12. Januar 2011

Über Ausstecherei

Eine Redakterin erfand einen besonders werbeträchtigen, dafür missverständliche Schlagzeile:
Servicecenter der DAK sticht alle aus
Wer ist alle? Steht bestimmt im ersten Satz, denn die Schlagzeile wäre laut Presseratsdeutsch nur eine journalistisch verkürzte Verknappung:
Das Servicecenter der DAK im Schuhhagen ist deutschlandweit das Beste seiner Art. 
Ach, steht doch nicht drin. Dann ist wohl gemeint, dass das Servicecenter Büro, das beste aller Krankenkassenbüros ist?
Das ergab eine Umfrage unter den Mitgliedern der Krankenkasse. 
Aha, wohl doch nicht das beste aller Büros, sondern nur einer Krankenkasse.
Besonders gelobt wurden Kompetenz, Schnelligkeit und Freundlichkeit. 
Klar, was sollte sonst besonders wichtig sein?
Die Greifswalder Gesundheitsexperten(?) stechen damit 800 andere Servicecenter in der ganzen Bundesrepublik aus. 
Jetzt ist es endlich klar, es geht um die Büros, die die DAK in D. unterhält. Der Satz hätte an den Anfang gehört, wobei das Ausstechen Straßendeutsch ist:
ausknocken, ausmanövrieren, ausschalten, beiseite drängen/schieben/stoßen, den Rang ablaufen, hinter sich lassen, in den Hintergrund drängen/spielen, in den Schatten stellen, matt setzen, schlagen, triumphieren, übertreffen, übertrumpfen, verdrängen; (ugs.): ausbooten, ausbremsen, einstecken, in die Tasche stecken; (salopp): abhängen; (landsch.): ausbeißen.
© Duden - Das Synonymwörterbuch, 3. Aufl. Mannheim 2004
Außerdem geht es wohl nicht darum, dass Büros derselben Krankenkasse dazu da sind, sich gegenseitig zu übertrumpfen.

Total wichtig, besonders für Leser, die in anderen Krankenkassen Mitglied sind:
DAK-Vorstand Claus Moldenhauer aus Hamburg reiste persönlich an den Ryck, um den Kundenberatern zu gratulieren. ...
Und dann noch:
"Wir sind sehr stolz auf diese Auszeichnung unserer Mitglieder“, freute sich die Leiterin des Zentrums ...
Wer hätte das gedacht?

Mir scheint, die Greifswalder und die Usedomer Redaktion stechen z.Zt. einander darin aus, die platteste PR-Meldung an die Leser zu verkaufen.

1 Kommentar:

  1. Edward12.1.11

    Ja, diese "Umgestaltung" nach BILD-Vorbild mit Straßendeutsch und Ungenauigkeit wird die Redakteure noch oft lächerlich machen.
    Und wenn sie weiterhin nur PM und Statements übernehmen, ohne nachzufragen wie es sich für Journalisten gehört, kommen eben solche Plattheiten raus.
    Aber da ist die OZ nicht allein. Auf dem Deutschen Journalistentag Ende November in Berlin hat ein Chefredakteur einer Rheinischen Lokalzeitung gestanden, dass 90 Prozent(!) der Artikel seiner Zeitung nicht redaktionell recherchiert sind. "Einfach keine Zeit", meinte er. Auch in diesem Fall musste wohl noch schnell, schnell eine Lücke geschlossen werden.

    Und noch eine spaßige Ergänzung. "das Beste" wird in diesem Fall klein geschrieben (nämlich das beste DAK-Servicecenter ist gemeint). "seiner Art" ist dermaßen unsinnig, dass ich laut lachen musste. Aber das Büro als "das Beste" (großgeschrieben) allein stehen zu lassen, erschien Conny wohl zu vermessen. :-)

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Google