12. April 2010

Schnell, bevor mir die Galle überkocht

Ich wollte zu diesem Thema nichts schreiben, weil ich befürchten muss, dass mir bildlich sofort die Galle überkocht:
Bewegender Abschied von den im afghanischen Kundus gefallenen Soldaten: Eine Woche nach dem blutigen Karfreitag haben gestern Hunderte Soldaten, Regierungsvertreter und Angehörige den drei Fallschirmjägern die letzte Ehre erwiesen.
„Ich verneige mich vor Ihnen. Deutschland verneigt sich vor Ihnen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Trauerfeier im niedersächsischen Selsingen. ...
Jetzt ahnen Sie, wo sich OZ-Redakteure die Kammschererei abgelauscht haben.

Und:
... Der Verteidigungsminister richtet sich auch direkt an die Eltern und Ehepartner der Getöteten: „Liebe Angehörige, mit Ihnen trauern wir, trauert ein Land, nicht verschämt, sondern offen.“ Ausgerechnet den Karfreitag hätten zynisch diejenigen für ihren Angriff ausgewählt, „denen ein Menschenleben rein gar nichts zählt“. ...
Und im Kommentar:
... Deutschland aber ringt mit seinem nationalsozialistischen Erbe und der darin wurzelnden Unfähigkeit oder mindestens Unsicherheit, angemessen zu trauern. ...
Ich ringe da nicht mit, keine Sekunde, obwohl ich Deutscher bin. Einen passrechten, wenn auch sehr langen Beitrag dazu finden Sie hier:

Mit Ihnen trauert ein ganzes Land!, hat er vorgestern die Hinterbliebenen getröstet. Natürlich wollte er aufrichten, Seelenbalsam in finsterer Stunde auftragen - aber auch sich und seine Klientel reinwaschen, ganz nebenbei erklärt haben, dass jene Soldaten im Auftrag eines ganzen Landes, nicht nur einer Minderheit, gefallen sind. Ein ganzes Land! Wie kommt dieser selbstdarstellerische Zirkel eigentlich dazu, für ein ganzes Land sprechen zu wollen? Ich weiß nicht, wie andere das wahrnehmen, aber ich, in diesem Lande lebend, trauere nicht; ich will damit nichts zu tun haben. Man spreche nicht an meiner Statt! Das verbitte ich mir!

Und der Kommentator in der OZ?:
Der scheidende Wehrbeauftragte Reinhold Robbe streitet seit Jahren für eine stärkere Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft. Kirchen seien gefordert, Gewerkschaften, Medien, die Kultur. ...
In den OZ-Redaktionen muss dafür nicht gestritten werden. Sie sind bereits bildlich durchflutet von Regierungsergebenheit und damit der Bundeswehr zu Diensten, einer Ergebenheit, mit der sie verkleistern, dass eine absolute Mehrheit der Deutschen die Beteiligung deutscher Soldaten am Krieg in Afghanistan ablehnt. Diese absolute Mehrheit der Deutschen wurde von den beiden Oberbonzen während der Trauerfeier auf volksverblödende Weise mit den Kriegsbefürwortern (Wer kennt einen, abgesehen von den Oberbonzen?) über einen Kamm geschoren, wurden allesamt zu Kriegsbefürwortern umgedichtet. Und die OZ? Gibt dieses verlogene Gequatsche wieder, kein Wort der Kritik. Solch ein Ereignis zu missbrauchen, die Leute auf Patriotismus zu trimmen, ist widerlich. Mehr Ergebenheit, mehr Verankerung kann sich die Berliner Bonzenclique von der OZ nicht mehr wünschen. Wieder ein Signal dafür, dass das Blatt auf ein Niveau von vor 1990 zurückgefallen ist.
Jetzt ist doch noch die Galle übergekocht.

Nur zur Erläuterung:

Mir tun die Hinterbliebenen der Soldaten Leid, auch weil einige vielleicht vergeblich abgeraten hatten, dass die Männer Berufssoldaten werden. Auch jene tun mir Leid, die den Männern zugeraten hatten, Soldaten zu werden (Lieber Soldat als arbeitslos), auch weil sie sich nun Vorwürfe machen, solch einen tödlichen Rat gegeben zu haben.
Und mir tun alle jene Leid, die die Toten gut kannten, mochten oder liebten.

1 Kommentar:

  1. Anonym12.4.10

    Am Eintrag: Merkel in der Fundgrube habe ich mich dazu schon abreagiert. Ich habe es durch Zufall im Fernsehen verfolgt.
    Bei dieser schamlosen Heuchelei dieser beiden Gestalten war ich nur noch traurig und wütend zugleich, auch weil fast unsere gesamte Gesellschaft zu gleichgültig geworden ist.

    Ich wünsche bestimmt niemandem etwas Schlechtes, aber manchmal kommen mir Bilder, die ich doch lieber hinterm Berg und Busch halten und hier nicht weiter drüber rummerkeln will.

    Warum konnten denn in diesem, wie auch immer abgestürten Flugzeug, nicht mal wahre Verbrecher sitzen?!

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