13. Oktober 2011

OZ ist kein Debattierorgan

Ein Kommentator hatte am 11. Oktober in der OZ großkotzig verlangt:
Eine neue Debatte über den Einsatz von Trojanern ist fällig.
Nur schrieb er nicht hinzu, wer wo debattieren soll, denn in der OZ gibt es keine Debatte zum Thema, gibt es nicht einmal mehr das Thema. Wahrscheinlich meinte er auch nur, dass sich nun irgendwelche Politbonzen streiten sollen.

Natürlich wird debattiert und klargestellt, was von der regierungsergebenen OZ nicht zu erwarten ist. Die OZ zieht sich lieber, weil sich eine Agentur daran hochzieht, an einem winzig kleinen Licht hoch, das sich nicht so recht zu wehren weiß und macht daraus ein Affärchen:
Der wegen seiner NPD-Vergangenheit unter Druck geratene Kreistagsabgeordnete der Piratenpartei, Matthias Bahner, hat eine öffentliche Stellungnahme angekündigt, will sich vorher aber noch mit einem Anwalt beraten. ...
Einige Beispiele zum Trojaner-Skandal aus dem bösenbösen Internet:
Die staatliche Computerwanze ist eine Staatsaffäre
Seit zwei Tagen diskutieren nicht nur Internetnutzer und Online-Medien über die staatliche Computerwanze, die gerne auch Staats-, Bundes– oder Landestrojaner genannt wird. Die Empörung ist groß — alle Parteien, alle Medien, bekannte Journalisten wie Heribert Prantl,  Hans Leyendecker und Frank Schirrmacher haben sich in die Diskussion eingeschaltet. Die verantwortlichen Behörden und Politiker gehen in Deckung, nach kurzzeitigem Leugnen wird die staatliche Computerwanze nun verharmlost. Dies ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Wir befinden uns inmitten einer Staatsaffäre. ...

Der will nicht nur gucken
Die Bürger können sich weder auf Behörden noch auf Firmen verlassen, wenn sie in die digitale Gesellschaft aufbrechen wollen. Der Chaos Computer Club hilft da schon eher

Im Februar 2008 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die heimliche Infiltration eines Computers zulässig ist, wenn ein überragend wichtiges Rechtsgut in Gefahr ist, beispielsweise wenn ein Mord oder ein Terroranschlag geplant wird. Heimliche Überwachung durch den Staat sei aber auch dann nur mit richterlicher Anordnung zulässig und die Technik müsse sicherstellen, dass der „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ – ein PC-Tagebuch etwa – verlässlich geschützt bleibt.

Was Juristen als ein neues „Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ feierten, stimmte die Techniker skeptisch. Eine heimlich arbeitende Software, die grundsätzlich in alle Speicherbereiche eines Computer schauen, aber die Privatsphäre respektieren sollte, das klang wie eine eierlegende Wollmilchsau, bei der nur die Milch gemolken werden darf.

Auch aus diesem Grund ist der Hacker-Verein Chaos Computer Club (CCC) schon lange einer der schärfsten Kritiker der heimlichen Online-Überwachung. Nun hat er erstmals Programme analysiert, die der Staat zum Schnüffeln einsetzt. Das Ergebnis: Offenbar nehmen es die Strafverfolgungsbehörden mit dem Grundgesetz wirklich nicht sehr genau. ...

Illusionen vom Rechtsstaat
Unsere Idee von demokratische Freiheit ist bedroht. Wenn der Staat seine Bürger mit Trojanern elektronisch ausspähen darf, ist der Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht mehr zu garantieren.

Dementieren, prüfen, relativieren. Das ist ein übliches Verlaufsmuster bei politischer Skandalen. Und genau so fielen auch die politischen Reaktionen auf die Entdeckung des so genannten Staatstrojaners aus, der sich unbemerkt und unerlaubt auf privaten Computern als perfide Spähsoftware breitmachen kann. Die Bundesregierung zeigt sich besorgt, die Justizministerin hat Transparenz und Aufklärung zugesagt, und die verantwortliche Landesregierung in Bayern weist den Vorwurf der Gesetzesverletzung zurück. Wie zur verheerenden Nuklearkatastrophe von Fukushima streiten Experten über die Frage, ob der GAU unmittelbar bevorstehe oder sich bereits ereignet hat.

Wer Fukushima und den Einsatz von digitalen Mitteln zur Aufrechterhaltung staatlicher Sicherheit für nicht vergleichbar hält, hat Recht. Was der Chaos Computer Club (CCC) bei seiner spektakulären Datenobduktion herausgefunden hat, ist keine lebensbedrohliche Katastrophe, ja es ist nicht einmal ein Unfall. Doch: Es ist eine systemimmanente Konsequenz. Keine Entwarnung also. Das Zerstörungspotenzial der digitalen Zauberwerkzeuge ist enorm. Es geht, pathetisch gesprochen, um nicht weniger als unsere Idee von demokratischer Freiheit. ...

... Rechtlich bindende Ideen
Jeder Biedersinn, der „nichts zu verbergen“ hat, krankt angesichts dieser Tatbestände nicht nur an fehlendem Unrechts- und Grundrechtsbewusstsein, sondern vor allem an einer 2011 mit nichts mehr zu entschuldigenden Informationsverarbeitungsschwäche. Die ist im Begriff, zum Ferment umfassender sozialer Desintegration auszuwuchern. Denn in der deutschen Verfassung steht nicht, die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, die Medienfreiheit und die Gleichheit vor dem Gesetz seien hehre Ideale, fromme Wünsche oder tolle Ideen. Da steht, und zwar am Anfang, damit man es nicht vor lauter Websurfer-Augenmüdigkeit überliest, die genannten sittlich hochstehenden Einrichtungen „binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht“. ...

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