24. November 2011

Schönschrift per Spekulation

Die OZ als Verkündigungsorgan unhaltbarer Verheißungen:
Regierung: Altersbezüge könnten bis zum Jahr 2025 um insgesamt 35 Prozent nach oben gehen.
Altersbezüge gehen nach oben? Was ist denn das für ein Deutsch?
Zwei gute Nachrichten für Rentner und Arbeitnehmer: Die Renten in Deutschland könnten bis zum Jahr 2025 um insgesamt rund 35 Prozent steigen; Löhne und Gehälter dürften im kommenden Jahr ein reales Plus im Geldbeutel bringen....
Das ist in 14 Jahren. Das ist keine Nachricht, sondern reine Spekulation. Doch jetzt, da sich die OZ als Krämerblatt wie in jedem Jahr verpflichtet fühlt, direkt und indirekt Reklame für den Geschenkekauf zu machen, ist das Erscheinen dieses Käses nachzuvollziehen, ist jedoch für die Leser nutzlos.
Der von der Bundesregierung hochgerechnete Zuwachs der Renten bis zum Jahr 2025 entspricht einer durchschnittlichen Steigerungsrate von gut zwei Prozent pro Jahr, heißt es im aktuellen Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung.

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums schwächt die Vorhersage allerdings ab: „Das ist kein Versprechen, sondern eine reine Modellrechnung.“ ...
Wenn das so ist, weshalb wird der Quark so ausgiebig ausgebreitet und per Schlagzeile (journalistisch verknappte Verkürzung) ein Modell als Tatsache dargestellt? Ganz einfach, der Einzelhandel muss gestärkt und die Seite musste gefüllt werden. Besonders angenehm für die Krämer wäre es, Leser ließen sich durch die Verheißung dazu verführen, Geld auszugeben, das sie noch gar nicht haben (Im nächsten Jahr gibts ja mehr, stand doch in der OZ.)
Auf einen Zuwachs im Portemonnaie können sich im nächsten Jahr auch die Arbeitnehmer freuen. Und das nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch unter Einrechnung der zu erwartenden Inflationsrate.
Also auch Spekulation, denn wer kennt heute schon die Inflationsrate zwölf Monate im Voraus, wer außer der OZ natürlich? Und wenn es nicht klappt mit dem realen Lohnzuwachs, haben Sie sich eben zu früh gefreut.


Es wird weiter spekuliert:
Das zumindest ist die vorläufige Einschätzung von Volkswirten. Die effektiven Stundenlöhne dürften 2012 im Durchschnitt um 2,7 Prozent steigen, sagte Heiko Peters vom wissenschaftlichen Stab des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der „Frankfurter Rundschau“. Bei einer erwarteten Preissteigerung von 1,9 Prozent bliebe ein Reallohnzuwachs von 0,8 Prozent.
... oder auch nicht. Selbst wenn das im Bundesdurchschnitt zuträfe, hieße das noch längst nicht, dass Beschäftigte in M-V einen real höheren Lohn und Rentner eine real höhere Rente erhielten, da die Inflationsrate in M-V seit Jahren über Bundesdurchschnitt liegt. Aber da aus dem chicen Hauptstadtbüro für mehrere Zeitungen produziert wird, ist der Artikel für Sie doppelt wertlos, jedoch nicht kostenlos.

Dass die deutschen Lohn- und Gehaltsempfänger laut DGB-Studie seit zehn Jahren die großen Verlierer sind, verschweigt die OZ in der Schönschrift:
Die Beschäftigten haben real heute weniger in der Tasche als zur Jahrtausendwende. Die Reallöhne sind in Deutschland im Zeitraum von 2000 bis 2009 um 4,5 Prozent gesunken.
Anders sieht es bei der Profitquote aus, dem Anteil der Unternehmens- und Vermögenseinkommen am Volkseinkommen. Sie ist von 27,9 Prozent im Jahr 2000 auf nunmehr 33,5 Prozent gestiegen. Dabei spielen die Einkommen aus Vermögenspositionen der Unternehmen eine immer wichtigere Rolle.
 Dies darf auf keinen Fall in einer Schönschrift eine Rolle spielen:

6 Kommentare:

  1. Sehr interessanter Beitrag. Doch kommt wirklich etwas an oder nimmt es die Inflation.

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  2. Anonym24.11.11

    "Löhne und Renten steigen: Endlich mehr im Geldbeutel"

    Die Menschen in der Bundesrepublik Lampukistan feiern die Nachricht ausgelassen und huldigen mit heiteren Lobgesängen ihrer geliebten Kanzlerin!

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  3. @ K. Tober

    Das werden wir stets erst im Nachhinein wissen, abgesehen von Kaffeesaztlesern und deren Schönschreibern, die es jetzt schon zu wissen vorgeben.

    Die Links funktionieren nicht.

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  4. @ Anonym

    Die wenigsten werden feiern und huldigen, auch wenn sie laut OZ allen Grund dazu haben sollen.
    Es gibt eine Mege Leute, die diesen ganzen Quark schon lange nicht mehr glauben - und dennoch die OZ kaufen.

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  5. Anonym24.11.11

    @lupe

    Das Huldigen und Feiern war auch nicht ernst gemeint, sondern Satire.

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  6. Edward25.11.11

    Auch ich habe den Bericht fassungslos gelesen.
    also, wer diese Schlagzeile verbrochen hat, gehört als Journalist ausgeschlossen zu werden. Denn wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausdrücklich erklärt: "Bei diesen Modellrechnungen handelt es sich um modellhafte Vorausberechnungen, nicht aber um Prognosen der zukünftigen finanziellen Entwicklung." (Quelle Mir ist schleierhaft, wieso dann trotzdem entschieden wird, die Sache als Prognose zu verkaufen. Da helfen auch keine noch so viele "könnten".

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