23. Juni 2010

Regionalwerbung: Vertuschen und hochspielen zugleich

... und die Greifswalder Zeitung macht natürlich mit:
Die Sonne ist Vorpommerns Werbeträger
Ohgott, wenn das alles ist, wenn sich sonst nichts als Werbeträger eignet?!
Meine Vorschläge:
Wie wäre es mit täglichem Stau, trübem Wasser in der Pommerschen Bucht, drangvoller Enge am Strand und in Lebensmittelläden, dem Gestank alten Frittenfettes in der Nähe der Fressbuden?
Die Sonne wolle man (die Wirtschaftsfördergesellschaft (WFG)) nutzen, um die Außenwirkung Vorpommerns zu verbessern. Und die müsse dringend aufpoliert werden, glaubt Kammann: Denn positive Elemente würden durch negative Klischees (hohe Abwanderung, hohe Arbeitslosigkeit) überlagert.
Hallo, negative Klischees? Es sind keine Klischees (eingefahrene Vorstellung; (geh.): überkommene Vorstellung; (meist abwertend): Schablone), es ist die Wahrheit, unverbrämt, nicht vertuscht, nicht schöngeschrieben. OVP zeichnet sich seit fast zwei Jahrzehnten durch eine der höchsten Arbeitslosenraten deutschlandweit aus. Die Abwanderung ist in 20 Jahren nicht einmal eingedämmt, geschweige denn gestoppt worden. Für wie bescheuert hält der WFG-Mann die Urlauber und der Redakteur die Leser?
Mit dem Slogan „Vorpommern. Deutschlands Sonnendeck“ will die WFG fortan Sympathien bei potentiellen Investoren, Fachkräften, Studenten, aber auch möglichen Zuzüglern wecken. Neben klassischer Öffentlichkeitsarbeit setze man dabei auf die Produktion bewegter Bilder für Internet und Fernsehen sowie „emotionale Mailings“, erklärte Kammann.
Wen interessiert das?
Was der Werbeonkel als das Wecken von Sympathien (mehrere?) bezeichnet, ist Leute verscheißern. Es erinnert mich an die OZ-Propaganda über ein Gutachten - das ebenfalls empfahl, den Urlaubern die Wirklichkeit zu verschweigen, die Urlauber für dumm zu verkaufen - die eine Giftschleuder am Bodden geboten hätte, ein Gutachten, das die Auftraggeber den Gutachtern hätten um die Ohren hauen müssen.
Der Zufall wollte es, dass der Ankündigung der neuen WFG-Werbekampagne eine Veröffentlichung neuer Wetter-Erhebungen in spiegel-Online vorausging. Demnach erreicht die Ostseeküste bundesweite Spitzenwerte beim Sonnenschein. 
Ist das nicht schon lange so? Stand das nicht auch auf Spiegel online. Steht dort nicht:

Ältere Daten zeigen zudem, dass die Ostseeküste von Kiel bis zur polnischen Grenze landesweit zu den sonnenreichsten gehört; in der Region Greifswald/Usedom scheint demnach noch etwas häufiger die Sonne als in Rostock. ...

Doch auch im Sommer wirkt der Wolkenloseffekt: Aus dem kühlen Meer verdunstet wenig Wasser. Deshalb bilden sich weniger Wolken als anderswo. Stattdessen herrscht Sonnenschein. Rostock gehört nicht nur zu den sonnenreichsten, sondern auch zu den niederschlagsärmsten Orten der 18 Orte im SPIEGEL-ONLINE-Vergleich.
Aha, und das ist also neu. Langweilen Touristiker von der Insel Usedom nicht schon seit Jahren potentielle Urlauber und alle, die es nicht mehr hören können, mit dem - übrigens sehr schiefen - Begriff  Sonneninsel?
Glaubte ich dem verkündeten Neuigkeitswert, käme ich zu dem Schluss:
Das kühle Meer gab es früher nicht, also auch nicht weniger Verdunstung usw.
Nun quält die OZ alle Naselang die Leser (außer den Bunkerbewohnern) mit belanglosen Wetterartikeln, mitunter seitenweise. Doch Hintergrund liefert Spiegel online. Wer behauptet immer noch, hier zu Hause zu sein? Spiegel online?

Was hier abgeliefert wurde, ist Vervielfältigung einer verdummenden Werbebotschaft und Bratwurstjournalismus, oder im OZ-Jargon kritischer Hochwertjournalismus.

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