18. Oktober 2011

Die Wortwahl machts mies

Der Deutsche Presserat, ein Gremium der Verlage, trifft mitunter eigenwillige Entscheidungen.  Nun hat die Greifswalder Zeitung Unterstützung vom Presserat erhalten. Der Lokalchef wählte diese Wörter, um das lang und breit darzustellen:
CDU scheitert mit Beschwerde gegen die OZ
Deutscher Presserat bezeichnet Berichterstattung als korrekt.

Die CDU Greifswald ist mit einem Feldzug gegen die kritische Berichterstattung der OSTSEE-ZEITUNG gescheitert.
Wer sich von der OZ ungerecht behandelt fühlt und sich deshalb beim Presserat beschwert, führt einen Feldzug gegen die OZ. Das ist eine verräterische Wortwahl, die nicht nur von altbekannter Arroganz zeugt, sondern zugleich davon, dass sich die OZ von jeglicher Kritik angegriffen fühlt, statt dankbar für Hinweise zu sein.

Darum ging es:
CDU-Kreischef Egbert Liskow hatte sich im April dieses Jahres beim Deutschen Presserat über einen Artikel beschwert, in dem wir über den Rauswurf des Juristen Frank Hardtke aus der CDU-Fraktion der Bürgerschaft berichteten (Nach dem Bau-Skandal: CDU-Fraktion putscht ihren Chef-Aufklärer weg, OZ vom 13. April). Hardtke war zugleich Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zur Kostenexplosion beim Umbau der Alten Post zum neuen Behördenzentrum und hat im Auftrag der Bürgerschaft entscheidend an der Aufklärung des Skandals mitgewirkt. ...
Ich hatte darüber eingetragen, z.B. das:
Einseitig und spekulativ berichtete der Umstrukturierer in der Greifswalder Ausgabe:
Nach Bau-Skandal: CDU-Fraktion putscht ihren Chef-Aufklärer weg
Putscht? Der Mann neigt zum Übertreiben. ...
Dass es kein Putsch war, berichtete die OZ wenig später. Dazu trug ich ein:
Ex-Fraktionsvize Frank Hardtke hat seinen Austritt aus der CDU-Bürgerschaftsfraktion erklärt. Die Stimmung in der Union ist so vergiftet wie seit Jahren nicht mehr. ...
Stimmt das mit dem Gift? Ich kann es nicht beurteilen, der Umstrukturierer kann es wohl, sonst würde er es nicht behaupten. Es ist schon bezeichnend, dass sich die OZ als Medium hergibt, über das dieser piefige Streit geführt wird. Ist dann das Medium auch piefig?
Wenn jemand seinen Austritt erklärt, wurde er dann weggeputscht? Dass die Geschichte kein Fall für den Presserat war, war zu erkennen. (Einseitig und spekulativ zu berichten, verstößt nicht gegen den Pressekodex. Wäre das ein Verstoß, würde der Presserat mit Beschwerden bildlich überschwemmt werden.) Doch einem Beschwerdeführer einen Feldzug zu unterstellen, ist mies.

In dem Zusammenhang sei daran erinnert, dass derselbe Lokalchef kein Wort darüber im Blatt verlor, als der Presserat seinen Artikel über einen Mörder ohne Mord und mit Unermordeter missbilligte, was dann ja wohl eine geglückter Feldzug gegen die OZ war, jedenfalls nach Ansicht des Umstrukturierers.
Es ist nur recht und billig, sich beim Presserat zu beschweren, auf jeden Fall, wenn schlichteste Standards verletzt werden. (Ich mache es nicht mehr, weil Verstöße gegen den Pressekodex nicht sanktioniert werden, also nur Arbeit machen und keinen Effekt zeigen.)
Mit dem Feldzug im Artikel belegt der Umstrukturierer lediglich, dass er nicht kritikfähig ist.

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