passt, die die OZ regierungsergeben Monat für Monat nachbetet:
Fast jeder Zweite geht mit weniger Geld in Frührente
... Der Sprecher von Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), Christian Westhoff ... Auch sei die Zunahme von Frührentnern nicht auf mangelnde Jobs für Ältere zurückzuführen, sagte er der OZ. Ein wichtiger Grund sei vielmehr, dass immer mehr Frauen, vor allem in den neuen Ländern, arbeiteten und damit auch mehr von ihnen frühzeitig in Rente gingen. Westhoff sprach von einer „Spätfolge der Vereinigung Deutschlands“. Frührente ist zudem vor allem weiblich. Während die Abschlagsrente bei Männern seit 2005 kontinuierlich sinke (von 178 000 auf 134 000 im Vorjahr), stieg sie bei Frauen im gleichen Zeitraum von 140 700 auf 185 760 an. Es müsse auch der allgemeine demografische Wandel betrachtet werden: Es gebe einfach mehr Menschen über 60, also mehr, die heute vorzeitig in den Ruhestand treten könnten. ...
Da haben wir ihn wieder, den demografischen Wandel, der wohl für alles herhalten muss.
Demnach spielt die Zwangsverrentung jener, die z.B. kurz vor dem 60. Lebenjahr in den Alg 2-Bezug fallen würden oder mit 60 fielen, keine Rolle? Warum fragte der Oberjournalist aus dem chicen Hauptstadtbüro nicht, wenn er schon mal etwas fragte, wie hoch der Anteil Zwangsverrenteter an den Frührentnern ist?

Ich habe auch in diesem Jahr nichts erkennen könnte, was auf einen Wandel in der sog. Berichterstattung zum Arbeitsmarkt und sozialen Themen hinweisen würde. Es gibt nichts Neues dazu zu vermelden. Sie müssen auch 2012 damit rechnen, ein nachplapperndes Verlautbarungsorgan der Regierenden zu kaufen, was immer wieder an die Zeit des SED-Parteiorgans erinnert.

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1 Kommentar:

  1. Anonym31.12.11

    Das Hartz-System war von Anfang an so gewollt, wie Schröder es ausdrückte-der beste Niedgriglohnsektor in Europa und ganz Europa soll das schlucken-nachmachen, um es ganz platt auszudrücken.
    Die Wirtschaftskonzerne haben so entschieden und unsere Volksverräter von Gelb bis grün haben es durchgesetzt.
    Makaber, wenn dann noch auf die Hartzer rumgehackt wird-ist doch nichts anderes geplant gewesen.
    Deutschlands Politik und Wirschaft ist so abartig, so widerlich, so menschenunwürdig, so menschenfeindlich, das stinkt zum Himmel.

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