29. März 2010

"Wozu noch Journalismus?"

In einer Serie der SZ hat Sonia Mikich, deren Arbeit ich sehr schätze zum Thema "Wozu noch Journalismus?" umfänglich geschrieben, für Medieninteressierte sehr lesenswert, für Seitenverfüller uninteressant.
Einige Auszüge:

... Ob Print, Radio, Fernsehen oder Online: Viele Nutzer bekritteln - nicht grundlos - den Mangel an Tiefgang, an Persönlichkeiten, an Meinungsfreude. Sie erleben intellektuelles Versagen beim Deuten großer Zusammenhänge und geringe Lust am Einmischen. Und merken an, dass Feuerwehrleute, Lehrer, Briefträger oder Ärzte höhere Vertrauenswerte vorweisen können als "die" Journalisten. ...

Während Journalisten an ihrem Selbstverständnis herumrätselten, blühte die organisierte Meinungsmache, die Wachstumsbranche bevölkert von Consultants, Werbegurus und Spin-Doktoren. Sie verschafften Produkten, Ideologien, Politikern Aufmerksamkeit. Ob es um die Vorsorge-Impfung gegen Schweinegrippe, um das neue Image eines Wahlkämpfers, um das Propagieren der privaten Altersvorsorge ging. (Und ich lernte mich fremdzuschämen für vieles, was als Journalismus durchging, auch für die Fälle von Themenplacement im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.) ...

Wozu noch … Journalisten? Weil wir das Falsche, das Ungerechte korrigieren können. Weil wir – auf allen Verbreitungswegen - Macht ausleuchten, Machtmissbrauch benennen. Klingt nach Glanz und Gloria und Heldentum, und ist meist graue Kleinarbeit. Schwarzbrot eben. Investigative Journalisten, aber nicht nur sie, verkörpern eine ziemlich masochistische Treue zur Demokratie. Denn Interessenpolitik, Fehlleistungen und Korruption werden ja nie freiwillig zugegeben, sondern meist von journalistischen Überzeugungstätern mühselig ausgebuddelt, gegenrecherchiert, dokumentiert, mit Energie veröffentlicht und allzu oft vom nächsten Event oder Skandal beiseitegedrängt. ...

Sie macht mich kirre, die Zersplitterung der Diskurse. Ein kritischer Journalismus, das wäre meine Hoffnung, würde die verzettelten Argumente der Zivilgesellschaft bündeln und zu einem klaren Kammerton machen: dass wir in die Gänge kommen wollen, dass wir Fortschritt nach wie vor für möglich halten. Dass wir die richtigen Fragen finden, wenn es schon so schwer ist mit den Antworten. Wir sind keine Fruchtfliegen. Journalismus besorgt und systematisiert den Stoff, aus dem die Geschichtsschreibung sein wird. ...

Und jetzt ein wenig OZ lesen?

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